10. Friedensjahre
1785 1803
Der Baseler Friede bedeutete schon an und fuͤr sich einen Bruch mit
der bisher von dem Landgrafen befolgten Politik, und noch mehr galt das
fuͤr die geheimen Artikel, wie gewoͤhnlich die wichtigsten des ganzen
Friedensinstrumentes. Darin versprach die Republik dem Landgrafen
ihre Unterstuͤtzung bei den zukuͤnftigen Entschaͤdigungen. Durch diese
Aussicht auf Landerwerb und auf die spaͤter dann noch verheißene Unter⸗
stuͤtzung seiner Wuͤnsche auf die Kurwuͤrde ließ Wilhelm sich verblenden
und folgte den Bahnen Preußens, an dessen Politik er von nun an
zu seinem und des Reiches Ungluͤck gefesselt blieb.
Im Hessenlande aber atmete man auf und dankte dem Fuͤrsten fuͤr
den lange entbehrten Frieden, den wenigstens der groͤßte Teil des Landes
genießen konnte. Die außerhalb der Demarkationslinie liegende Graf—
schaft Katzenellenbogen und das Hanauische hatten in den naͤchsten Jahren
noch immer viel von Durchzuͤgen und Brandschatzungen zu leiden, wo⸗
gegen alle Beschwerden und die gezogenen militaͤrischen Kordons wenig
nuͤtzten. Auch dem Landgrafen war eine schwere Last vom Herzen ge⸗
nommen, und Waitz, der im Dezember aus Basel zuruͤckkehrte, konnte
sich eines sehr gnaͤdigen Empfanges ruͤhmen. Nach Buͤrgells Tod
(12. Juni 1796) wurde er dessen Nachfolger und war seitdem die rechte
Hand Wilhelms in der Leitung der auswaͤrtigen Politik.
Ganz wohl war dem Landgrafen auf die Dauer doch nicht bei dem
dadurch bedingten Pakt mit der Revolution, der sich fruͤher oder spaͤter
raͤchen mußte. Als er bald darauf gezwungen war, den Gesandten
der franzoͤsischen Republik an seinem Hofe zu empfangen, da kostete ihn
dies und der Verkehr mit ihm (de devoir vivre avec ces Régicides
que je détestois depuis si longtemps) eine starke Überwindung.
Am 22. Maͤrz 1796 hatte der neue Geschaͤftstraͤger Rivals seine
erste Audienz, die, „um ihm nicht die sonst uͤblichen Complimente zu er⸗
weisen“ in der Bellevue und nicht im landgraͤflichen Schlosse stattfand.
Der Citoyen Rivals (vorher in Stockholm) war aber ein sehr geschickter
und wohlerzogener Diplomat, der den Landgrafen so gut zu behandeln