Hessens Beitritt zum Frieden
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war des Krieges muͤde, und die Aussicht auf den Frieden hatte etwas
Bestechendes, zumal die Kriegsruͤstung seit vier Jahren schwer auf dem
Lande lastete. Er haͤtte sich ja fuͤr vergewaltigt erklaͤren koͤnnen, das
aber verbot ihm sein Ehrgeiz. Er wollte als selbstaͤndige kriegfuͤhrende
Macht anerkannt werden, um moͤglichst noch politische Vorteile aus dem
Frieden zu schlagen. Durch eine starke Beteiligung an der preußischen
Kriegsanleihe und durch das Geschenk von vier Paar auserlesenen Beber—
becker Pferden an Lucchesini exreichte Wilhelm denn auch, daß Preußen
ihm den Weg nach Basel ebnete, wohin Waitz Ende April als hessischer
Unterhaͤndler abreiste. Der erste Erfolg der Verhandlungen bestand darin,
daß die kriegsgefangene Besatzung von Ypern (S. 208) im Juni nach
Hessen zuruͤckkehren konnte, wo die Regimenter ganz neu formiert wurden;
„car les mauvais exemples des Français eussent pu les séduire“.
Die Verhandlungen zogen sich dann noch laͤnger hin, weniger infolge
der Gegenvorstellungen der kaiserlichen und britischen Gesandten in Cassel,
als infolge der Unruhen in Paris, wo „das Regiment von Maͤßigung
und Milde“ (wie Preußen auf dem Reichstag von Regensburg jetzt die
Republik komplimentierte) erst die nach Brot schreienden Insurgenten
blutig niederkaͤmpfen mußte. Die Vorstellungen des franzoͤsischen Unter⸗
haͤndlers Barthelemy, daß der Landgraf naͤchst dem Koͤnig von
Preußen der angesehenste Fuͤrst des noͤrdlichen Deutschlands, und der Ab⸗
schluß des Friedens mit ihm sehr wuͤnschenswert sei, besiegten den in
Paris sich noch zeigenden Widerstand. Anfang September konnte
der Kapitaͤn v. Schlotheim dem Landgrafen das am „11. Fructidor des
3. Jahres der fraͤnkischen Republik“ (28. August) zwischen Waitz und
Barthelemy abgeschlossene Friedensinstrument uͤberbringen, das am 5. Sep⸗
tember ratifiziert wurde.) Die hauptsaͤchlichsten Bestimmungen waren,
daß der Landgraf auf Erneuerung des englischen Subsidientraktats ver
zichtete und darin einwilligte, daß Frankreich bis zum allgemeinen Frieden
im Besitze des linksrheinischen Teils der Grafschaft Katzenellnbogen blieb.
Die hessischen Truppen, die zuletzt an der Ems im Muͤnsterlande und
im Bentheimischen gestanden hatten, konnten nun Ende des Jahres 1795
endlich in die Heimat zuruͤckkehren, wo sie einen besseren Empfang ver—
dient hatten, als ihnen nach drei Jahren anstrengenden Feldzugs sang⸗
und klanglos zu Teil wurde.
1) Die auf die preußische Vermittelung bezugnehmenden Eingangsworte wurden
bezeichnenderweise bei der Veroͤffentlichung in der „Hessischen Zeitung“ Nr. 153 unter⸗
drückt.