Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

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Friede von Basel 1795 
Er hatte gefuͤhlt, daß der 74jaͤhrige Resius nicht mehr der rechte Mann 
am Platze war, hatte ihn dennoch in seiner Stellung gelassen und 
auch nicht gemerkt, wie schlecht es um die Verteidigungsmittel der an⸗ 
geblich fuͤr vier Monate ausgeruͤsteten Festung stand. Rheinfels haͤtte 
doch nicht lange gehalten werden koͤnnen, wie denn auch das viel staͤrkere 
Maastricht am 4. November fiel, und vier Wochen spaͤter die Preußen 
die Zahlbacher Schanzen von Mainz raͤumen mußten. Die Hauptschuld 
an dem Falle von Rheinfels trug die preußische Kriegfuͤhrung. Es waͤre 
Moellendorff ein leichtes gewesen, noch nach seinem Übergang bei Caub 
der Rheinfelser Besatzung Hilfe zu schicken, lange ehe der Landgraf von 
Cassel herbeieilen konnte. Aber das unterblieb; denn die Preußen suchten 
damals wohl Winterquartiere in Hessen, hatten aber kein Interesse mehr 
fuͤr das linke Rheinufer. Stachelte doch um diese Zeit ein Generalstabs⸗ 
offizier Moellendorffs!) in einer (unter der Maske des Abbé Sieyès 
erschienenen) Flugschrift die Franzosen direkt zur Besitznahme des links⸗ 
rheinischen Deutschlands an und offenbarte damit und mit dem Wunsche 
eines franzoͤsisch-preußischen Buͤndnisses die innersten Geheimnisse der 
selbstsuͤchtigen preußischen Politik, die laͤngst mit den Jakobinern unter⸗ 
handelte, um den laͤstigen Krieg im Westen los zu werden und dafuͤr 
freie Hand im Osten zu gewinnen. Die heimlichen Verhandlungen fuͤhrten 
allmaͤhlich zu oͤffentlichen Besprechungen, von deren Inhalt der Landgraf 
zuerst genaueres bei seinem Besuch in Berlin zu Anfang Maͤrz 1795 
erfuhr, waͤhrend zu gleicher Zeit die preußischen Truppen auf dem Ruͤck⸗ 
marsch nach dem Osten durch Cassel kamen. Kurz darauf, am 5. April 
1795, schloß Preußen den Separatfrieden mit der fraͤnkischen Republik 
zu Basel. 
Was half es, daß diese „perfide Preisgebung Deutschlands“ als 
„einfaͤltige und schurkische Politik“?) von der ganzen oͤffentlichen Meinung 
aufs Schaͤrfste gebrandmarkt wurde — Deutschland war seitdem ge— 
spalten und zerrissen, die Mainlinie zum erstenmale proklamiert. Alle 
innerhalb der in dem Friedensvertrag festgelegten Demarkationsgrenze 
gelegenen deutschen Reichsstaͤnde wurden dadurch voͤllig lahm gelegt und 
vom uͤbrigen Reiche isoliert. Auch sie waren gezwungen, sich an dem 
preußischen Verrate zu beteiligen. Wilhelm LX. widerstrebte es nach 
seiner ganzen Sinnesart, mit den Franzosen zu paktieren, aber auch er 
1) Der spaͤtere General C. Fr. v. d. Knesebeck. Vergl. Eisner, Das Ende des Reichs 
1907) G. 111. 
—AD 
wuͤnschung und Verachtung aller Jahrhunderte“
	        
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