Die hessische Volksbewaffnung 1794
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Dinge und sah nicht mit Unrecht in der preußischen Schwenkung die
„Quelle all unseres kuͤnftigen Ungluͤcks“. Der mißgluͤckte Feldzug
Wurmsers am Oberrhein, der Ruͤckzug der Kaiserlichen, die Untaͤtigkeit
der Preußen und die immer sichtbarer zu Tage tretende Gegnerschaft
des Berliner Hofes gegen den Wiener, verbunden mit den Geruͤchten
uͤber preußisch⸗franzoͤsische Verhandlungen, waren auch wohl dazu angetan,
Besorgnis zu erregen. Custine war zwar inzwischen auf dem Blut—
geruͤste gefallen, aber seine Nachfolger Jourdan und Moreau waren
noch gefaͤhrlichere Gegner und bessere Feldherren als der bramar⸗
basierende Metzer.
Seit dem Ausmarsch der drei niederlaͤndischen Divisionen war Hessen
von regulaͤren Truppen stark entbloͤßt. Nur gegen 5000 Mann standen
dem Landgrafen noch zur Verfuͤgung, die in Cassel, Hanau und der
Niedergrafschaft Katzenellnbogen verteilt lagen. Um ihre Zahl zu ver⸗
staͤrken, griff Wilhelm, nachdem bereits der Kaiser durch die allgemeine
Volksbewaffnung in Vorderoͤsterreich mit gutem Beispiel vorangegangen
war, auf die in Vergessenheit geratenen Plaͤne seines Ahnherrn, des
Landgrafen Moritz zuruͤck, um der franzoͤsischen levee en masse ein
aͤhnliches Volksaufgebot entgegen zu stellen. Den Anfang bildete die
am 4. Januar 1794 befohlene Wiedererrichtung der staͤdtischen Schuͤtzen⸗
kompagnien, der am 14. Januar der Aufruf zur Wiederherstellung des
alten Landausschusses folgte. Alle wehrhaften Maͤnner in den Staͤdten
sowohl als auf dem platten Lande sollten danach sich zur Verteidigung
des Vaterlandes bereit halten und sich „gewaffnet an Ort und Stelle
einfinden und zum Dienste des Vaterlandes unverdrossen und mit aller
der Standhaftigkeit und Tapferkeit gebrauchen lassen, wodurch sich ihre
Vorfahren ausgezeichnet und schon im Voraus den Ruhm auf ihre jetzt
lebenden Kinder gebracht haben“. Der Landausschuß war in neun Regi⸗
menter oder 27 Bataillone gegliedert, wozu noch sechs Bataillone Berg⸗,
Huͤtten⸗ und Salinenarbeiter und 13 staͤdtische Schuͤtzenbataillone kamen,
die insgesamt etwa 30000 streitbare Maͤnner umfassen sollten. Das
war ein gewaltiges Aufgebot, es stand aber zunaͤchst nur auf dem
Papier, und bei dem Mangel an Waffen, Munition und Ausruͤstungs⸗
gegenstaͤnden konnten die Leute nicht so schnell, als dem Landgrafen
lieb war, wehrfaͤhig gemacht werden. Auch litt die ganze Einrichtung,
bei der der Landgraf seinen Organisationseifer bewaͤhrte, auf der andern
Seite durch seine Vorliebe fuͤr den Paradedrill und Gamaschendienst,
der grade hier am wenigsten angebracht war, wie es auch an Unlust
und Widerstand in einzelnen Aushebungsbezirken nicht fehlte.
Losch, Kurfüuüͤrst Wilbelm J.