Die Hessen in Flandern 1794 207
waren allerhand unsinnige Geruͤchte uͤber ihre Bestimmung verbreitet,
und man fuͤrchtete, daß es wieder uͤbers Meer in weit entlegene Laͤnder
gehen sollte. Einmal an ihrem Bestimmungsort angelangt, zeigten sie
aber den alten hessischen Soldatengeist und erwarben sich auf den blut⸗
getraͤnkten Feldern Flanderns neuen Ruhm zu den alten Lorbeeren.
Mit ungewoͤhnlichen Ehren wurden die Sieger von Frankfurt im Juli 1793
vor Valenciennes empfangen. Der Herzog von Vork, der zweite
Sohn Koͤnig Georgs II., ritt ihnen an der Spitze der Generalitaͤt selbst
entgegen und gab seiner Bewunderung uͤber ihre treffliche Haltung und
ihr kriegerisches Aussehen lauten Ausdruck. Nach dem Fall von Valen—
tiennes nahmen die Hessen an den Kaͤmpfen an der Yser bei Duͤnkirchen
hervorragenden Anteil, zeichneten sich bei Oostercappelle, Rexpoede und
Rosendael, bei Furnes und Hondschoote aus und ernteten namentlich
uͤberschwengliches Lob fuͤr die Verteidigung von Nieuport, das der Oberst
Carl v. Wurmb gegen Vandammes Angriffe und brutale Drohungen
erfolgreich hielt. Die exbaͤrmliche Fuͤhrung der Alliierten war aber der
neuen Kriegskunst der Revolutionsarmee nicht gewachsen, und es half
auch nichts, daß Kaiser Franz im naͤchsten Jahre sich selbst an die
Spitze der Heere stellte, um der Eifersucht der rivalisierenden Feldherrn
zu begegnen. Unter seinen Augen erstuͤrmten die hessischen Garde—
grenadiere am 26. April 1794 den Arouaiser Wald, drei Tage vor dem
gelungenen Ausbruch der Besatzung von Menin, wobei der hessische
Faͤhnrich Boedicker neben dem hannoͤverschen General v. Hammerstein der
Loͤwe des Tages war. Dann kam die ungluͤckliche Schlacht von Tourcoing
am 17. und 18. Mai, in der die Hessen als die letzten von allen das
Schlachtfeld verließen und dem Herzog von PYork das Leben retteten.
So gern auch der Landgraf das Lob seiner Hessen hoͤrte, so wenig zu—⸗
frieden war er mit ihrer Fuͤhrung. Er warf dem General v. Wurmb'),
der nach dem Tode v. Buttlars (F 29. September 1793 zu Bruͤgge) das
Kommando fuͤhrte, zu große Nachgiebigkeit gegen die Englaͤnder vor.
Diese hatten gegen den ausdruͤcklichen Wortlaut des Subsidientraktats die
hessischen Truppen oͤfters ohne ersichtlichen Grund auseinander gerissen und
mehrere Regimenter sogar (zu einer geplanten Expedition nach der Vendeè)
auf die Insel Wight gebracht, wo sie durch Krankheit große Verluste
Viehhandel, Metzger und Viehtreiber raͤsoniert“ und kaum zur Fahne schwoͤren wollen.
dffenbar waren sie von Frankfurt aus verhetzt, wo man jetzt laut uͤber den Soldaten⸗
handel des Landgrafen murrte. Zeitschrift fuͤr hess. Geschichte 47, 274.
1) Friedrich Wilhelm v. Wurmb,* 1732, zog sich nach seiner Verabschiedung auf
sein Gut Krimderode am Harz zuruͤck und starb dort 1806, im selben Jahre wie sein
Nachfolger Georg v. Dalwigke(1738, 7 1806 zu Homberg), der 1796 Gouverneur
bon Hanau wurde.