Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Gustav III ⁊ Franzoͤsische Kriegserklaͤrung 1792 191 
erhielt er die erschuͤtternde Nachricht von der Ermordung seines Schwagers 
Gustavs III, von Schweden, der am 29. Maͤrz auf einem Masken⸗ 
balle von einem seiner Offiziere erschossen wurde, fuͤr den hessischen 
Landgrafen ein „scheußliches Beispiel menschlicher Niedertracht.“ Um 
dieselbe Zeit (4. Maͤrz) starb Kaiser Leopold II. Sein Sohn und 
Nachfolger in den oͤsterreichischen Erblanden Franz erhielt wenige Wochen 
spaͤter die franzoͤsische Kriegserklaͤrung, mit der die Jakobiner dem ge—⸗ 
planten Kreuzzug zuvorkamen. Auf den Hilferuf von Kurtrier beschleu⸗ 
nigte der Landgraf jetzt seine militaͤrischen Ruͤstungen. Er fuͤhrte auch 
die Casseler Garnison und die hessische Kavallerie in die Grafschaft 
Katzenellenbogen und uͤbernahm am 14. Mai selber das Gouvernement 
von Rheinfels und die Ausbildung der in der Umgegend und bei Hanau 
versammelten Truppen. In Wilhelmsbad, wo er am 11. Juni ankam, 
wimmelte es von franzoͤsischen Adeligen, die sich hier von den ausge⸗ 
standenen Schrecken erholen und amuͤsieren durften. 
Wiederum ruͤsteten sich in Frankfurt unter dem Schutze hessischer 
Bajonette die deutschen Kurfuͤrsten zur Kaiserwahl. Von dekorativen 
militaͤrischen Schaustellungen wie vor zwei Jahren war aber diesmal keine 
Rede. Um so eifriger wurde der Landgraf umworben, der Koalition 
gegen das revolutionaͤre Frankreich beizutreten. Dazu war Wilhelm 
auch laͤngst entschlossen, im Gegensatz zu der schwankenden und zagenden 
Haltung der uͤbrigen Reichsfuͤrsten, die nicht vergessen wollten, daß die 
franzoͤsische Kriegserklaͤrung nur dem Koͤnige von Ungarn und Boͤhmen 
galt. Nur uͤber die Form seines Beitritts war er sich noch nicht im 
klaren, nachdem das Projekt eines Subsidienvertrages mit den in Cob⸗ 
lenz weilenden franzoͤsischen Prinzen trotz Waͤchters unablaͤssigen Draͤngens 
endguͤltig fallen gelassen war. Ende Juni erhielt der Landgraf durch 
den Herzog von Braunschweig')) die Nachricht von dem begonnenen 
Ausmarsch der preußischen Armee, zugleich mit der Bitte um eine per⸗ 
soͤnliche Aussprache. Er reiste sofort nach Cassel, wo bereits preußische 
Truppen durchpassierten, empfing dort den Herzog am 1. Juli, konnte 
sich aber nicht zur Annahme seiner Vertragsvorschlaͤge entschließen. Er 
zog es vor, mit dem Koͤnige selbst zu unterhandeln, fuhr zu diesem 
Zwecke am 11. Juli nach Vach und ließ sich dort von Friedrich 
) Karl Wilhelm Ferdinand,“ 1735, regierte seit 1780. Neffe Friedrichs 
des Großen und seit dem Siebenjaͤhrigen Kriege hervorragender preußischer Militaͤr⸗ 
fuͤbrer. Nach dem Mißerfolg in der Khampagne zog er sich 1794 zuruͤck und trat erst 
1806 wieder an die Spitze der preußischen Armee, bis er bei Auerstaͤdt toͤdlich ver— 
wundet wurde. * 10. Nov. 1806 zu Ottensen bei Hamburg.
	        
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