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Gustavs III. Plaͤne 1791
reich diejenige aller Souveraͤne und Regierungen geworden“ sei, wie es
in dem Schreiben der Grafen von Provence und Artois an den Land—
grafen hieß. Wilhelm ILX. war anfangs nicht abgeneigt, auf den
Kriegsruhm und Gewinn versprechenden Plan einzugehen, der durch
eine gleichzeitige Aktion des Koͤnigs Gustavs III. von Schweden noch
besonders unterstuͤtzt wurde. Dieser Schwager des Landgrafen (er war
mit Sophie von Daͤnemark, der aͤltesten Schwester der Landgraͤfin, ver⸗
heiratet, vgl. S. 95) hielt sich im Sommer 1791 in Aachen auf und
hatte den abenteuerlichen Entschluß eines Heereszugs nach Frankreich
gefaßt, um Ludwig XVI. und seine Gemahlin aus den Haͤnden der
Jakobiner zu befreien. Bei diesem Unternehmen sollten ihm 12000
Hessen helfen, um deren Überlassung er den Landgrafen bat, mit der Zu⸗
sicherung, die Garantie fuͤr einen hessisch⸗franzoͤsischen Subsidienvertrag
zu uͤbernehmen. Da jedoch der schwedische Unterhaͤndler Bark, der
dem Landgrafen einen Brief des Koͤnigs vom 17. Juli aus Aachen
uͤberbrachte, durchblicken ließ, daß Gustav das Kommando uͤber das
Operationskorps selbst beanspruchte, so lehnte Wilhelm ab, da er keine
unbedeutende Nebenrolle spielen wollte, und Gustav reiste nach Schweden
zuruͤck, ohne zu ahnen, daß er noch vor Ludwig XVI. als Opfer der
politischen Verhaͤltnisse fallen sollte. Die Verhandlungen mit den fran⸗
zoͤsischen Prinzen zogen sich noch bis in das naͤchste Jahr hin, ohne zu
einem Abschluß zu fuͤhren. Bei der finanziellen Lage Frankreichs kam
dem Landgrafen der Plan doch zu gewagt vor. Seitdem sterreich und
Preußen sich zu Pillnitz geeinigt hatten, erschien es ihm ratsamer, sich
der geplanten Operation der beiden Vormaͤchte anzuschließen, wozu diese
hn inzwischen mehrfach aufgefordert hatten.
So kam das Jahr 1792, das Wilhelm IX. in seinen Memoiren
als das denkwuͤrdigste seines Lebens bezeichnet, das Jahr, das ihn auf
der Hoͤhe seiner unermuͤdlichen organisatorischen Taͤtigkeit zur Abwehr
eines gefuͤrchteten franzoͤsischen Angriffs auf das Reichsgebiet zeigte, sodaß
man nachher Hessen das Bollwerk Deutschlands gegen die franzoͤsische
Revolution nennen durfte. Schon zu Jahresbeginn wurde auf die
Nachricht von Truppenansammlungen unter dem General Kellermann
an der kurtrierischen Grenze die Besatzung von Rheinfels verstaͤrkt und
die Niedergrafschaft Katzenellenbogen durch verschiedene Regimenter be⸗
setzt. Im Februar inspizierte Wilhelm persoͤnlich den vom Rheine
bis zur Lahn bei Marburg gezogenen Truppenkordon, besuchte Hanau
und Babenhausen, war in Darmstadt und dem von Emigranten erfuͤllten
Mainz und einige Tage auf dem Rheinfels. Nach Cassel zuruͤckgekehrt,