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ruhigen Geistes in der Pfalz und im Elsaß einen „Bund teutscher
Fuͤrsten zu Erhaltung teutscher Verfassung“ zu gruͤnden, an dessen Spitze
die beiden regierenden Fuͤrsten von Hessen stehen sollten. Wilhelm IX.
hielt diesen Plan, der u. a. einen Truppenkordon vom Rhein bis zum
Odenwald gegen das Einschleichen fremder Emissaͤre vorsah, fuͤr un⸗
zweckmaͤßig und verfruͤht, zumal er eben die Nachricht erhalten hatte,
daß Ludwig XVI. mit seiner Familie gluͤcklich in Bruͤssel angekommen
sei, womit die Hoffnung auf Wiederherstellung der fruͤheren Verhaͤltnisse
in Frankreich begruͤndet erschien. Diese Nachricht war aber falsch. Des
Koͤnigs Fluchtplan war mißgluͤckt, und seit dem Juni 1791 war Lud—⸗
wig XVI. der Gefangene seines Volkes, das ihm nur noch den Scheintitel
des Koͤnigs ließ, waͤhrend der Umsturz unaufhaltsam weiter ging.
In Scharen waren die Anhaͤnger des alten Regimes in Frankreich
mit den franzoͤsischen Prinzen uͤber die deutsche Grenze geflohen und
sammelten sich im Westen des Reiches, um von hier aus die Rettung
des Koͤnigtums und ihrer Privilegien zu betreiben. Das arrogante
Auftreten dieser Edelsten der franzoͤsischen Nation war nicht dazu an—
getan, die an sich schon recht schwachen Sympathien der mit ihnen in
Beruͤhrung kommenden deutschen Bevoͤlkerung fuͤr das alte Regime zu
staͤrken; viel eher war das Gegenteil zu befuͤrchten. Darum lehnte Wil⸗
helm IX. im November 1791 das an ihn durch Marquis de Marsan
gestellte Ansinnen ab, einigen hundert adeligen Emigranten den Aufent⸗
halt in Hanau zu gestatten und ihnen die dortigen Kasernen und das
Reithaus zur Ausbildung fuͤr ein franzoͤsisches Gendarmenregiment zu
uͤberlassen. Kurz darauf verlangten die Bruͤder Ludwigs XVI.
sogar die Aufnahme von 12000 Franzosen, „bestehend aus einer zahl⸗
reichen Noblesse, Offizieren aller Grade, Gardes⸗du⸗Corps des Koͤnigs,
Buͤrgern, Unteroffizieren und Soldaten“, in Hessen und sandten zu diesem
Zwecke den Marquis de Bouillé nach Cassel. Aber obwohl dessen
Bitten von Seiten des Koͤnigs von Preußen unterstuͤtzt wurden, ging
der Landgraf nicht darauf ein und erneuerte seine schon fruͤher ergangene
Verordnung, daß keinem Franzosen ohne besondere hoͤchste Erlaubnis
der Aufenthalt in Hessen verstattet werden solle. Die Emigranten setzten
trotzdem große Hoffnungen auf die hessische Hilfe bei der von ihnen
geplanten Gegenrevolution. Schon im Juni desselben Jahres hatten
sich die franzoͤsischen Prinzen durch Vermittelung des daͤnischen Gesandten
b. Waͤchter (S. 139) an Wilhelm LX. mit der Bitte gewandt, ihnen
ein Hilfskorps von 12000 Mann gegen eine hohe Subsidie von zwei
bis drei Millionen zu uͤberlassen, da „die Sache des Koͤnigs von Frank⸗