Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Maßregeln gegen revolutionaͤre Propaganda 185 
nichts zu entdecken. Der Landgraf aber war fest davon uͤberzeugt, daß 
nur seine fermeté ihn vor einem Putschversuch bewahrt habe, sah sich 
dann aber doch genoͤtigt, die in auswaͤrtigen Blaͤttern erscheinenden Über— 
treibungen und Erdichtungen)) uͤber die unruhigen Bewegungen in Hessen 
im „Journal von und fuͤr Deutschland“ richtig stellen zu lassen. Dem 
ungluͤcklichen Klinckerfues wurde der Prozeß gemacht, und obwohl 
die Untersuchung mehr Beweise fuͤr seine „Narrheit“ als eine geplante 
Revolte ergaben, wurde er doch in Spangenberg interniert, wo er nach 
ein paar Jahren starb. 
Seitdem war Wilhelm aufs strengste bemuͤht, den revolutionaͤren 
Zeitgeist, von dessen gefaͤhrlichen Wirkungen immer schlimmere Nach— 
richten aus Frankreich kamen, von seinen Landen fern zu halten. Die 
Pfarrer erhielten am 17. September 1789 anlaͤßlich des großen Bet— 
tages die Weisung, „insofern etwa eine Unruhe bei den dortigen Unter⸗ 
thanen zu verspuͤren waͤre, solche in der Predigt in dem schuldigen Ge—⸗ 
horsam gegen die Obrigkeit zu befestigen“ und vor unruhigem und 
widerspenstigem Verhalten zu warnen. Der Fremdenverkehr wurde streng 
uͤberwacht. „Fremde, verdaͤchtige Personen“ durften weder von Gast⸗ 
wirten noch von Privatpersonen beherbergt werden. Nur Honoratiores 
hatten das Recht, fremde Passagiere, die nicht uͤber vierzehn Tage blieben, 
bei sich aufzunehmen, eine Erlaubnis, die spaͤter, als der Strom der 
franzoͤsischen Emigranten sich uͤber Westdeutschland ergoß, auch noch auf—⸗ 
gehoben wurde; denn der Landgraf wollte weder von den Sansculotten 
noch von den leichtlebigen, sittenlosen franzoͤsischen Adeligen etwas wissen. 
Die Handwerksburschen wurden uͤberwacht, jede Meuterei von ihnen 
sollte militaͤrisch mit der blanken Waffe unterdruͤckt werden. In Mar— 
burg wurde die Aufnahme und üuüͤberhaupt nur der Aufenthalt rele—⸗ 
gierter Studenten aus anderen Universitaͤten verboten, ebenso wie 
die Bildung von Ordensgesellschaften und anderen, die akademische Zucht 
untergrabenden Verbindungen. Die literarische Agitation fuͤr und wider 
die Revolution verfolgte der Landgraf selber mit großer Aufmerksam⸗ 
keit, sein Volk suchte er aber moͤglichst in Unkenntnis daruͤber zu er⸗ 
halten. Deshalb ließ er alle demokratischen Zeitungen, insbesondere 
die Straßburger Blaͤtter und den Pariser Moniteur (am 26. Jan. 1792), 
„wegen ihrer unzulaͤssigen und freventlichen Schreibart“ verbieten und 
ihre Verbreitung mit einer Geldstrafe von 100 Rthl. ahnden. Ja, 
1) Diese offenbar nur durch des Landgrafen Maßregeln hervorgerufenen Presse—⸗ 
nachrichten (u. a. in Schubarts Teutscher Chronik) spuken noch jetzt in einzelnen Dar⸗ 
stellungen, die ein ganz falsches Bild uͤber die damaligen Vorgaͤnge geben.
	        
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