Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

182 Wilhelms Hoffnung auf das brabantische Erbe 
anerkannte, unversaͤhrbare Anrecht des Hauses Hessen auf Brabant in zahl⸗ 
reichen gelehrten Deduktionen mehrfach nachzuweisen gesucht. Josephs II. 
vereitelter Plan, die Niederlande gegen Bayern auszutauschen, ließ die 
Hoffnung wieder einmal aufleben. Erst kuͤrzlich hatte deshalb der 
hessische Legationsrat Verdy du Vernois ein dickleibiges Meémoire 
sur les droits de la Séeréniss. Maison des Landgraves de Hesse 
sur le Duché de Brabant in die Haͤnde Wilhelms ILX. niedergelegt. 
Der war nun ganz Feuer und Flamme fuͤr Schlieffens Plan und schrieb 
umgehend zuruͤck: Déjà depuis l'instant, où le premier feu de la 
revolte a animèé les coeurs brabançons, j'ai senti que leur sang 
coulait dans mes veines. Der Gedanke berauschte ihn geradezu. 
Mon empressement de rentrer dans l'héritage de mes pères est 
inexprimable. Quelle gloire pour moi de profiter peutéêtre de 
la seule occasion qui jamais peutêtre se présenteral Er dachte 
sich, wie einst die Hessen Heinrich das Kind von Brabant als recht⸗ 
maͤßigen Erben ihres Landes annahmen, daß nun die Brabanter ihn, 
den Nachkommen jenes Kindes, als ihren Herzog anerkennen oder waͤhlen 
wuͤrden, nachdem sie den oͤsterreichischen Usurpator abgesetzt hatten. 
Vergaß dabei ganz, daß diese fanatischen Katholiken einen Nachkommen 
Philipps des Großmuͤtigen schwerlich als Herrscher dulden wuͤrden, wie 
denn auch der preußische Minister Hertzberg damals an Schlieffen 
schrieb: Je ne crois pas que les Belges veuillent jamais se choisir 
un prince souverain et surtout pas le Landgrave de Hesse-Cassel. 
Die Casseler Minister teilten nicht die Begeisterung ihres Herrn, und 
die zur Unterstuͤtzung angerufenen Hoͤfe von Berlin und London ver—⸗ 
hielten sich ebenfalls kuͤhl. Der Koͤnig von Preußen wollte zwar dem 
Landgrafen nicht jede Hoffnung nehmen, machte ihn aber doch auf die 
momentane Schwierigkeit ihrer Erfuͤllung aufmerksam. So kam es nur 
zu der Entsendung Schonfelds nach Belgien im Januar 1790, 
waͤhrend die beabsichtigte Teilnahme hessischer Truppen an der Aktion 
zegen die Üsterreicher unterblieb. Das ganze abenteuerliche Unter⸗ 
nehmen ging nicht besser aus wie das buͤckeburgische, nur daß diesmal, 
da des Landgrafen Praͤtensionen nicht oͤffentlich bekannt wurden, ihm die 
Blamage erspart blieb. Schoͤnfeld wurde allgemein nur als preußischer 
Sendling angesehen, der er ja in der Tat auch war. Nach kurzen An⸗ 
fangserfolgen mußte er sich vor den kaiserlichen Truppen zuruͤckziehen, 
und nachdem HRMsterreich und Preußen sich in der Reichenbacher Kon— 
vention geeinigt hatten und damit der sicherste Ruͤckhalt der belgischen 
Patrioten verloren war, liefen die Freischaren auseinander. Schoͤnfeld
	        
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