Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Ausgang des buͤckeburgischen Abenteuers 
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faͤlischen Kreises authorisirt sind, Deine Liebden auf Dero Kosten mit 
vereinter Macht in die Schranken eines gehorsamen Reichsstandes zuruͤck 
zufuͤhren.“ 
Trotzdem versuchte Wilhelm noch einmal sein Heil in Berlin, um 
den Koͤnig zur Unterstuͤtzung bei den Vergleichsverhandlungen zu gewinnen, 
aber der dorthin gesandte General v. Schlieffen konnte nichts aus— 
richten und kehrte am 13. April unverrichteter Sache mit einem ab⸗ 
lehnenden Schreiben Friedrich Wilhelms II. nach Cassel zuruͤck. 
Vielmehr erhielt der preußische General v. Gaudy zu Wesel den Befehl, 
10 000 Mann gegen Hessen mobil zu machen, die zusammen mit 4000 
Kurpfaͤlzern und Kurkoͤlnern manuforti den Landgrafen zur Restituirung 
der graͤflichen Herrschaft zwingen sollten. Unter diesen Umstaͤnden blieb 
diesem nichts uͤbrig, als das gewagte Spiel aufzugeben. Am 18. April 
wurden die Truppen des Generals v. Loßberg aus der Grafschaft 
zuruͤckgezogen, und die hessische Herrschaft, die nur 61 Tage gedauert 
hatte, fand damit ihr Ende. Die schnell von ihrem neuhessischen Patrio⸗ 
tismus kurierten Buͤckeburger aber feierten den Sieg des Rechts wieder 
in den Wirtshaͤusern und warfen den „Verraͤthern“ die Fenster ein. 
Wilhelm war sehr aͤrgerlich uͤber diesen Ausgang — die Aufregung 
verursachte nach seiner Ansicht den ersten heftigen Gichtanfall seines 
Lebens — schob, wie er leicht zu tun geneigt war, das Mißlingen auf 
das Ungeschick seiner Diplomaten, gab aber dann doch in der bezeichnender⸗ 
weise recht kurzen Darstellung des ganzen Handels in seinen Memoiren 
zu, daß er die ganze Sache nicht haͤtte unternehmen duͤrfen, ohne vorher 
den Rat seiner Minister einzuholen. Alle Bemuͤhungen, seine Anspruͤche 
nun auf prozessualem Wege durchzufuͤhren, waren nach allem Geschehenen 
und nachdem er am 4. Mai 1787 vom Reichshofrat wegen Landfriedens⸗ 
bruch zu 2000 M. loͤtigen Goldes verurteilt war, ohne weiteres aus⸗ 
sichtslos. Es folgte eine Reihe von Prozessen, die sich zum Teil bis 
zum Ende des Jahrhunderts fortschleppten, bis man sich schließlich 1797 
zu einem Vergleiche einigte, in dem der Landgraf das Erbfolgerecht des 
jungen Grafen Georg zur Lippe anerkannte und in seine Belehnung 
einwilligte. 
Obwohl von England und Preußen bei dem Buͤckeburger Abenteuer 
im Stiche gelassen, war Wilhelm IX. doch klug genug, an der tra⸗ 
ditionellen Freundschaft mit den Hoͤfen von London und Berlin festzu⸗ 
halten, die ihn nach seinem Regierungsantritt durch Verleihung ihrer 
hoͤchsten Orden des Hosenbandes und Schwarzen Adlers geehrt hatten. 
Der Schwarze Adlerorden sollte den Landgrafen fuͤr die preußischen
	        
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