Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

9. Wilhelms IX. auswaͤrtige Politik 
Revolutionskriege (1787 595) 
Werer Gluͤck als mit der Ausbeutung der Nenndorfer Schwefel⸗ 
quelle hatte Wilhelm IX. mit einer andern bei seinem ersten 
Besuch im Schaumburgischen gemachten Entdeckung, deren Verfolgung 
zu seinem ersten Debut in der auswaͤrtigen Politik und dabei zu einem 
argen Fiasko fuͤhrte. 
Am 16. September 1786 war er zu Pferde in Rinteln eingetroffen 
und machte von dort einen Abstecher nach Buͤckeburg, um dem dortigen 
Grafen, der ihn in Rinteln begruͤßt hatte, einen Gegenbesuch abzustatten. 
Graf Philipp Ernst aus dem alten Geschlechte der edlen Herren 
zur Lippe, die seit 1449 im hessischen Lehnsverband standen, war 
der Herr des kleinen Buͤckeburger Laͤndchens, das 1647 bei der Teilung 
der Grafschaft Schaumburg zwischen Hessen⸗Cassel und Lippe an sein 
Geschlecht gefallen war. Er regierte seit 1777, wo Buͤckeburg durch 
den Tod des Grafen Wilhelm, des einstmaligen Belagerers von Cassel 
im Siebenjaͤhrigen Kriege, und durch das Aussterben seiner Linie an den von 
Philipp Ernst vertretenen Zweig Lippe⸗Alverdissen fiel. Mit der Suk⸗ 
zessionsfaͤhigkeit dieses juͤngeren Zweiges haͤtte es aber einen Haken: 
denn der Vater Philipp Ernsts, Graf Friedrich Ernst, hatte 1722 
sich mit einer „seinem Stande ganz ungleichen Weibsperson“, dem Hof— 
fraͤulein seiner Mutter Philippine Elisabeth v. Friesenhausen 
vermaͤhlt und trotz des Verlangens seiner Eltern sich von dem „schlimmen 
Mensche nicht wieder separiert“, vielmehr ihre nachtraͤgliche Erhebung 
in den reichsgraͤflichen Stand erwirkt, womit er den Mangel ihrer Her— 
kunft vom niederen Adel zu reparieren glaubte. Diese Ansicht wurde 
aber von den hessischen Lehnsherren nicht geteilt. Schon Landgraf 
Carl, der Vormund Friedrich Ernsts, hatte die Verbindung seines 
Muͤndels als eine zweifellose, Mißheurath“ angesehen, und seine Nach⸗ 
folger hatten die Erbfolgefaäͤhigkeit der aus ihr entsprossenen Soͤhne 
mehrfach nachdruͤcklich bestritten. Ein deswegen angestrengter Prozeß 
war jedoch 1770 vom Reichshofrat zu Gunsten der Alverdisser ent— 
schieden, und wenn auch Hessen⸗Cassel auf seinem Standpunkt beharrte, 
so hatte doch der Sohn der Friesenhausen 1777 die Regiexrung in Buͤcke—
	        
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