Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

172 — Romantik auf Wilhelmshoͤhe 
und spaͤter sein selbstgewaͤhltes Grab werden sollte. Hier richtete er sich 
seine Bibliothek ein und umgab sich mit all den Dingen und Samm⸗ 
lungen, die ihm besonders lieb und wert waren. Schon vor der Er— 
bauung der „Felsenburg“, die dann „Wilhelmsburg“ und zuletzt Lowen⸗ 
burg hieß, hatte die Romantik auch sonst in dem Wilhelmshoͤher Park 
ihren Einzug gehalten. Kuͤnstliche Felsen, Wasserfaͤlle, Teiche und Bruͤcken 
gehoͤrten ja ebenfalls zu ihren Requisiten, ebenso wie Ruinen und moderne 
Truͤmmer, die nur nicht griechisch, sondern „gotisch“ sein mußten, wie 
der Rat Casparson, der Sekretaͤr der Gesellschaft der Altertuͤmer, am 
2. Dezember 1799 in einer Vorlesung zu Cassel mit gelehrtem Überschwang 
demonstrierte. „Was wuͤrde der Saͤnger Hermanns)) jetzt sagen“, heißt 
es darin, „wenn er von Wilhelms IX. Hoͤhe im Aquadukt ein Meister— 
stuͤck des alten Roms, in der Loͤwenburg das alte Deutschland saͤhe?“ 
Man haͤtte naͤmlich die Stilwidrigkeit nicht gescheut, in dem 1789 er— 
bauten Aquaͤdukt auch eine roͤmische Ruine in den Park zu verpflanzen, 
deren gaͤnzlich unmotivierter Abbruch allerdings einen der schoͤnsten Wasser⸗ 
faͤlle der ganzen Anlagen bildete. Dafuͤr war der Gedanke der Teufels⸗ 
bruͤcke (1791) uͤber einem andern Wasserfall „nach einer eigenen und 
wahren Schweizergegend entnommen“, wenn auch ihre Ausfuͤhrung mit 
der die wilde Reuß uͤberbruͤckenden Namensschwester kaum etwas gemein 
hatte. Die neuen Wasserkuͤnste wurden unter Jussows Leitung zumeist 
von dem aus Zweibruͤcken stammenden Brunnenmeister Carl Steinhofer 
(1747-1829) ausgefuͤhrt, einem originellen Praktikus, dessen populaͤrer 
Name in dem 1793 vollendeten Steinhoͤfer'schen Wasserfall oberhalb 
der Loͤwenburg fortlebt. Daß manche dieser Anlagen, die der Romantik 
der Gegend aufzuhelfen bestimmt waren (ein kuͤnstlicher Vulkan „zur 
Ruͤckerinnerung der fuͤrchterlichen und großen Natur⸗Revolution, wodurch 
der Karlsberg seine Entstehung hat“, blieb unausgefuͤhrt) im Grunde 
genommen nur eine andere Form der hinweggeraͤumten franzoͤsischen 
Spielereien der friderizianischen Zeit darstellten, ist oft betont worden, 
und schon damals fehlte es nicht an Stimmen, die die Stilmischung 
kritisierten und die nur auf Bestellung fuͤr kurze Zeit laufenden Wasser⸗ 
faͤlle bemaͤngelten. Trotzalledem konnte der Landgraf auf sein Werk 
stolz sein; denn alles in allem genommen stellte die von ihm geschaffene 
Wilhelmshoͤhe einen Fuͤrstensitz dar, wie ihn in Deutschland keiner seiner 
Standesgenossen sein Eigen nannte. Freilich, die Baukosten waren sehr 
erheblich. Sie betrugen nach einer von Jussow aufgestellten, streng ge⸗ 
1) Klopstock, der angesichts des Herkules einst geaͤußert hatte: „Welch einen großen, 
schoͤnen Gedanken hat der Landgraf da in unseres Gottes Schoͤpfung hineingewoͤrfen!“
	        
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