170 Neugestaltung des Parkes Schloßbau
schoͤnsten Eichen und Buchen niedergehauen, Symbole vergangener Jahr⸗
hunderte, von denen sie zuweilen mehr als fuͤnf gesehn hatten, ohne daß
man wußte, warum das geschah. Seit 1783 hatte ich das alles mit⸗
angesehn, ebenso wie die Anhaͤufung von falschen und schlechten Bild⸗
werken, und ich entschloß mich schon damals, einen vernuͤnftigen Plan
einer Neugestaltung zu entwerfen. Ich arbeitete beharrlich daran, und
die Zukunft wird zeigen, mit welchem Erfolge.“
Es war wohl weniger die Abstammung von der englischen Mutter,
als sein lebhafter Natursinn, der den Landgrafen zu einem unbedingten
Verehrer der neuen Gartenkunst machte, deren vornehmstes Beispiel in
Deutschland er 1788 zu Woͤrlitz mit großem Interesse und sachverstaͤn⸗
diger Kritik studierte. Mit der Umgestaltung des Parkes und mit der
Beseitigung der meisten theatralisch aufdringlichen Nebenanlagen und
Requisiten, worunter die auf Bretter gemalten Kulissen wohl das Schlimmste
waren, fingen denn auch die Reformen an. Alles sollte in den unver—
dorbenen Naturzustand zuruͤckversetzt werden. Die schnurgeraden ver—
schnittenen Hecken und Alleen wichen sich schlaͤngelnden Pfaden, die ab⸗
gezirkelten Rasenplaͤtze, Bosketts und Bassins verschwanden. Dafuͤr kamen
Wald, Wiese, Bach und See wieder zu ihrem Rechte mit freien Durch⸗
blicken auf die herrliche Aussicht. Mit der Anpflanzung fremdlaͤndischer
Baͤume und Straͤucher hatte schon Friedrich II. begonnen, und der mit
der Leitung der Gartenanlagen betraute Hofgaͤrtner Schwarzkopf mußte
damit fortfahren, um durch die Mischung dem Park einen moͤglichst ur—
waldaͤhnlichen Charakter zu geben.
Der alte, durch die spaͤteren Erweiterungen nicht gerade verbesserte
Barockbau des mauritianischen Schlosses mußte natuͤrlich fallen. Schon
im Fruͤhjahr 1786 wurden die beiden von Friedrich II. angeflickten Fluͤgel
samt der Kapelle abgebrochen und mit dem Bau des neuen Weißen⸗
steines an der Suͤdseite begonnen, wobei der Landgraf die Arbeiten selbst
leitete. Von seiner Umgebung ließ er sich nicht hineinreden, „da Hoͤf⸗
linge von der Architektur doch nichts verstehn“. Der Bau wuchs schnell
empor. Noch im Jahre 1786 wurden Keller und Erdgeschoß fertig,
1788 war das Dach uͤber dem zweiten Stockwerk schon fast vollendet.
In diesem Jahre faßte der Landgraf den Plan, auf der gegenuͤber⸗
liegenden Nordseite einen zweiten, ganz gleichen Schloßbau auffuͤhren zu
lassen, der ebenfalls unverzuͤglich in Angriff genommen wurde. Im
Dezember 1790 fiel das Hauptgebaͤude des alten Schlosses, in dem der
Landgraf so lange noch gewohnt hatte. Am 20. Maͤrz 1792 wurde
der Grundstein zu dem neuen Mittelbau, dem sog. Corps de logis ge—