Wilhelms Eltern
zrafen von Hessen, die hessischen Stammlande regierte, und da Koͤnig
Friedrich aus seiner Ehe mit Ulrike Eleonore, der Schwester seines Freundes
und Vorgaͤngers Carls XII. keine Kinder hatte,)) so war sein gleich—
namiger Neffe der voraussichtliche Erbe von Hessen. Von einem
franzoͤsischen Schweizer, dem Lausanner Crousaz, in Genf erzogen, hatte
der jugendlich schoͤne und stattliche Prinz sich auf der Genfer Universitaͤt
neben ausgezeichneten Umgangsformen dank seiner Begabung und raschen
Auffassungsgabe eine ansehnliche Bildung erworben und schien wohl ge—
eignet, eine Frau gluͤcklich machen zu koͤnnen, die wie die Prinzessin
Marie ebenso treffliche Gaben des Geistes wie des Herzens vereinigte.
Aber dies Gluͤck war nur von kurzer Dauer. Marie war in einer
freudlosen Jugend an dem Hofe ihres Vaters zu einer durchaus inner⸗
lichen Natur hexangewachsen, die wenig von den Genüuͤssen des hoͤfischen
Lebens und Treibens hielt, dagegen umsomehr von dem herzlichen
ungezwungenen Verkehr mit denen, die ihr lieb waren. An Festig⸗
keit des Charakters und energischem Willen war sie ihrem weichen und
leicht zu beeinflussenden Gemahl weit uͤberlegen. Beide Personlichkeiten
haͤtten sich so ganz gut ergaͤnzen koͤnnen, zumal der Prinz von Natur
aus gutmuͤtig und schwach war, aber es war das Ungluͤck dieses Ehe⸗
bundes, daß, kurz nachdem er geschlossen war, der Prinz durch den Aus⸗
bruch des Krieges von seiner jungen Frau wieder getrennt wurde. „Mary“
schrieb anfangs manchen zaͤrtlichen Brief an ihren „Fiddy“, der auf den
Schlachtfeldern des oͤsterreichischen Erbfolgekrieges von Brabant bis Bayern
hin und her geworfen wurde und schließlich als Fuͤhrer der hessischen
Truppen uͤber den Kanal zog, um seinem Schwiegervater gegen die Stuarts
im schottischen Hochlande beizustehen. Aber Mary schrieb schlecht fran—
zoͤsisch, und Fiddy verstand noch weniger englisch, und die Briefe wurden
seltener. Nach Cassel kam der Prinz nur selten und fand wenig Zeit,
sich seiner jungen Frau zu widmen. Statt so ihrem festigenden Einflusse
zu unterliegen, dem er leicht zugaͤnglich gewesen waͤre, wurde er vielmehr
in den Strudel des Lagerlebens und der Vergnuͤgungen gerissen, die er
in der Zwischenzeit zwischen den einzelnen Feldzuͤgen bei zahlreichen Be⸗
suchen an uͤppigen Fuͤrstenhoͤfen durchkostete. Mußte schon die fast
dauernde Abwesenheit des Gemahls auf das anfangs recht zaͤrtliche Ver—
haͤltnis der Gatten abkuͤhlend wirken, so fuͤhrte die leichte Lebensauf—
1) „Der Nordische Monarch, der sich mit 3 Cronen schmuͤckt“ hatte in Ulrika zwar
zeine „getreue Hanna“, von ihr aber keinen Samuel erhalten. So dichtete Joh. Carl
Roͤber in Kassel, der 1740 Friedrichs Hochzeit besang und dabei die Sorgen des Genius
von Hessen uͤber den bedrohten Stammbaum des hessischen Hauses eroͤrterte.