Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Tod Landgraf Friedrichs II. 1788 
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den Friedrich d. Gr. im Sommer d. J. als Gegengewicht gegen Josephs II. 
kaiserliche Politik gegruͤndete hatte. Anfangs Oktober reiste er nach 
Homburg zu einer Konferenz mit dem dortigen Landgrafen uͤber ge⸗ 
meinsame Chausseebauten und war Ende des Monats wieder in Wilhelms⸗ 
bad. Seit einigen Jahren pflegte er auch im Winter auf seiner Burg zu 
residieren, aber diesmal sollte es anders kommen, als er gedacht haͤtte. 
Er war gerade mit neuen Bauplaͤnen fuͤr eine kleine Eremitage im 
Wilhelmsbader Park beschaͤftigt, als sich am fruͤhen Morgen des 
2. November der Minister v. Wittorf bei ihm melden ließ, der in der 
Nacht von Cassel gekommen war. Noch ehe der alte Umstandskraͤmer 
seinen mit vielen hoͤfischen Praͤambeln eingeleiteten Bericht) vollendet 
hatte, wußte Wilhelm, was sein Kommen bedeutete: sein Vater war tot. 
Am 31. Oktober 1788 war Landgraf Friedrich II. waährend der 
Mittagstafel auf dem Weißenstein von einem Schlaganfall getroffen 
worden und im 67. Jahre seines Alters sanft verschieden. Der Land⸗ 
graf war nur ein paar Tage stark erkaͤltet gewesen und hatte unruhige 
Naͤchte gehabt. Da er aber noch am Morgen, allerdings gegen den Rat 
seines Leibarztes Baldinger, im Park spazieren gegangen war, so hatte 
niemand geahnt, daß sein Ende so nahe bevorstaͤnde. Bei seinen letzten 
Besuchen hatte Wilhelm wohl die zunehmende Schwerfaͤlligkeit des Vaters 
hemerkt, die ihn zumal bei rheumatischen Anfaͤllen in der letzten Zeit 
heim Reiten behinderte und einmal sogar den vorzeitigen Abbruch einer 
militaͤrischen Revue veranlaßte. Auch uͤber Halluzinationen hatte der 
Landgraf geklagt, aber Wilhelm hatte das auf den krankhaften Einfluß 
der mystischen Erzaͤhlungen seines Bruders Carl geschoben. So traf ihn 
dieser Todesfall ganz unerwartet, der auf einmal die schwere Verant⸗ 
wortung der groͤßeren Regierungslast auf seine Schultern waͤlzte. So— 
bald Wittorff ihn verlassen hatte, warf er sich seinem Gott zu Fuͤßen 
mit dem heißen Gebet, „seiner armen Kreatur Kraft und Weisheit zu 
geben und sie zu lenken“ zum Wohle seines Landes und seiner Unter⸗ 
tanen. Dann eilte er nach Hanau und traf die Vorbereitungen zu seiner 
sofortigen Abreise, um als Landgraf Wilhelm LX. die Regierung 
uͤber ganz Hessen⸗Cassel anzutreten. 
) Val. daruͤber den interessanten Brief des Reg.Sekr. Becker im Hessenl. 1889, 320 f.
	        
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