148 Niederlaͤndische Wirren Wilhelm in Frankfurt
leihe, die Daͤnemark bei dem Landgrafen machte. In seinem Auftrag
mußte der usingische Geh. Rat v. Savigny (als Besitzer des Hofes
Trages hanauischer Untertan) mit dem Mainzer Kanzler v. Bentzel
uͤber den Erwerb der enklavierten Mainzischen AÄmter fuͤr Hessen unter⸗
handeln, aber die kuͤhler gewordenen Beziehungen Wilhelms zum kur⸗
fuͤrstlichen Hofe reichten nicht aus, um diesen alten Wunsch des Landgrafen
durchzusetzen. Als im Herbst 1784 die Frage der freien Scheldedurch—
fahrt bei Antwerpen eine drohende Spannung zwischen dem Kaiser und
den Generalstaaten von Holland hervorrief, da wollte Joseph II. die
Hilfe der hessischen Truppen haben. Landgraf Friedrich lehnte aber
ein Buͤndnis ab mit der Begruͤndung, daß seine Truppen nach dem
amerikanischen Feldzuge noch der Ruhe beduͤrften. Ebenso widerstand
der Erbprinz der Versuchung, seine Bataillone in hollaͤndischen Sold zu
geben, und war sehr froh, dem Draͤngen des deswegen in Hanau
weilenden hollaͤndischen Generals v. Verschuer nicht nachgegeben zu
haben, als im Dezember zahlreiche kaiserliche Truppen auf dem Marsche
nach den Niederlanden die Grafschaft passierten.
Seit dem Tode seines Sohnes war Wilhelm wieder unaufhoͤrlich
unterwegs, bald in Marburg zum Exerzieren, bald in Cassel zum
Manoͤvrieren. Zwischendurch durchreiste er seine Grafschaft, inspizierte
die hessischen Garnisonen an Fulda und Werra, durchquerte dabei das
Hessenland nach allen Richtungen, fuhr in die Eisengruben des Stahl⸗
bergs bei Schmalkalden, besichtigte die dortige Saline und die Gewehr—
fabrik, war mit dem Vater in Wabern und Heydau, besuchte den Fuͤrsten
von Weilburg) und kehrte zwischendurch immer wieder in sein geliebtes
Wilhelmsbad zuruͤck, das in diesem Jahre eine glaͤnzende Geburtstags—
feier der Erbprinzessin mit Illumination und Wasserpartie erlebte. Nach
seiner gewohnten Herbsttour durch die Obergrafschaft fuhr er am
25. Sept. 1785 nach Frankfurt, um den ersten Aufstieg des beruͤhmten
Luftschiffers Blanchard mitanzusehen. Mit einer ungeheuren Menschen⸗
menge, die das in Deutschland noch nie gesehene Schauspiel angelockt
hatte, erlebte er die Enttaͤuschung, daß dieser erste Versuch infolge eines
Ballondefektes mißgluͤckte. Ex fand sich dann aber mit dem Erbprinzen von
Darmstadt, der die halsbrecherische Luftreise hatte mitmachen wollen, und
dem Herzog von Zweibruͤcken zu einer Besprechung im „Darmstaͤdter
Hof“ zusammen, um zu dem Deutschen Fuͤrstenbund Stellung zu nehmen—
1) Fuͤrst Karl hatte Ende 1784 den hollaͤndischen Militaͤrdienst verlassen. Sein
Nachfolger als Gouverneur von Maastricht wurde Prinz Friedrich von Hessen, der
Bruder des Erbprinzen.