Frau von Lindenthal Aussoͤhnung mit Caroline 1784 145
Hier in Marburg brachte ihm eines Tages das Erscheinen seiner
Freundin, die sich in Hanau gelangweilt hatte und auf einmal in eine
von ihm veranstaltete Offiziersgesellschaft hineinschneite, in ziemliche
Verlegenheit, indem sie ihn zwang, sein Verhaͤltnis zu ihr auch diesen
Kreisen zu offenbaren. Die Mutter der Haynaus, die seit April 1783
den Namen einer Frau v. Lindenthal fuͤhrte, glaubte seit dieser Zeit
sich manche Freiheiten erlauben zu koͤnnen, zumal Wilhelm in die kleine
Kokette damals blind vernarrt war. Er hatte ihr im Oktober 1782
fuͤr 30, 050 fl. das reichsunmittelbare Gut Lindenthal von der Familie
v. Mettingh gekauft, im naͤchsten Jahre einen kaiserlichen Adelsbrief fuͤr
sie erwirkt und dann auf Grund dieser Standeserhoͤhung versucht, sie in
die Hanauer Gesellschaft einzufuͤhren, weil der Verkehr mit den dortigen
Buͤrgerkreisen ihrem Ehrgeiz nicht mehr genuͤgte. Damit hatte der Erb⸗
prinz wenig Gluͤck. Man mußte zwar auf sanftem Druck von oben die
Antrittsbesuche der anerkannten Favoritin erwidern, die Mehrzahl der
Mitglieder der Hofgesellschaft verhielt sich aber durchaus ablehnend
gegen die Annaͤherungsversuche der neuen Standesgenossin, ja der
Kammerdirektor v. Berlepsch erklaͤrte dem Prinzen sogar rundweg,
daß er und seine Frau der Erbprinzessin versprochen haͤtten, nicht mit
der Lindenthal zu verkehren. So sah sich diese auf einen recht kleinen
Kreis angewiesen, zu dem der charakterschwache Hofmarschall v. Truͤm⸗
bach, seine Frau und eine Generalin v. Ditfurth gehoͤrten. Außer⸗
dem hatte die Lindenthal die Genugtuung, daß die Bruͤder des Erb⸗
prinzen Carl und Friedrich ihre Gesellschaft nicht verschmaͤhten. Der
Hof spaltete sich direkt in zwei Parteien. In Wilhelmsbad kam es zu
unliebsamen Szenen, und Wilhelm sah sich einer neuen Fronde gegen⸗
uͤber, aus deren Reihen er wieder hoͤren mußte, daß seine beleidigte
Gattin ernstlich mit dem Gedanken einer Ruͤckkehr nach Daͤnemark um⸗
gehe. In dieser Lage hielt Wilhelm es fuͤr das Gerxatenste, seiner Frau
die Hand zum Frieden zu bieten. Im Juli 1784 kam es zu einer
offenen Aussprache zwischen den beiden Gatten, wobei Wilhelm zwar
erklaͤrte, von der Geliebten nicht lassen zu koͤnnen, zugleich aber Caro⸗
linens Verzeihung und Duldung erbat. Die Erbprinzessin war von
dieser offenen Erklaͤrung sehr befriedigt und versprach alles, auch die
Lindenthal als eine dame de mäérite zu behandeln, wenn er ihr
nur sein Vertrauen und die ihr gebuͤhrende Achtung wieder zeige. So
wurde endlich der Frieden des erbprinzlichen Hauses wiederhergestellt.
Wilhelm hoͤrte auf, seine Frau wie bisher zu vernachlaͤssigen und rech—
nete es ihr hoch an, daß sie ein oder beide Augen zudruͤckte, wenn
Losch, Kurfürst Wilhelm J.