136 Manoͤver bei Wilhelmsbad 1780 Fuͤrstliche Gaͤste
setzt, das von der zu diesem Zwecke extra aufgebotenen Landmiliz heftig
angegriffen werden mußte, aber natuͤrlich siegreich verteidigt wurde.
„Schoͤn wars“, erzaͤhlt ein Augenzeuge, der oben erwaͤhnte Schweizer
Gysenhard, „wie sich erst die Husaren auf den Vorposten herumschar—
muzierten, aber von der uͤberlegenen Macht zuruͤckgedruͤckt wurden; wie
dann die Grenadiers, schoͤn und leicht wie Franzosen, brav und geschickt
wie Preußen, wuͤrdig von einem solchen Fuͤrsten gebildet und angefuͤhrt
zu werden, wie sie, sag ich, anmarschierten, uͤber den Kanal setzten, dem
Feind mutig entgegen gingen, wie sie zum Weichen gebracht, sich ordent⸗
lich im Feuer bis an den Kanal zuruͤckzogen, aber wieder vorruͤckten,
den Feind mit Kanonen⸗- und Musketenfeuer bis in den Wald ver—
folgten, dort uͤberfluͤgelten und, wenn er sich nicht gutwillig ergeben
haͤtte, in die Pfanne gehauen haͤtten ... wie diese wackeren Leute nach
ihrer schoͤnen Heldenarbeit kompagnieweis an aufgeschlagenen Tafeln
unter freiem Himmel gut gespeist und getraͤnkt, dann von ihren zaͤrt⸗
lichen Herzensbezwingerinnen besucht, beliebaͤugelt und bestreichelt wurden
usw.“. Die Zuschauermenge, die das ungewohnte Schauspiel heran—
gelockt hatte, schaͤtzte der „Schweizer“ auf 8000 Menschen.
Gehoͤrten diese bei solchen Gelegenheiten Herbeistroͤmenden auch meist
dem „gemeinen Publikum“ an, so waren unter den Besuchern und Kur—
gaͤsten Wilhelmsbads doch auch zahlreiche Personen, deren Erscheinen
den Ruf des neuen Kurortes hob. Der reiche Adel der Nachbarschaft
gab sich dort ein Rendezvous, und unter den sonstigen vornehmen Be—
suchern finden wir Namen wie die der Prinzessin Soubise, des Fuͤrsten
Hessenstein, der landgraͤflichen Familien von Homburg und Philipps-
tal, der fuͤrstlichen Familien von Weilburg und Usingen, der Markgraͤfin⸗
witwe von Bayreuth, des Markgrafen von Baden, des Prinzen Friedrich
von England, Bischofs von Osnabruͤck, des Prinzen Max von Zweibruͤcken,
spaͤteren Königs Max J. von Bayern, und viele andere. Herzog Carl
Eugen von Wuͤrttemberg kam mit seiner von Schiller besungenen Ge—
liebten Franziska v. Hohenheim und Carl August von Weimar nach
seiner Schweizerreise in Begleitung Goethes (9. 1. 1780), den der Erbprinz
als écrivain allemand d'une composition nouvelle charakterisiert
und in seiner Stellung als Minister eines Fuͤrsten très mal placé fand.)
1) Daß Goethe nach diesem Besuche der Persoͤnlichkeit Wilhelms ein gewisses
Interesse entgegenbrachte, zeigt ein Brief an Lavater vom 29. Juli 1782, den er
damals bat, ihm einige Worte uͤber den „Erbprinzen von Hanau“ zu schreiben. La⸗—
vater konnte diesen Wunsch nicht erfuͤllen, er antwortete am 10. August: „In Hanau,
wo es mir wohl gefiel, sah ich nichts vom Hofe. Den Erbprinzen sah ich auch nicht
33 die Hoheit auch nicht. Sie waren in der Komoͤdie. (Schr. d. Goethe⸗