Anlage von Wilhelmsbad 1777 133
geben, sodaß die Regierungskanzlei 1710 eine regelrechte Brunnenordnung
erließ, die auch eine Zeitlang „steiff, vest und ohnverbruͤchlich“ Geltung
besaß, bis sie im Laufe der Jahre mit dem Brunnen selbst so ziemlich
in Vergessenheit geriet. In Hanau selbst schwur man indessen noch
lange auf die Vortrefflichkeit der Quelle, und Conrad Ferber, der bis
in die sechziger Jahre hinein in der „Europaͤischen Zeitung“ annoncierte,
daß bei ihm in der Rothemaͤnngesgasse alle Woche einmal „frisch Gut—
brunnenwasser“ zu haben sei, fand seine regelmaͤßigen Abnehmer. Zu
ihnen mag auch der Erbprinz Wilhelm gehoͤrt haben, der trotz seiner
im allgemeinen robusten Gesundheit bei kleinen Leiden gern an sich rum⸗
dokterte und dabei viel auf Wasserkuren gab. Die guͤnstige Wirkung,
die er nach seinem Ansbacher Sturz (vgl. S. 94) von dem Wasser
bei sich zu entdecken glaubte, gab die erste Anregung zu seinem Ent⸗
schluß, den lange vernachlaͤssigten Guten Brunnen auszubauen. Es war
nicht nur das lebhafte Interesse, das Wilhelm uͤberhaupt fuͤr Mineral⸗
quellen besaß, das ihn dabei leitete, er faßte dabei auch sehr die oͤko—
nomische Seite der Schoͤpfung eines Badeortes ins Auge, der, wetteifernd
mit den zahlreichen aͤlteren Kurorten der Rhein-⸗ und Maingegend, Leben,
Verkehr und Geld ins Land bringen sollte, was ihm auch uͤber sein
Erwarten gelingen sollte. Aus kleinen bescheidenen Anfaͤngen exwuchs
so unter seinen Augen und unter seiner persoͤnlichen, lebhaftesten Anteil⸗
nahme eine Anlage, deren Entstehung ihm die groͤßte Befriedigung ge—
waͤhrte, zumal sie ihm zum ersten Male Gelegenheit bot, seiner Bau⸗
leidenschaft so recht die Zuͤgel schießen zu lassen. „Auf einmal ertoͤnte
die ganze Gegend von Äxten und Saͤgen und Haͤmmern und allen
Werkzeugen der Handwerker und Kuͤnstler. Wilhelm gebot und die
Natur gehorchte: Berge, Hecken und Pfuͤtzen verschwanden wie durch
den Stab einer Fee oder durch den Segen eines Heiligen weg gebannt.
Die schoͤnsten Alleen, die praͤchtigsten Gebaͤude schwollen aus der Erde
wie Schwaͤmme nach einem fruchtbaren Regen.“ Dem im September
1777 begonnenen Badehause am Guten Brunnen folgten 1778 drei
große Pavillons und ein langgestreckter leichter Arkadenbau als Wandel⸗
halle fuͤr die zu erwartenden Brunnengaͤste. Zunaͤchst kamen allerdings
nur Neugierige aus Frankfurt und der Umgegend, aber in solchen Scharen,
daß Wilhelm eine großartige Erweiterung der Anlagen beschloß, zumal
im folgenden Jahre eine neue Mineralquelle in naͤchster Naͤhe des Guten
Brunnens entdeckt wurde. An seinem Geburtstage am 3. Juni 1779
legte Caroline den Grundstein zu einem kleinen Tempelbau uͤber dem
neuen Heilborn, und im Juli erschien Wishelm zum ersten Male als