Hofmarschall Ludwig v. Gall
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war, hatte er sich in steigendem Maße das Vertrauen und die Gunst des
Erbprinzen zu erringen gewußt und war schnell vom Stallmeister zum Ober—
mundschenken und Obersten des Hanauer Bataillons ernannt worden.
Er war der staͤndige Begleiter Wilhelms auf seinen Reisen und Touxen,
und die Art und Weise, wie er auf dessen Projekte und Plaͤne einzu⸗
gehen verstand, machte ihn dem Prinzen immer unentbehrlicher. Auch
die Landgraͤfin Marie war ihm gewogen gewesen, hatte er doch Henriette
v. Muͤllenheim, ihr geliebtes „Heimchen“, als Frau heimgefuͤhrt, die
dann als Oberhofmeisterin der Erbprinzessin auch wieder eine Bruͤcke
zu der Gemahlin Wilhelms bildete. Als das Bataillon nach Amerika
zog, hatte Gall das Kommando an seinen Bruder Wilhelm abgegeben
und war ganz in den Zivildienst als Hofmarschall und Leiter der erb⸗
prinzlichen Finanzen uͤbergetreten, in letzter Eigenschaft sogar den be—
waͤhrten Berlepsch verdraͤngend. Den Hoͤhepunkt seines Einflusses er—
reichte Gall 1778, als Wilhelm bei seiner Abreise nach Schlesien ihn,
den allein in seine Plaͤne eingeweihten, zum Geh.Rat mit besonderen
Vollmachten befoͤrderte, ihm seine natuͤrlichen Kinder besonders anver—
traute und seine Revenuen durch Bewilligung des sog. Zaͤhlkreuzers von
den Subsidiengeldern nicht unbetraͤchtlich erhoͤhte. Nach Wilhelms Ruͤck⸗
kehr begann sein Einfluß zu sinken. War es die lange Trennung von
dem Vertrauten, war es das durch die Knigge⸗-Loͤw'sche, Conspiration“
geweckte Mißtrauen, war es der Einfluß des Adjutanten v. Wintzinge—
rode, der Gall haßte, oder waren es die Beschwerden von Untertanen,
die uͤber Eigenmaͤchtigkeit des Ministers klagten, genug, Wilhelm glaubte
zu bemerken, daß die Macht des Geheimrats waͤhrend seiner Abwesen⸗
heit zu sehr gewachsen sei und er fing an, ihn mit kritischen Augen zu
beobachten, zumal als der Ankauf des Gutes Wickershof) zeigte, daß
Gall uͤber groͤßere Geldmittel verfuͤgte, als der Erbprinz bei ihm voraus⸗
setzte. Gall hatte bisher das gesamte prinzliche Bauwesen geleitet. Das
wurde ihm jetzt abgenommen zu einer Zeit, wo Wilhelms Baulust be—
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foͤrderten Cancrin zuruͤckgesetzt, der nun mit dem Erbprinzen alles
allein machte. Er bat deshalb im Juni 1780 um seine Entlassung als
Hofchef, in der stillen Hoffnung, daß Wilhelm sie ihm nicht gewaͤhren
wuͤrde. Aber der Erbprinz, der ihm vorwarf, im verflossenen Jahr
30000 fl. uͤber den angesetzten Etat ausgegeben zu haben, nahm sein
Entlassungsgesuch ohne weiteres an, „froh wieder Herr an seinem eigenen
1) Bei Jesberg, fuͤr 17500 Taler von dem waldeckischen Kapitaͤn Wilh. Fr. v.
Berlepsch 1779 gekauft.
Losch, Kurfuͤrst Wilhelm J.