Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

128 Die Knigge· Loͤw'sche Kabale 1778/79 
Henri IV. en carricature“ — eine große Rolle. Durch die Widmung 
des ersten Bandes seiner damals in Hanau erscheinenden Theaterstuͤcke 
wußte er auch die Oberhofmeisterin der Erbprinzessin Frau von Gall 
zu gewinnen. Doch hielt sich diese als Gemahlin des erbprinzlichen 
Vertrauten von den Conventikeln zuruͤck, die bei der Erbprinzessin statt⸗ 
fanden und nichts Geringeres bezweckten, als Carolinen zu bewegen, 
ihren Gemahl zu verlassen und nach Daͤnemark zuruͤckzukehren. Es war 
allerdings sehr die Frage, ob der Hof ihres ungluͤcklichen Bruders, der 
nach der Einsperrung seiner ehebrecherischen Frau und der Hinrichtung 
ihres Galans Struensee nur noch ein Scheinleben als Koͤnig fuͤhrte, der 
geeignete Zufluchtsort fuͤr Carolinen gewesen waͤre. Sobald Wilhelm 
Wind von der gegen ihn gerichteten „gefaͤhrlichen Kabale“ bekam, be— 
sann er sich nicht lange, sie durch Entfernung ihrer Haͤupter im Keime 
zu ersticken, wobei ihm zustatten kam, daß die Hauptbeteiligten als 
Tugendwaͤchter wenig berufen erschienen. Loͤw wurde, weil er auf der 
Parade einen andern Offizier beleidigte, in Arrest gesetzt und kurz darauf 
entlassen. Dasselbe Schicksal traf die ebenfalls stark kompromittierte 
Frau des Oberhofmeisters v. Moltke , „eine verworfene Person, die 
durch ihre Ausschweifungen so beruͤchtigt war“, daß sich ihr Mann von 
ihr scheiden ließ. Ebenso wurden alle uͤbrigen dem Erbprinzen ver⸗ 
daͤchtigen Personen allmaͤhlich aus der Umgebung Carolinens entfernt. 
Der unentbehrliche Knigge erhielt keine Einladungen mehr zu Hofe, 
sah sich dadurch voͤllig kalt gestellt und zog es vor, durch schleunige 
Übersiedelung nach Frankfurt dem Zorn des Erbprinzen zu entgehen. 
Die Entdeckung und Zerstoͤrung dieser „Hofkabale“ mußte die zwischen 
dem Erbprinzen und seiner Gemahlin bestehende Spannung nur erhoͤhen. 
Caroline war ungluͤcklich uͤber die Verbannung ihrer Vertrauten, und 
Wilhelm war seitdem von einem tiefen Mißtrauen gegen die ganze 
Hofgesellschaft exrfuͤlt. Dieses Mißtrauen fuͤhrte einige Zeit spaͤter auch 
zu dem Sturz seines bis dahin vertrautesten Guͤnstlings, der in Hanau 
und weit daruͤber hinaus großes Aufsehen erregte. 
Ludwig Friedrich v. Gall, der Sproͤßling einer angeblich aus 
Como stammenden Familie, die in Hessen das Gut Netz bei Langenstein 
besaß E daselbst 7. Febr. 1732), war der aͤlteste von Wilhelms Dienern 
seit seiner ersten Hanauer Zeit. Seit der damalige Kapitaͤn im hessi⸗ 
schen Regiment Erbprinz 1763 nach Hanau als Kammerijunker gekommen 
1) Khristiane geb. Graͤfin Knuth 1747 7 1790, Gattin des Oberhofmeisters Carl 
Aug. v. Moltke (1737—41813), der ein Sohn des daͤnischen Generals Joh. Georg 
h. M. und Neffe des Ministers Grafen Ad. Gottl. v. M. war.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.