Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

126 Wilhelms Ruͤckkehr aus Schlesien Die Buisinne 
Festung wegen drohender Belagerung geraͤumt wurde, mußte er nach 
Schweidnitz transportiert werden. Hier hoffte er sich zu erholen, um 
zur Armee zuruͤckkehren zu koͤnnen, aber ein neuer Anfall der Ruhr 
verhinderte die Ausfuͤhrung des Planes, der auch nach den bisherigen 
Erfahrungen nicht mehr viel Verlockendes hatte. Kriegerische Lorbeeren 
waren bei den Pluͤnderungszuͤgen offenbar doch nicht zu ernten, und so 
folgte Wilhelm schließlich dem Rat des Koͤnigs, der ihm empfahl, sich 
in Hanau erst gruͤndlich auszukurieren. In kleinen Tagestouren wurde 
am 1. September die Ruͤckreise uͤber Leipzig, Langensalza und Eise—⸗ 
nach angetreten, und am 11. traf Wilhelm noch sehr geschwaͤcht von der 
Krankheit wieder in Hanau ein. Sein Bruder Carl blieb „auf der 
Pandurenjagd“ beim Koͤnig als dessen unzertrennlicher, sehr beguͤnstigter 
Besellschafter, bis Friedrich zu Anfang des Winters ebenfalls die Armee 
verließ. Im Mai des naͤchsten Jahres (1779) fand dann der „bayrische 
Prozeß“ durch den Frieden von Teschen das Ende, das Kaiser Josephs 
Plaͤne zum Schaden der deutschen Politik sterreichs vernichtete. 
Fast ein halbes Jahr war Erbprinz Wilhelm von Hanau fortgewesen. 
Die Erbprinzessin, die ihm am 28. Juli 1777 mit dem Prinzen Wil⸗ 
helm (dem spaͤteren Kurfuͤrsten Wilhelm II.) ihr letztes Kind geschenkt 
hatte, war mit Recht verstimmt uͤber die Ruͤcksichtslosigkeit ihres Mannes, 
der ohne von ihr Abschied zu nehmen nach Schlesien gegangen war, 
und noch mehr uͤber seine eheliche Untreue, die ihr nicht verborgen 
bleiben konnte. Nach dem Bruch mit der Wulffen hatte Wilhelm es 
nicht lange ohne weiblichen Umgang ausgehalten und schon 1774 wieder⸗ 
um ein Verhaͤltnis angeknuͤpft, von dem er selber nur mit tiefer Be⸗ 
schaͤmung berichtet. Seine neue Geliebte war diesmal ein Maͤdchen aus 
dem Volke, Charlotte Christine Buisinne, die 28 jaͤhrige Tochter 
des Landbereiters Henri Buisinne aus der Neustadt Hanau, die ihn 
„in ihre Netze zu ziehn verstand“, als er nach der Trennung von der 
Wulffen die Gleichguͤltigkeit seiner ungeliebten Frau besonders hart em— 
pfand. Es war eine lockere sinnliche Verbindung ohne wirkliche Leiden⸗ 
schaft, und nur die Geburt mehrerer Kinder, die nach dem Geburtsort 
des aͤltesten, Rodheim, den Namen von Heimrod erhielten, fesselte 
ihn einige Jahre an diese robuste, ungebildete Person, von der er sich 
im Laufe des schlesischen Feldzugs mehr aus Überdruß als aus sittlichen 
Bedenken trennte, obwohl gerade in dieser Zeit ihn Gewissensbisse arg 
quaͤlten. „Warum blieb ich nicht bei meinen guten Vorsaͤtzen! Warum 
mußte meine Schwaͤche fuͤr die Weiber in der Folge wieder triumphieren!“ 
klagte er spaͤter. In Schlesien scheint er die Nachfolgerin der Buisinne
	        
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