20 Theater der Hofgesellschaft Bayrischer Erbfolgekrieg
lammte und auch von den drei hessischen Prinzen eifrig umworben
wurde. Knigge, der sich durch sein Interesse fuͤr okkulte Wissenschaft
und geheime Gesellschaften besonders dem vor einigen Jahren zum be—
geisterten Freimaurer gewordenen Prinzen Carl empfahl, entfaltete damals
eine unermuͤdliche Taͤtigkeit. Unter seiner Leitung wurde aus der Gesell⸗
schaft eine Theatergruppe gebildet, die fleißig dramatische Studien trieb.
Im November fuhr der ganze Hof in corpore nach Mannheim, um
die kurfuͤrstliche Oper zu genießen und Anregungen fuͤr die eigene Theater⸗
saison zu sammeln, die den ganzen Winter hindurch den von Wilhelm
neu erbauten Theatersaal des Stadtschlosses in Anspruch nahm. Man
fuͤhrte hier u. a. Alzire, L'Ecossaise und Nanine von Voltaire, den War⸗
wick von Laharpe und Beaumarchais' Eugénie auf und gab auch einige
deutsche Stuͤcke, worunter Joh. Jac. Engels, Dankbarer Sohn“ besonders
gefiel. Auch der Erbprinz trat seinem Bruder Carl zuliebe wieder einige⸗
male auf die Buͤhne, fand aber dann doch, daß „ein Souveraͤn sich
keiner Blamage und auch nicht den Vertraulichkeiten aussetzen darf, die
mit dem leichtfertigen Theaterspiel zusammenhaͤngen“, und nahm sich —
ermutlich nach einer solchen Blamage — vor, nicht wieder mitzuspielen.
Die frohen Feste wurden ihm uͤberhaupt auf die Dauer ein bißchen
zu viel, zumal damals grade die Nachricht von der Katastrophe von
Saratoga eintraf und ihn sehr bedruͤckte. Als darum kurz vor Carls
Abreise (13. Maͤrz 1778) sich das Geruͤcht von dem bevorstehenden Krieg
zwischen dem Kaiser und Preußen um die bayrische Erbfolge verbreitete,
faßte er grade nach einem lustigen Theaterabend den Entschluß, an diesem
Feldzuge teilzunehmen. Er schwaͤrmte damals — „malheureusement“,
wie er spaͤter bekannte — sehr fuͤr Friedrich den Großen, den
zroͤßten Feldherrn seiner Zeit, und wollte ihm seine Dienste anbieten,
zumal ihn „das Gefuͤhl, der einzige seiner Familie zu sein, der noch
aie vor dem Feind gestanden hatte“, unbeschreiblich peinigte. Nur Gall
wurde in den Plan eingeweiht und mußte durch seinen Verwandten,
den juͤngeren Edelsheim (S. 17 Anm.), der sich in Potsdam befand, den
dortigen Boden sondieren lassen. Zugleich schrieb Wilhelm selbst an den
Koͤnig. Dem waͤren wohl die Truppen des Erbprinzen und seines
Vaters lieber gewesen als die Gegenwart eines fuͤrstlichen Schlachten—
bummlers, er gab aber doch aus politischen Gruͤnden in liebenswuͤrdiger
Weise seine Zustimmung und lud den Erbprinzen ein, nach Schlesien zu
kommen. Wilhelm war in einem wahren Gluͤcksdelirium, als am
28. April 1778 die fieberhaft erwartete Antwort eintraf und meinte,
kein Adept, der den Stein der Weisen gefunden, haͤtte sich mehr freuen