Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Meuterei der Ansbacher 1777 
Im Ganzen sind etwa 2400 Mann auf Grund der hanauischen Sub⸗ 
sidienvertraͤge nach Amerika gegangen, eine sehr betraͤchtliche Zahl fuͤr 
das kleine Land, wobei allerdings zu beruͤcksichtigen ist, daß die Nach— 
schuͤbe hauptsaͤchlich durch Werbung ergaͤnzt wurden. Nur der Kern, das 
Infanterie⸗Bataillon und die Artillerie, bestand durchweg aus Landes— 
kindern, „aus der Bluͤte und Elite seines Landes“, wie Wilhelm selber 
hervorhob. Mochten auch viele von ihnen den weiten Weg in den Kampf 
für eine fremde Sache, die sie nichts anging, nicht allzu begeistert an⸗ 
treten, so folgten sie doch ohne Murren dem Befehl ihres Landesherrn. 
Andererseits zeigte der Erfolg der Werbung, fuͤr die Wilhelm in Fuͤrth 
ein besonderes Buͤro unterhielt, daß noch viel Abenteuerlust und alter 
Landknechtssinn im Volke vorhanden war, das sich um Ursache und Zweck 
des amerikanischen Krieges wenig kuͤmmerte. Der damalige Soldat (nur 
der damalige?) war es ja nicht gewohnt, gefragt zu werden, wofuͤr er 
seine Haut zu Markte trug. 
Szenen wie die Meuterei der Ansbacher haben sich bei den Hanauern 
aie ereignet, obwohl sie in unmittelbare Beruͤhrung mit diesen kamen. 
Am 13. Maͤrz 1777 kam auf einmal der Adjutant des Markgrafen Carl 
Alexander von Ansbach in groͤßter Aufregung nach Hanau, um den 
Erbprinzen im Namen seines Herrn um Beistand zu bitten. Auch dieser 
letzte Hohenzollernfuͤrst in Franken!) hatte seine beiden Infanterieregi— 
menter in englischen Sold gegeben. Bei ihrer Einschiffung auf dem Main 
bei Ochsenfurt kam es aber wegen der schlechten und engen Quartierung 
zu einer offenen Rebellion, die nur durch das persoͤnliche Einschreiten des 
Markgrafen geschlichtet werden konnte. Wilhelm eilte dem Markgrafen 
entgegen und fand ihn noch in großer Unruhe wegen der aufsaͤssigen 
Stimmung seiner Soldaten, mit denen er nach des Erbprinzen Ansicht 
nicht umzugehn verstand. Er war in so uͤberstuͤrzter Eile von Ans— 
bach fortgeritten, daß er sich vom Erbprinzen in Hanau reine Waͤsche 
und Hemden borgen mußte. Die Ansbacher mußten die Nacht unter 
den Parkmauern von Philippsruhe unter Bewachung der hanauischen 
Grenadiere kampieren, und Wilhelm begleitete am andern Morgen den 
Truppentransport auf dem Main bis nach Frankfurt. Als im Sep⸗ 
lember desselben Jahres der Koͤnig von Preußen aus Schikane gegen 
die Englaͤnder die Rheinfahrt bei Wesel fuͤr die Rekrutennachschuͤbe sperrte, 
da mußte der Erbprinz die Ansbacher Rekruten sogar den halben Winter 
in Garnison behalten, bis sie im Februar auf dem Landweg durch Hessen 
1) Er und nicht der Landgraf von Hessen ist uͤbrigens das Modell zu dem Fuͤrsten 
in Schillers Kabale und Liebe.
	        
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