Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

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Anfaͤnge von Wilhelms Bautaͤtigkeit 
Wo statt des Walls, der sonst Buͤrger schied, 
Wo vor zehn Sommern noch Flut 
Mit leichten Wellen dahin gerauscht, 
Nun ein reizendes Waͤldgen aufsteigt. 
Wo die Hitze des Tags sich kuͤhlt 
Und wenn der Abendstern winkt, 
Buͤrger von beiden Staͤdten vereint 
Durch das Waͤldgen bruͤderlich wandeln. 
Seinen Abschluß erhielt der Platz durch das große Zeughaus, das 
um 1780 aus dem Material des in Babenhausen abgebrochenen Jagd⸗ 
zeughauses vor dem als Paradeplatz dienenden Teil der Esplanade neu 
aufgerichtet wurde. 
Außerhalb Hanaus hatte sich der Prinz zunaͤchst nur auf den Um— 
bau und die Instandsetzung der landesherrlichen Schloͤsser zu Steinau 
und Babenhausen beschraͤnkt und verschiedene Amtshaͤuser neu errichten 
lassen. Seine erste Neuschoͤpfung war der Bau des Hauses auf der 
Fasanerie (1766) mit der Menagerieanlage, zu der seine Mutter schon 
bedenklich den Kopf geschuͤttelt hatte. Zehn Jahre spaͤter entstand das 
erste Haus am „Guten Brunnen“, womit eine neue Periode in Wilhelms 
Bautaͤtigkeit anfing. Dieses Gebaͤude kostete 8000 fl., und als der 
Prinz diese Zahl notierte, machte er schon die Bemerkung „Le plaisir 
de batir va plus loin que l'on pense.“ Die naͤchsten Jahre, welche 
die reizvollen aber auch recht kostspieligen Anlagen des Wilhelmsbades 
entstehen sahen, sollten diese Worte bestaͤtigen. 
Der Erbprinz waͤre nicht imstande gewesen, seine staͤndig wachsende 
Baulust, so wie es nachher geschah, zu befriedigen, wenn sich ihm nicht 
eine Geldquelle eroͤffnet haͤtte, welche die bescheidene Vermehrung seiner 
Einkuͤnfte durch den Tod der alten Graͤfinwitwe weit uͤbertraf. Das 
war der 1776 abgeschlossene, viel eroͤrterte Subsidienvertrag mit England. 
Über die Subsidienvertraͤge des Hauses Hessen ist schon so viel 
Tinte verspritzt worden, daß es sich eigentlich eruͤbrigt, daruͤber noch viele 
Worte zu machen. Die oͤffentliche Meinung hat sich daran gewoͤhnt, diese 
Vertraͤge als Soldatenhandel zu brandmarken, und wer sie nur vom Stand— 
punkt des modernen Menschen ansieht, der wird auch durch die beweis— 
kraͤftigsten Gegengruͤnde von ihrer scharfen Verurteilung nicht abzubringen 
sein. Nur sollte man dann gerechterweise nicht so subtile Unterschiede 
machen, daß man z. B. die zahlreichen preußischen Vertraͤge mit England ent⸗ 
schuldigt und dafuͤr die hessischen mit moralischer Entruͤstung verdammt. Der 
alte Fritz, auf den man sich gern als Kronzeugen beruft, war darin ehrlicher
	        
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