108 Hkonomische Verhaͤltnisse Zeichenakademie 1772
Respekt. Um dieser Landplage zu begegnen und sein Territorium da—
von zu saͤubern, errichtete Wilhelm Anfang 1774 ein kleines Husaren⸗
korps (1 Offizier, 4 Unteroffiziere und 20 Husaren) das unablaͤssig das
Land abzupatrouillieren und nach Raͤubern zu fahnden hatte. Da sich
leider nicht alle Nachbarfuͤrsten diesem Vorgehen anschlossen, konnten die
Raͤuber, die unaufhoͤrlich die Grenzen wechselten, zwar nicht unterdruͤckt,
aber doch so ziemlich vom eigenen Lande fern gehalten werden, bis die
Revolutionszeit mit ihren kriegerischen und politischen Unruhen eine neue
Bluͤte des Raͤuberwesens zeitigte und den Schinderhannes zur Welt—⸗
zeruͤhmtheit machte.
Die bkonomischen Verhaͤltnisse des kleinen Landes lagen vielfach
im argen und zeigten noch die Spuren des Siebenjaͤhrigen Krieges. Wilhelm
zab sich redliche Muͤhe sie zu verbessern und widmete dem Bauernstand
seine besondere Fuͤrsorge. Manches Stuͤck Land, manches kleine Fleck—
chen, das vorher wuͤst lag und weder dem Staate noch dem eigentlichen
Besitzer Nutzen brachte, wurde urbar gemacht und bebaut, Obst⸗ und
Seidenbau wurden gefoͤrdert, und da die Regierung Wert darauf legte,
die Futtermittel durch Anbau von Klee und Verbesserung der Wiesen
zu vermehren, so hob sich der Viehstand des Landes nicht unbetraͤchtlich.
Das sumpfige Ried zwischen Seckbach und Bergen wurde entwaͤssert
und uͤberall suchte man den schwerfaͤlligen Bauern Anregung zu besserer
Ausnutzung ihrer Laͤnder zu geben.
Einen großen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung erlebte auch
die Hauptstadt des Landes unter Wilhelms Regierung. Nach dem Ein—⸗
gehen der Militaͤrakademie (S. 85), stiftete der Erbprinz am 20. Juli
1772 die Akademie der Zeichenkunst, die sowohl das kuͤnstlerische
wie gewerbliche Leben der Stadt in nachhaltiger Weise befruchtete. Es
war eine Kunstgewerbeschule, fuͤr die Hanau mit seiner alten Edel—⸗
schmiedeindustrie der gegebene Platz war, weshalb das Institut auch bis
auf den heutigen Tag in ungeschmaͤlerter Wirkung weiterbluͤhen konnte.
Malsburg wurde Direktor. Der eigentliche Leiter war aber der erste
kehrer, der Goldstecher Louis Gallien aus Paris, neben dem der Straß⸗
burger Graveur Jean Jacques Bury und der Maler Waͤchter sich um
die Hebung des Kunstsinnes im Hanauer Bijouteriegewerbe verdient machten.
Auch der Hofmaler Anton Wilhelm Tischbein, der juͤngste der
kunstbegabten Soͤhne des Hainaer Klosterbaͤckers, lieh der Zeichenakademie
seinen Beistand. Im August 1773 fand die erste oͤffentliche Pruͤfung
statt, wobei Medaillen zur Belohnung des Fleißes an die besten Schuͤler
verteilt wurden.