94 Wilhelm in Ansbach Carl nach Gottorp 1700 Rumpenheim
Bei der Eroͤffnungsvorstellung des Komoͤdienhauses am 17. Okt. 1768
war Wilhelm nicht zugegen. Er hatte Anfangs des Monats dem
Markgrafen von Ansbach einen Gegenbesuch gemacht und dabei das
Ungluͤck gehabt, auf der Parforcejagd einen boͤsen Sturz mit dem Pferde
zu tun, dessen Folgen ihn laͤngere Zeit dort ans Bett fesselten. Die
guͤnstige Wirkung, die nach der Ruͤckkehr das Wasser des, Guten Brunnens“
auf sein Befinden ausuͤbte, gab die erste Veranlassung zu Wilhelms In⸗
teresse fuͤr diese Heilquelle, das spaͤter in der Gruͤndung von Wilhelms—
bad zum Ausdruck kam.
Prinz Carl und seine Familie blieben uͤber zwei Jahre in Hanau.
Im Herbst 1768 reiste er fuͤr ein paar Wochen nach Schleswig, kaufte
aber dann am 26. September das alte, 1680 erbaute Schloß Rumpen⸗
heim ) am Main von den Nachkommen des Kammerpraͤsidenten v. Edels—
heim mit anderen Guͤtern derselben Familie, sodaß man schon annahm,
er wuͤrde dauernd im Hanauischen bleiben, zumal die meisten Daͤnen
allmaͤhlich von seinem Hofstaate geschieden waren. Aber am 18. Juli
des naͤchsten Jahres erfolgte doch seine definitive Übersiedelung nach
Gottorp, wohin ihm seine Familie folgte. Der Abschied des allgemein
beliebten Fuͤrstenpaares hinterließ eine fuͤhlbare Luͤcke im Hanauer Hof—
leben. Der frische, lebenslustige Prinz war ein unermuͤdlicher Maĩtre de
plaisir in Veranstaltung aller moͤglichen Amuͤsements, Gesellschaften und
Baͤlle gewesen, und unvergeßlich blieb seine schier unerschoͤpfliche Er—
findungsgabe bei den Verkleidungen auf den damals so beliebten Maske—
raden. Es gelang ihm sogar, seinen von Natur viel ernsteren und ge—
setzteren Bruder durch seinen UÜbermut und seine Lebenslust anzustecken, der
im Rausche der froͤhlichen Geselligkeit sein eheliches Mißgeschick und die
Launen seiner ungeliebten Frau zu vergessen suchte. Dazu trugen be—
sonders die Reize der schoͤnen Frau v. Wulffen bei, die vorher kaum
1) Da es sich um hanauische Lehnguͤter handelte, die Graf Friedrich Casimir
1674 seinem Guͤnstling, dem Sohne des Muͤllers Seiffert aus Edelsheim, verliehen haͤtte,
so gab der Erbprinz nicht ohne Widerstreben seine Einwilligung zu dem Kaufvertrag,
der auch die Edelsheimischen Besitzungen in Niedereschbach und Dorfelden umfaßte.
Verschuer, der den Handel vermittelte, wurde angeblich von den Edelsheims durch
die Aussicht auf die Heirat mit ihrer Schwester gekoͤdert. Der Neubau von Rumpen⸗
heim 1771 gab Veranlassung, daß der General Huth, dessen Rat dabei nicht ein⸗
geholt und beruͤcksichtigt wurde, sich, veraͤrgert uͤber diese Zuruͤcksetzung, wieder nach
Danemark begab. 1781 verkaufte Prinz Karl Rumpenheim an seinen Bruder Friedri ch,
der das Schloß 1787/88 und 1805 durch mehrere An- und Umbauten vergroͤßerte und
berschoͤnerte. Seitdem ist Rumpenheim im Besitz der von Friedrich begruͤndeten Seiten⸗
linie des hessischen Fuͤrstenhauses geblieben, die seit dem Tode des letzten Kurfuͤrsten
die aͤltere Hauptlinie repraͤsentiert. (Uber Rumvenbeims spaͤtere Geschichte vergl.
Hess. Blaͤtter 1895 Nr. 21009 ff.)