30 Prinz Carl heiratet und kommt nach Hanau 1766
nur von wenigen Gaͤsten besuchten kleinen Bade, dessen enge Lage
zwischen den schroffen Felsen und Abhaͤngen der Lahn dem damals
herrschenden landschaftlichen Geschmack wenig zusagte, und er ritt oft
nach Hanau zu seiner Mutter, anstatt Carolinen Gesellschaft zu leisten.
In Ems erhielt man die Nachricht von der Verlobung des Prinzen
Carl mit Carolinens juͤngerer Schwester Luise.
Carl war im Maͤrz 1765 nach Copenhagen zuruͤckgekehrt und
hatte dort am Hofe sich schnell eine sehr einflußreiche Stellung errungen.
Als Koͤnig Friedrich V. starb, und sein Nachfolger Christian VII.
sich am 15. Januar 1766 zum ersten Mal seinem Volke zeigte, da mußte
der junge hessische Prinz Hand in Hand mit ihm auf den Balkon des
Schlosses Christiansborg treten und mit ihm die Huldigung der Kopen⸗
hager: „Laenge leve Kong Christian den Syvende!“ entgegennehmen.
Der Koͤnig beguͤnstigte auch die Neigung seines Vetters zu seiner Schwester,
und Luise wurde nach kurzer Brautzeit am 30. August 1766 Carls Ge⸗
mahlin. In Hanau freute man sich allgemein auf ein Wiedersehn mit
den Geschwistern, das fruͤher kommen sollte, als man gehofft haͤtte.
Infolge der am daͤnischen Hofe gegen ihn und seinen Freund und Lehrer
den General Huth gerichteten Intriguen nahm Carl im Fruͤhjahr 1767
seinen Abschied als Chef der daͤnischen Artillerie, wurde zwar statt dessen
zum Statthalter von Schleswig ernannt, zog es aber vor, einstweilen
30. Mai 1767) nach Hanau uͤberzusiedeln.
Der mehr als zwei Jahre lang dauernde Aufenthalt der Geschwister
brachte neues Leben an den durch einen dritten, reichen Hofstaat ver⸗
mehrten Hanauer Hof. In der Gesellschaft ihrer langentbehrten Lieblings⸗
schwester, die mit ihrer daͤnischen Umgebung einen Hauch von Heimat⸗
luft mitbrachte, fing Caro line an aufzutauen, wenn sie auch manchmal
die Schwester um ihre gluͤcklichere Ehe beneidete, besonders als schon
nach wenigen Monaten Luise ihr erstes in Hanau geborenes Kind ) auf
den Armen tragen konnte. Ein Jahr spaͤter, am 14. September 1768,
war aber auch ihr endlich nach 4jaͤhriger Ehe dies Muttergluͤck be—
schieden durch die Geburt der Prinzessin Marie Friederike, die nach
den beiden hessischen Großeltern ihre Namen erbhielt.
1) Es war die am 28. Oktober 1767 zeborene Prinzessin Marie Sophie, die
paͤtere Gemahlin Koͤnig Friedrichs VIJ. von Daͤnemark, die sich als Genealogin durch
Fortsetzung der Huͤbner'schen Stammtafeln verdient gemacht hat. Ihr folgte am
15. Januar 1769 der ebenfalls in Hanau geborene Prinz Wilhelm (f 14. Juli 1472),
dem die Kaiserin Catharina II. ein russisches Oberstenpatent in die Wiege legen ließ.
Die uͤbrigen Kinder Carls wurden in Schleswig geboren.