Vorwort
Der Plan zu diesem Buche entstand bei den Vorarbeiten zu meiner
Beschichte des Kurfuͤrstentums Hessen, die mich reiches Quellenmaterial
zur Lebensgeschichte des ersten Kurfuͤrsten kennen lehrten. Es schien mir
eine lohnende Aufgabe und zugleich eine hessische Ehrenpflicht zu sein,
an der Hand dieser Quellen die Geschicke eines Fuͤrsten zu verfolgen,
dessen langes Leben mit der Geschichte Deutschlands in kritischer Zeit
eng verknuͤpft ist, der 57 Jahre in Hanau und Hessen regiert hat und
der doch dem großen Publikum eigentlich nur durch das gehaͤssige Zerr⸗
bild in der Allgemeinen Deutschen Biographie, den meisten uͤberhaupt
nur durch die Bizarrerien seines Alters noch bekannt ist.
Meine vornehmste Quelle sind die Memoiren Wilhelms, sein „theures
Journal“, uͤber dessen Umfang und Inhalt G. Schulz, der erste Benutzer
der Handschrift, in seiner Greifswalder Dissertation Naͤheres mitgeteilt
hat. Diese breit angelegten, mit großer Genauigkeit und ersichtlicher
Offenheit abgefaßten Memoiren werden in den letzten Jahrzehnten fluͤch⸗
tiger und duͤrftiger, bis Mißmut und Alter den Kurfuͤrsten zwangen, 1818
die Feder niederzulegen. Dafuͤr geben seine Tagebuͤcher umso genauere
Angaben und ermoͤglichen es, den Wert der darauf gestuͤtzten Memoiren
mm Einzelnen nachzupruͤfen. Leider sind sie, wie es scheint, nur fuͤr die
Jahre 1790 1808 und fuͤr 1821 erhalten.
Es versteht sich von selbst, daß diese, wie alle Memoiren, sehr sub⸗
sektive Hauptquelle nach Moͤglichkeit durch andere ergaͤnzt wurde, wozu
außer der gedruckten Literatur (die ich im Anhang 3 verzeichne) noch
der Briefwechsel Wilhelms mit seiner Gemahlin, seinen Bruͤdern und
stindern, sowie Wittorffs handschriftliche Erinnerungen herangezogen
werden konnte.
Auf den Memoiren beruht die ganze Jugendgeschichte, deren erste
Kapitel viel aus E. Meyers Buch uͤber die Landgraͤfin Marie und den
von ihm mitgeteilten Briefen der Landgraͤfin schoͤpfen konnten. Der
Zieglerschen Chronik verdanke ich einige Nachrichten für die bisher so
zut wie noch gar nicht geschilderte, von mir verhaͤltnismaͤßig ausfuͤhrlich
behandelte hanauische Periode. Fuͤr die Zeit nach 1806 lagen mir die