Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

34 Geschellschaft der Wohltaͤtigkeit Soldatenliebhaberei 
Fuͤr studierende Mitglieder waren ebenfalls sehr betraͤchtliche Summen 
(1777: 50 000, spaͤter alle zehn Jahre 100 000 fl.) ausgesetzt, die nach 
einer spaͤteren Anordnung Wilhelms nicht nur den Akademikern, sondern 
auch Militaͤrs, Kuͤnstlern, Kaufleuten, Handwerkern und Professionisten 
zugute kommen sollten. Ja selbst fuͤr die ewigen Nietenzieher war ein 
fiscus caritativus vorgesehen, um ihnen wie allen unverschuldet in Not 
geratenen Mitgliedern eine Trost⸗ oder Unterstuͤtzungsrente zu gewaͤhren. 
Woher die Riesensummen, die dieser Plan erforderte, kommen sollten, 
war freilich in den Statuten der Gesellschaft nicht gesagt. Die von den 
Mitgliedern einzahlten Gelder konnten unmoͤglich lange reichen, wenn nicht 
die Beteiligung sehr groß wurde. Am 13. Januar 1767 trat die Ge⸗ 
sellschaft ins Leben unter einer dreigliedrigen Generaldirektion, die unter 
der Oberaufsicht des Vizekanzlers Hombergk stand. Der hohe Pro— 
tektor verlieh ihr ein eigenes Wappensiegel mit der Devise Memento 
proximi und war zuerst Feuer und Flamme fuͤr das so viel versprechende 
Unternehmen. Aber trotz der verlockenden Aussichten blieb die erhoffte 
große Beteiligung aus, und die Gesellschaft konnte auf keinen gruͤnen 
Zweig kommen, zumal die Nachbarfuͤrsten ihren Untertanen verboten, 
daran teilzunehmen. In Hanau selbst schadete dem Unternehmen be—⸗ 
sonders der Widerspruch der Landgraͤfin, die sich sogar oͤffentlich da⸗ 
gegen aussprach. Nach mehrjaͤhrigem Bestehen und schlechten Erfahrungen 
sagte sich auch Wilhelm 1771 von ihm los, und die Unternehmer ver—⸗ 
legten ihren Sitz nach Friedberg. 
Es war nicht das erste Mal, daß die Landgraͤfin einen Schritt ihres 
Sohnes mißbilligte. Direkt ungluͤcklich aber war sie uͤber seine mili— 
taͤrischen Maßnahmen, die zu seinen ersten einschneidenden Regierungs⸗ 
handlungen gehoͤrten. Wilhelms Soldatenliebhaberei war lange ge—⸗ 
nug durch die Besorgnis seiner ganz unmilitaͤrischen Mutter kuͤnstlich 
zurückgehalten worden, kam aber jetzt um so staͤrker zum Durchbruch. 
Dem Erbprinzen konnte die hannoͤverische Garnison nicht genuͤgen; sie 
war ihm vielmehr ein Dorn im Auge, weil er nicht frei uͤber sie verfuͤgen 
durfte. Wollten doch sogar die Goͤttinger ihre beiden alten Stadtkanonen 
wieder zuruͤckhaben, die sie zum Schutze der Assekurationsakte nach Hanau 
geliefert hatten. Wilhelm war nun der Ansicht, daß „ein Fuͤrst ohne 
Soldaten uͤberhaupt kein Fuͤrst sei, und daß er als zukuͤnftiger Chef 
eines sehr respektablen Armeekorps beizeiten lernen müͤsse, sich praktisch 
mit militaͤrischen Dingen zu beschaͤftigen“, eine Ansicht, die nur den 
Traditionen seines Hauses entsprach. Das alte ehemalige Regiment 
Hanau gehoͤrte aber, wie S. 64 erwaͤhnt, schon laͤngst zu den Truppen
	        
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