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Privatleute dieser Art seine literarischen Schaͤtze der oͤffentlichen Be—
nutzung zugaͤnglich machte. Das von ihm bis dahin gefuͤhrte Amt eines
Rentkammerdirektors, das bei der schlechten Finanzlage des Landes be—
sondere Umsicht erforderte, mußte Berlepsch) uͤbernehmen. Beim Re—
gierungsantritt Wilhelms hatte das Land fast 200000 fl. Schulden,
wozu noch eine waͤhrend des Kriegs aufgenommene Anleihe von einer
Million kam. Die saͤmtlichen Einnahmen der Kammer betrugen 230 000 fl.,
wovon der nach Wilhelms Meinung viel zu hoch bemessene Hofetat
allein fast die Haͤlfte, 105 000 fl., verschlang. In Berlepsch, der zu—
gleich den Vorsitz im Geh. Ratskollegium fuͤhrte, fand der Erbprinz
nun den geeigneten Mann fuͤr die Finanzverwaltung. Seines Zeichens
eigentlich Forstmann und als solcher sehr geschaͤtzt, hatte er sich in der
kurzen Zeit, die er in Hanau war, schnell eingearbeitet und sich das
besondere Vertrauen des Erbprinzen nicht zum wenigsten dadurch er—⸗
worben, daß er sich nicht durch Verschuer beeinflußen ließ. Das juͤngste
Mitglied des Conseils war der zum Geh. Reg. Rat ernannte Mals burg,
Wilhelms ehemaliger Studienfreund und Reisebegleiter (S. 17), ein ehr⸗
geiziger, etwas launenhafter, aber ungemein geschickter Minister. Wil—⸗
helm stellte sehr große Anspruͤche an diese hoͤchsten Beamten, deren Rat
er regelmaͤßig einholte, obwohl er bemuͤht war, selber zu urteilen und
selbst den Schein zu vermeiden, daß er sich beeinflussen lasse. Vor
allen Dingen verlangte er unbedingte Ergebenheit an seine Person. Der
Reg. Rat Kopp, der anfangs im Conseil das Protokoll fuͤhrte, erhielt
bald einen anderen Posten, weil der Erbprinz ihn im Verdacht hatte,
eine „Kreatur Verschuers“ zu sein. Das gab den ersten Anlaß zur
Verstimmung mit der Landgraͤfin Marie, die sich noch erhoͤhte, als auch
der Oberschenk Moritz Schenk zu Schweinsberg?) aus seinem
Amte weichen mußte, weil er sich in die Anordnungen der neuen Hof⸗
ordnung Wilhelms nicht zu fuͤgen verstand. Als Gemahl „Steinchens“,
der Hofdame Mariens Luise v. Loͤwenstein, rechnete der junge, sehr
selbstbewußte Hofmann, der mit den gereimten „Erstlingen seiner Jahre“
schon als 16 jaͤhriger die Mitgliedschaft der Goͤttinger Deutschen Gesell⸗
schaft errungen hatte, auf den Schutz der Landgraͤfin; aber Wilhelm
blieb fest und ließ sich auch durch die Vorstellungen des ebem. hessischen
1) Karl Friedr. v. Berlepsch auf Fahrenbach,* 1724, Oberjaͤgermeister, 1706 -76
hanauischer Kammerdirektor, 418. Juli 1790 zu Cassel als hessischer Staatsminister.
Vermaͤhlt mit Wilhelmine von Boyneburg in kinderlofer Ehe.
2) Moritz Schenk zu Schweinsbera, * 1736, trat spaͤter in hessischen Dienst und
starb 1822 als Landrat.