Full text: Zur Geschichte des kurhessischen Staatsschatzes

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durch das Gesetz vom 30. April 1873 den einzelnen preußi— 
schen Landschaften bewilligt wurden, leer ausging, war wenig 
schön. Diese Dotationen sollten dazu dienen, für die betr. 
Landschaften sog. Provinzialfonds zu schaffen, und Kurhessen 
wurde dabei übergangen, weil man sagte: ihr habt ja schon 
euern Staatsschatz, braucht also keine weiteren Fonds. Die 
Kurhessen hatten aber ihre Knochen ebenso gut zu Markte 
getragen wie die Pommern und Ostpreußen, und bei Wörth, 
Sedan und Orleans nicht weniger geblutet. Für die anderen 
deutschen Stämme hatte der siegreiche Krieg auch greifbare 
finanzielle Vorteile gebracht, die Kurhessen wurden nur daran 
erinnert, daß sie — vor 100 Jahren in Amerika sich Millionen 
erstritten hatten. Die Verweigerung des Dotationsanteils be—⸗ 
deutete im Grunde genommen nichts anderes als eine 
Schmälerung des den Kurhessen zustehenden Ver— 
mögens. Von dem Reichtum ihres ehemaligen Kapitalver⸗ 
mögens (das allein an Zinsen gegen 1/2 Millionen Mark 
ertrug) blieb ihnen — wie Bähr berechnet hat — nur noch 
ein Betrag von etwa 396 000 Mark übrig, den der hessische 
Kommunalverband noch vor den übrigen Provinzen voraus hatte. 
Ueber die Schichsale des kurfürstlichen Hausschatzes, das 
andere Teil des ursprünglich gemeinsamen Schatzvermögens, 
wollen wir uns kürzer fassen, sie erfordern eine besondere 
Darstellung, die hier zu weit führen würde. Mit dem Staats- 
schatz zusammen fiel er am 19. Juni 1866 in die Hände der 
Preußen, die ihn seitdem dazu benutzten, um das hessische 
Fürstenhaus ihren Wünschen gefügig zu machen. Im Stettiner 
Vertrag vom 17. September 1866 wurden seine Einkünfte 
dem bis dahin gefangen gehaltenen Kurfürsten garantiert, 
zwei Jahre später aber mit den übrigen Einkünften des Kur— 
fürsten, soweit sie der preußischen Regierung erreichbar waren, 
beschlagnahmt, um die „feindlichen Unternehmungen“ des ent— 
tronten Fürsten abzuwehren. Der Beschlagnahme folgte nach 
dem Tode des Kurfürsten die endgültige Abführung des Haus— 
schatzes an die preußische Staatskasse, nachdem Landgraf 
Friedrich, der politische Rechtsnachfolger des Kurfürsten, seinen 
Frieden mit Preußen gemacht, gegen eine ansehnliche Rente 
auf seine Rechte an dem kurfürstlichen Fideikommißvermögen 
verzichtet und dasselbe als preußisches Staatseigentum aner—⸗ 
kannt hatte. Der Hausschatz betrug damals 18125 978 Mk. 
mit 865 920 Mk. jährlichen Zinsen. Der Wert des übrigen 
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