Full text: Zur Geschichte des kurhessischen Staatsschatzes

Kurfürst sich wohl gemerkt, und als die politischen Verwicklungen 
des 66er Frühjahrs den deutschen Bruderkrieg vorausahnen 
ließen, drängte er mehrfach den Finanzminister Rohde, recht⸗ 
zeitig Schritte zur Sicherung des Haus- und Staatsschatzes 
zu tun, wie dies in einer Verordnung Kurfürst Wilhelms II. 
vom 27. Februar 1831 vorgeschrieben war. 
Diese übrigens geheim gehaltene Verordnung verlangte, 
daß der Schatz in Zeiten der Gefahr außerhalb des Landes 
untergebracht: werden sollte, schrieb aber zugleich die Mit— 
wirkung des geheimen Ständeausschusses vor, was die 
Aktionsfreiheit des Finanzministers bzw. der Regierung sehr 
einengte. Da nun die Regierung mit diesem Ständeausschuß 
eigentlich immer auf einem mehr oder weniger latenten 
Kriegsfuß lebte, so hatte Rohde wenig Lust, sich mit ihm in 
einen neuen Kampf einzulassen. In einer langatmigen 
Denkschrift vom 16. Mai 1866 kam er zu dem Schluß, daß 
die Frage einer Gefahr von außen so lange nicht bejaht 
werden könne, als nicht der Deutsche Bund die Sicherheit 
der deutschen Staaten für gefährdet erklären würde. Die 
Sache müsse aber „scharf im Auge behalten“ und, ohne 
einer späteren Erwägung vorgreifen zu wollen, als Auf— 
bewahrungsort Amsterdam, der Haag oder London ins Auge 
gefaßt werden. Bei diesem „Scharf im Auge behalten“ 
blieb es, bis es zu spät war. Denn als auf wiederholtes 
Drängen des Kurfürsten es endlich am 15. Juni zu der 
erforderlichen Konferenz der Schatzdirektionen mit dem Stände— 
ausschuß kam, wurde der vorgeschlagene Transport nach 
London einstimmig abgelehnt. Die Gründe dieser Ablehnung 
sind nicht uninteressant. Es hieß darin: die Verpackung 
und Transferierung bereite erhebliche Schwierigkeiten, eine 
solche Maßregel würde die öffentliche Aufmerksamkeit in be— 
denklicher Weise erregen, in kriegerischen Zeiten sei der 
Transport so wertvoller Gegenstände mannigfachen Eventuali⸗ 
täten ausgesetzt, auswärts sei kaum ein Lokal zu beschaffen, 
das die gesetzlich vorgeschriebene Art der Verwahrung und 
Verwaltung ermögliche, die Deposition in einer auswärtigen 
Bank sei gesetzlich unstatthaft, der dafür gewährte Schutz 
durch Militärmacht pp. sei im Auslande abfällig, die vorschrift⸗ 
mäßige Kommunikation mit dem geheimen Ständeausschuß 
lasse sich von dort aus, wenigstens nicht zeitig genug, nicht 
vollziehen, schließlich verdiene auch der höchst bedeutende 
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