ANSPRACHEN UND ABSCHIEDSWORTE
Professor Dr. Hermann Schafft, Kassel
„Laßt uns Abschied nehmen mit Worten der Schrift: ‚Wer in Finsternis wan-
delt und es scheint ibm kein Licht, der hoffe auf den Namen des Herrn und
verlasse sich auf seinen Gott.‘ Christus spricht: ‚Ich bin gekommen in die
Welt, ein Licht, auf daß, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.
Laßt Eure Lenden gegürtet sein und Eure Lichter brennen und seid Menschen
gleich, die auf ihren Herrn warten. Welch ein großes Ding ist es um einen
treuen und klugen Hausbhalter.‘*
Liebe Trauergemeinde, liebe Angehörige, liebe Freunde!
Finsternis und Todesschatten liegen über Eurem Haus, über Eurem und unserem
Herzen. Was ist das für ein Advent, für ein Kommen Gottes zu Euch in diesem
Geschehen. Wir fassen nicht, verstehen nicht, wir können uns nicht vorstellen, was
doch wirklich ist. Müssen wir nicht alle Lichter auslöschen, müssen nicht alle Worte
verstummen vor solchem Geschehen? Auch für ihn selbst brach die Krankheit un-
erwartet und jäh herein, und er hat mit starkem Wollen angekämpft gegen ihre
Gewalt. Und er wäre so gern noch bei Euch geblieben. Ihr wißt es aber, daß es
nicht in seinem Sinne wäre, wenn Tod und Todesdunkel die letzte Macht in Eurem
Herzen behielten,
Ihr wißt es, wie er mit Euch und den Seinen immer wieder die vorweihnachtliche
Zeit so fröhlich begangen hat, wie gern er mit den Kindern die Lieder gesungen
hat, die unsere Herzen öffnen für das weihnachtliche Licht, das über dem Dunkel
der Welt aufgeht und das in solchem Sinne auch als Verlangen seines Herzens
lebendig war. Ihr denkt daran, wie er noch im vergangenen Jahr beim Herauf-
dämmern des Weihnachtsmorgens mit Euch zur Christmette gegangen ist, die vor
mehr als drei Jahrzehnten von den Gruppen der Jugendbewegung in unserer Stadt
zuerst gefeiert wurde aus dem Wunsch nach einer wachen Begegnung mit dem
ewigen Licht, das mitten in der Nacht der Welt leuchtet.
Solches Eingedenksein hilft uns gewiß nicht, das Unbegreifliche zu begreifen, aber
es bedeutet das Aufsehen auf den, der das Wort gesagt hat: „Ich bin gekommen
in die Welt, ein Licht, auf daß, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.“
Der auch dem Tode die Macht genommen hat; und es bedeutet das Innewerden der
Nähe dessen, von dem und durch den und zu dem alle Dinge sind und aus dessen
Hand uns niemand reißen kann und in dessen barmherzigen Händen wir auch ihn
befehlen und ihn geborgen wissen.
[n solchem Stillesein vor Gott, in solchem Aufsehen auf ihn wandelt sich Schmerz
und Herzeleid in Anbetung und in Dank für den Reichtum, den Gott Euch in ihm
gegeben hat. Ihr habt im vergangenen Sommer etwas erfahren von der Vollendung
Eures Verbundenseins im Kreise Eurer Familie, von dem Geheimnis der Nähe der
Ewigkeit, ihrer Gegenwart, mitten in der Zeit, nach dem Wort der Schrift: „Gott
ist Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Dieser
Reichtum kann Euch durch niemand genommen werden. Dieser Reichtum be-
gleitet Euch und die Kinder, mit denen er so sorglos und unbekümmert nach der
Arbeit spielen konnte, auch durch die kommenden schweren Tage mit dem immer
neuen Aufbrechen Eurer Not und hilft Euch tragen.