Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

die steinigte Kũste ohne Leben ist.“ (Kunze.) Nur Salamander 
halten sich im Venser See auf, wie der sogenannte Pferdeegel 
aemopis Sanguisugo), der jetzt in Deutschland am meisten 
auftritt im Gegensatz zu dem meist grũnlich gefärbten medizinischen 
Siutegel irudo medicinalis); diejer zãhlt in Deutschland zu den 
geologischen Seltenheiten und kommt in offenen Gewässern kaum 
doch vor, m. W. nur im Hautjsee bei Donges, Kr. Eisenach (bekannt 
durch das Naturwunder einer jchwimmenden Injel, vielleicht der 
einzigen noch in Europa), auf der Insel Borkum und in einem 
einen See im Algäu. 
DSer Denjer See weist ein reiches Planbton auf; es besteht 
nach der Analyse von Halbfaß an der Wasseroberflãche aus 
Muraes aculeata, einer sehr häufig auftretenden Kotatorie, in 
größerer Tiefe aus Ceriodaphnio. AIch habe noch nie einen See 
hon der immerhin ansehnlichen Tiefe von neun Meter biologisch 
untersucht, der auch nur annähernd die Fülle von Daphnien 
besessen hätte. Wir haben damit auch die Lösung des Rätjels 
gejunden, das er seinen Anwohnern hãufig gegeben hat, nämlich 
seiner intensiv roten Färbung, von der auch schon im Kirchenbuche 
hon Nentershausen mehrfach die VRede ist: »Anno 1769, den 
13. Januar, wurde hiesiger See wieder roi. Biese Roöte dringet 
auf der Seite nach Nentershausen nach Bernd Welteraus Haus 
inter den Steinen herfür und überziehet manchmal den, ganzen 
See. Es ist aber kbein Blut, wie die gemeinen Leute dafür 
halten, sondern eine barminrote Farbe, und dieser mein darunter 
stehender Rame und Charabter ist damit geschrieben.“ 
Matihãus Simon, Pfarrer zu Dens. 1760.* (Sehr deutlich 
und wie mit plaßroter Tinte geschrieben aussehend.) 
„M. B. Bei offenem und regnerischem Woetter ist dies mehren⸗ 
leils gejchehen. Bernd Wetterau ailhier meint, es habe die 
Teuerung von 1711 und 1772 prognosticieret. 
Am Ende September und Anfang Oblober 17176 wurde der 
See wieder rot und habe damit meinen Namen geschrieben.“ 
„„Matthaus Simon 1176.“* 
Pfarrer Bockmann schreibt ebenda: „Im Herbst des Jahres 
1800 und zwar in den Monaten Obtober, NRovember und Dezember 
war der hiesige See wirblich rot. Das Wasser desselben stand so 
niedrig. als es seit Menschengedenken nicht getan. Anfangs zeigte 
sich dieje Köte nur an einer der zwei Seiten, nach und nach aber 
breitete sie sich üͤber die ganze Oberfläche desselben aus und war 
auch bei enistandenem Frost in dem Eis sichtbar. Sie verlor sich 
erst wieder im Januar 1801. Die Farbe war ganz die des roten 
Kobaltanjatzes (2). Im Februar 1861 war die Farbe wieder rot, 
der VDerfasser der Kirchenchronik sah täglich einen Eintrag in einer 
Sibel, der mit der roten Farbe geschrieben war. Später ist der 
See noch einmal ganz rot gewesen.“ 
Im z3weiten Teil vorliegender Arbelt werden die Verhältnisse 
der Daphniden, Wasserflöhe, genauer dargelegt; hier jei nur bezũglich 
der Gattung Ceriodaphnia erwähnt, daß man sie zu den am meisten 
berbreiteten Kladozeren rechnet und sie in großen Gewäßsern wie 
in Lleinen Tüũümpeln und Gräban findet; den Ceriodaphnien dienen 
mibrosbopisch bleine jchwimmende Kieselalgen des Wassers, Diatomeen 
vie Fadenalgen, zur Nahrung. Derartige Wasserflöhe bilden die 
Arjache der Votfärbung des Sees; allgemein ist es in Dens be— 
rannt, daß bleine Tierchen die rote Färbung des Wassers bewirken; 
denn bei Sonnenschein sieht man die xõtlich jchimmernden Tiorchen, 
allerdings nur ʒeitweije, im Wasser ihre Bahn ziehen. Dieses 
ist bisweilen jo starb gefärbt, d. h. es weist einen so hohen Gehalt 
un Baphmen auf, daß es, wie Herr Lehrer Schulz mitteilt, nach 
dem Serquetschen derselben wie „trübes Himbeerwasser“ erscheint. 
Es wãre wohl moglich, diese Flũssigkeit als Tinte zu verwenden. 
Heßler schreibt in seiner Hoessischen Landes- und VOolkskbunde, 
Marburg 1006, Sd. 1, 6. 52: Sei anhaltendem Regenwetter 
vird der See zuweilen blutrot, welche Erscheinung auf Diatomeen 
Bacillarien, eine Familie der Algen), die bei reichlicher Qus- 
trõömung von Kohlensaure emporkommen, zurũckzufũhren ist. Das 
Wahjer ist zuweilen so stark gefärbt, daß man es als Tinte benußen 
kann, und so hat denn auch im 18. ehrunder ein Geistlicher den See 
mit seinem elgenen Wasser im irchenbuche zu Dens beschrieben.“ 
Die Ursache der roten Farbe wußte man lange nicht zu er— 
blären, sie hat daher Anlaß zu mancherlei Sagen gegeben, an 
deren Wahrheit die Anwohner glauben. Einst, als die Einwohner 
von Dens ihr Kirchweihfest begingen und neben dem See auf 
grũnem Plan tanzten, entstiegen dem See drei jehr schöne Jung- 
rauen, reihten sich an die Suschauer des Tanzes und nahmen auf 
erfolgte Aufforderung der Sueschen am Tanze teil. Als aber 
die Ähr die Mitternachtsstunde verkündete, erbllärten die Seejung · 
frauen, sie müßten sich entfernen, da ihnen aus dem Reich da 
unten nur burzer Urlaub erteilt jei. Am folgenden Tage uw 
dieselbe Zeit erschien wieder eins der Wasserfräulein und sagte 
es habe ihr das gestrige Vergnügen, unter den frohen Erdenbe 
wohnern zu verweilen, jo wohl gejallen, daß sie heute ohne ihre 
Schwoestern wiedergekommen jei. 
Nachdem sie mehrere Tanze mitgetanzt und sich eine Stunde 
rufgehalten, erblärte sie, sich wieder entfernen zu mũssen. Auf 
Sitlen und Sureden um längeres Sleiben erwiderte sie: es gelten 
sa unten strenge Gesete und sie mũsse fũrchten, schon jetzt bestraft 
u werden, hoffe aber noch Gnade zu finden und werde diejser 
eriustig gehen, wenn sie noch laͤnger verweile. Als man sie 
ittet, ein Seichen zu geben, wie es ihr ergangen jei, reicht sie 
en Anwesenden einen Ring mit foigeiden Worten: „Wenn ich 
twa eine Stunde euch verlaßsen habẽ, dann werft den Ring ins 
Vasser. Bleibt der See ruhig, dann habe ich Gnade gefunden, 
vier er aber aufbrausen und sich biuteot farben, dann habe ich 
neine Freveltat mit meinem Slute bezahlen mũssen. 
Sie taucht ins Wasser hinab, und nach einer Stunde wird der 
Zing ins Wasser geworfen. Zur Sefrũbnis der Kirchweihfeiernden 
intsteht ein jolches Toben und Srausen des WMassers, daß es über 
ie Afer zu brechen droht. Seine Farbe ist blutrot. —— — 
Klunzinger erblärt, „daß meist niedere Krustazeen, die einzelnen 
eicht gefaͤrbt, bei großer Zahl in einem Gewaͤser den Anschein 
ines gefärbten, meist roten Gewassers hervorbringen, so Artemia 
Ima durch den roten Darminhalt, besonders aber Daphnia pulex 
ind Chelops durch ihre roten Fettropfen, was schon Swammerdam, 
zchãffer, Linne und Ehrenberg beobachteten“. (Klunzinger, Über 
ie physikalijchen, chemischen und biologischen Ursachen der Farbe 
unserer Gewöhser, Jahrhefte des Sereins fũr vaterländische Natur- 
unde in Wurttemberg 1901, Bd. 51, G. 395.) 
Swammerdam, 160371685, bedeutender Naturjorscher, be- 
onders für die kleine Tierwelt von bahnbrechender Sedeutung, 
obachtete auf einer Keise bei Vincennes in Frankreich blutartiges 
Majjer, bei dessen Anblick er, wie er jagt, erjchrak. Er unter⸗ 
uchte, dem ihm angeborenen Triebe gemãß, es genauer und fand, 
aß es durch zahlloje Mengen fieiner roter Wasserflöhe Maphmia 
ulex) gefärbt war.“ (Ehrenberg, a. a. O. 486.) Sowohl 
Swammerdam in seiner »Biblia naturae« wie Linne in seinen 
zchrijten betonen, daß „blutiges Wasser“ sein Aussehen fast nur 
en Vorbommen diejer Kleinkrebse perdankt, daß sie als eine 
oologijche Charabtersorm vieler Kleingewãsser anzusprechen 
ind. (Naumann, Die Sestonfärbungen des Sũßwassers, Archiv 
sür Hydrobiologie 1922, Bd. 13, H. d S. 682 f.) 
Zacharlas erzählt, daß er hoͤchrote Exemplare von Daphnia 
idex in einem Weertümpel zahlreich wimmelnd angetroffen habe. 
Sacharias. Aber Grün-, Gelb- und Rotjfärbung der Gewähser, 
forschungsberichte der biologijchen Station zu Plön, Stuttgart 1908, 
Teil X, S. zor) Klausener zählt unter den jechs Hauptarten der 
kiere, „die den Blutjeen jaunistijch einen gleichartigen Anstrich 
eben“, auch Daphnia pulex auf. (Klausener, a. a. O. S. 56.) 
Ob die dem Denser See eigentũmliche Daphnienart, nämlich 
eriodaphnia dana, in łLeinem anderen Sũͤßwaßsersee vorkommt, 
ũrfte zu bezweifeln jein: denn Lampert jũhrt aus, daß sie sich 
owohl. in großen Waßerbecken als auch in bleineren, oft ganz 
chmußigen Pfütßen und Gräben finden, hier oft scharenweise 
uftreten und wie die Daphniden sich huͤpfend fortbewegen.“ 
Lampert, das Seben der Binnengewäßser, Leipzig 1910, S. 280.) 
Zlausener erwähnt unter den Slutjeen aus dem Maderanertal 
—A ebenfalls Ceriodaphnia. (Klausener, d. a. O. S. 34.) 
ztingelin nennt in einer interessanten Susammenstellung ũber die 
eographische Verbreitung der Kladozeren, nach der 14 Gene⸗ 
ationen derselben eine Losmopolitijche Verbreitung aufweisen, auch 
Leriodaphnia; „noch nicht sicher erwiesen ist die rosmopolitische 
derbreitung der Gattungen Daphnia, BSosmina, Sendalonq, 
dehdigia.“ Eampert, a. a. O. S. 804.) 
12.240* 
Auf dem „Blumenhain““). 
Ode von Th. Endemann. 
Auf des Berges Räͤcken, dem langgestreckten, 
Schreit' ich wandernd hin und erfreu mich schauend, 
Denn es winkt vertraut mir von allen Seiten 
dãchelnd die Heimat. 
Aus dem Schwalmgrund grüßen die stillen Dörfer 
Wohl bewacht von trutßzig behelmten Türmen, 
Grũßt aus hellen Wiesen des schönen Flusses 
Silberner Bogen. 
Wallend fließk das Banner des grünen Waldes, 
Das der Mai mit heiteren Kränzen schmückte. 
derchenjubel schwebt ũber jrohen Saaten 
Hoch in den Lüften. 
»,Blumenhain“ bei Borbken. 
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