ehrsamen Handwerks — dem häßlichen Staub überlassen
und den staunend quiebenden, hungrigen Mäuslein.
Ein halb Stündlein später ruhten Herr und Hände
droben unter den alten Eichen im Schatten. Wenn man
das Kuhe nennen Lbann!
Im Schreiberlein sang und klang es. Vor seinen strahlenden
Auglein war eine einzige Kirmes die ganze weite Welt,
drin zahllose Musikanten geigten oder sonst nach Selieben
ein anderes Instrumentlein quälten und tanzlustig Volb aller
Größe und Art im lustigen Wirbel sich drehte, selig schwebende
Mücklein und zufrieden brummende Immen, die torbelnd
schnurrenden Käfer nicht zu vergessen, die ein Käuschlein
schleppten ins Gräjerversteck.
Die Hände aber schichteten ohne Auftrag an dem Stöß
lein Papiere herum, strichen liebbosend über das Wunder—
ding von Schreibzeug, das die öde Hockerei in der dumpfen
Stube in ein lustig, fahrend Handwerb verbehrte, und sie
prüften schon nach aiter Gewohnheit an einem Nagel die
hlanke Feder, des Schreiberleins nimmermüde Hände.
Doch sprang ihr Herr von der Arbeit schon wieder
davon, querte geradeswegs über die Felder hinüber und
oergaß dort die drängende Arbeit und die quälenden Schulden.
Anter spielenden Büblein trieb sich's umher eine gute
geschlagene Stunde, dies leichtfertigste aller Schreibers⸗
bnechtlein, und wird gewiß die alte Brille schuld daran
gewesen sein, draus es alles so wundersam vergoldet erblickte.
Gelacht hat's wie nicht ein einzig Mal vorher in seinem
ganzen Leben, gelacht, bis ihm ein böser Husten kam, ein
Huften, so schiimm, daß ein tapferer Streiter Daterland und
Pflicht und Feinde und alles vergaß und ihm ängstlich den
mageren Rücken blopfte.
Und zur Erläuterung muß nun gesagt sein, daß die
Gusiner Bubenarmee an jenem Tag gerade den Gusiner
Geißberg stürmte und den Bannspacher und Wieremer
Franzosen die grausam stark befestigte Höhe entriß und ihnen
dann die Höslein nicht schlecht verklopfte. Und es waren
Gusinen, Bannspach und Wierem, die drei Dörfer, vor—
gelagert einer deutschen Großstadt.
Dom Lachen und Husten war dem Schreiberlein noch
ein kleiner Schlucken zurückgeblieben, wie's dann nachher
an seinem Tischlein tatendurstig nach der Feder griff. Es
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wenig in den Finger stieß und mit seinem köstlichen Blut die
schöne neue Feder benetzte. Es fuhr dann trotzdem damit
in die Tinte, so sehr war alles in ihm in hellem Aufruhr,
daß es den kieinen Schmerz und Schaden nicht einmal merbte,
und sein Name, wie's den in keckem Sug auf das Blatt
hingeworfen hatte, schimmerte ganz deutlich ein wenig rot.
And es hätte gewiß ein bänglich Herz jetzt gezetert, es
habe das Schreiberlein mit seinem roten Blute auf Gedeih
und VDerderb sich eben dem leibhaftigen Satan verschrieben.
Und die dicke Eichel, die ein bleiner Windstoß gerade
herunter auf das Papier warf, sei des Teufels schnelle
Zusag gewesen.
Und ganz mit rechten Dingen ging es sicherlich nicht
zu. Dem Schreiberlein war's, als liefe jetzt die Feder davon,
ob es wolle oder nicht. Kaum blieb ihm Seit, die Reihe
zu betrachten, die als Aberschrift wie hingehert dastand:
Der zweite Sturm auf den Geißberg.
Kaum bonnte das Schreiberlein denken: bin denn ich
verrückt oder ist's die Feder? da lief diese schon durch die
dritte Keihe und lief und lief, daß ihrem Herren bald die
Hand richtig schmerzte — was doch bei einem Schreiberlein
schon etwas heißen will! — und ihm ordentlich der Schädel
röhnte. Und es war so etwas — bei aller Gewissenhaftigkeit
m Beruf — dem Federhengstlein noch niemals widerfahren.
Aufatmend legte das Männlein endlich sein Schreibrohr
neder, und es wollte ihm schier wie ein richtiger Glücksfall
escheinen, daß sein Stößlein Papier nicht dicker gewesen.
Hewißlich hätte die närrische Feder noch weiter gehetzt.
Und dann las das Schreiberlein laut sich sein Machwerb
vor, las von den bleinen Erlebnissen des Sonntagnachmittags,
vie die alte Brille ihm die zurecht gestellt hatte für die
rohen Augen, wie die ungeduldige Feder die hingehext hatte
n einem Sug. And es lachte dabei das Wännlein, lachte
nit den Augen und lachte mit dem Herzen. And richtig
enießerisch war's ihm zumute und ein wenig trunken im
Sinn, als jei's von einem heimtückischen Schaumwein benebelt.
Den köstlichen kleinen Kanonier sah's ja noch einmal
ebendig geworden, den possierlichen Kerl, der nur zwei Augen
atte und gut zehne hätte gebrauchen können, zwei zum Blick
iach den dummen Schollen und ebligen Steinen, die, ein
dindernĩs jeder seinen krummen Beinchen, alle Augenblick
inen schmerzvollen Purzelbaum verhießen, — zweĩi zum
Slinzein nach der Batterie, die gewiß schon eine halbe Meile
veit vor ihm hinraste durch unsichtiges Gelände, — zwei
ur Bewachung des Lichtleins, das im schlimmsten Galopp
ioch im Brennen bleiben mußte, weil Sebundenverluste durch
erzögerten Feuerbeginn aus den gefechtsbereiten Geschützen
inweigerlich eine verlorene Schlacht — und einen Buckel
on Hiebe einbrachten und womöglich den WMabel der Feig-
eit, — zwei für die sorgsame Beobachtung der Hand, die
esagtem Lichtlein auch im stürmischsten Lauf ein Schutz sollte
ein auch vor dem geringsten Sug, daß es ja nicht erlösche, —
wei für — für — ach natürlich! zwei vor allem auch zur
Erspähung des Feindes, der wohlverdeckt und noch unauf-
efunden irgendwo auf dem Geißberg stand. O, dieser köstliche,
irummbeinige, augenverrenkende bleine Kanonier!
AUnd mit ihm war der abgestürzte Luftschiffer verewigt,
er gottverlassen irgendwo im Felde lag, der sich aber trotz
eines fürchterlichen Erlebnisses doch so heldenhaft schnell
u fassen verstand, um mit todernstem Gesicht zu melden:
dufijchiffbremjer sei er und Propellerachsenschmierer am
zeppelin zwölf, und abgesprungen sei er mit dem Fallschirm
us dreitausend Meter Höhe, wie der treue alte Kahn heidi-
egangen sei nach einem Volltreffer mitten in den gasgefüllten
Zauch. O, diese köstliche, böstliche Jugend!
And dazugelogen war auf dem Papier noch gar mancherlei,
vas nachmals bei den Lesern auch manches Lachen und
nanchen Husten erweckte. Es war dem Schreiberlein manches
janz ohne sein Sutun in die eilfertige Feder gelaufen, und
es war ihm, als seiĩ bei der ganzen Sache richtige Hexerei
ätig gewesen, wenn nicht gar teuflischer Spub.
Die seien auch gewiß ganz allein es gewesen, die seinen
fingern geheißen hätten, die zujammengefalteten BSlätter ein
Stündlein nachher hineinzuwerfen in den Briefkasten der
rößten Seitung in der Stadt. Es hätte ein armes Schreiber-
ein von sich aus das gewißlich niemals gewagt, und ein Höllen-
achen wäre die breite Gffnung mit den drahtenen Zähnen
em sicher gewesen, und zurückgeschaudert wäre es und davon⸗
elaufen wie ein ertappter Verbrecher.
Es hat am MWontag früh mit beinem Gedanken jein
Vagnis überdacht. Es ist heilfroh genug gewesen, daß der
Zrisisenmann ihm mit vielen schönen Worten die heile Brille
berreichte und damit ein wenig die Forderung nach zwei
veiteren Groschen versüßte, und wie's nach Hause bam, müde
ind abgeschrieben und aufgeregt von der Arbeit und dem
Hedanken an die neue große unerträgliche Schuld, da war