Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Heimat · SGchollen 
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst 
m 
Ar. 11/ 1026 
Erscheinungsweise 2mal monatlich. Sezugspreis 1,20 Mb. im Vierteljahr. Frũhere 
Jahrgãnge bönnen, soweit noch vorrãtig, vom Heimatschollen· Verlag nachbezogen werden 
6. Jahrgang 
Die Sauberbrille des alten Schreibers 
Don Otto Schweighöfeer. 
Es war einmal ein Schreibersbnechtlein, das hatte am Und wenn man vom Verlust der armen Kinder absah — 
Sonnabend mit einem brunnentiefen Seufzer die Feder zur ihm, dem Schreiberlein wäre bei aller Trauer das doch eine 
wohlverdienten Sonntagsruhe hingelegt und die treue Srille eichtige Erleichterung gewesen, ihm fehlte ja auch ohne Kinder 
daneben, die's sonst eigentlich als sehr wesentliches Stück chon die Butter zum Srote! — dann blieben nur noch die 
jeines Selbst zu allererst jorgsam in einer abgenutzten Leder- aar Schwären übrig. Als ob man die nicht auch schon 
icheide zu bergen pflegte. Jehabt hättel Einmal an die zweihundert in anderthalb Jahren, 
Es hatte dann sein vielfach bebleckstes Arbeitsbittelein ind bein mitleidiges Hündlein hatte sie mit der kühlen Sunge 
etwas unwirsch heruntergerissen; denn das Maännlein war jeleckt, noch viel weniger ein Arzt sie sorglich verbunden. 
herzlich verdrofssen, weil der Papierberg vor ihm nicht restlos Schreiben, schreiben, schreiben! — nein, das Hundeleben 
abgetragen war und nun als vielfach perwünschte Last mit um ein paar armselige Groschen war wirblich nicht mehr zu 
nach Hause wandern mußte. ertragen! Wenn nur der Teufel die ganze Schreiberei — — ! 
Es war dann mit einem neuen Seufzer in sein Straßen. Da stand das Schreibersknechtlein auf einmal mit asch⸗ 
gewändlein gefahren, das, von den Tintenspritzern abgesehen, ahlem Gosicht. Seine Brille lag ja auf der Erdel Mit 
mit dem an dem Kagel eng verwandt schien. Nut war's einem lauten Klatsch war sie auf die Diele gesflogen, und 
an den Ellenbogen noch nicht so bunstreich geflickt, aber sonst dabei waren richtig die beiden Gläser völlig zersplittert. Der 
war's nicht minder frei von seiner Wolle, und von xöstlicher daderer war zu unwirsch in sein Straßenwämslein hinein- 
Seide erst recht. Denn das Schreiberlein war arm wie Hiob. gefahren, als seien dessen blankgescheuerte Armel schuld an 
War noch viel ärmer als der Hiob, wie's, nicht gerade illem Anheil der Welt, und dabei hatte er selbst die treue 
zu seiner Erleichterung, sich manchmal selbst vorlamentierte Hehilsin ins Anglück gestoßen. 
Der Hiob hatte wenigstens einmal einen schönen Keich⸗ Oder hatte der Teufel die Hand — — 2 Wan ruft ihn 
tum sein eigen genannt, war ihm also in einem wichtigen 'och gemeinhin nicht ungestraft, den Teusel! 
Punbte schon ein gut Stück im voraus. Er bonnte sein Guft Wenn's doch nur bei einem Glas geblieben wäre! 
aljo noch manchmal wenigstens im Traume besitzen, wohin· ammerte der fassungslose Mann der Feder vor sich hin. 
gegen es nichts anderes sah als Papier und Federn und Papier. Dann hätten wir ins linke Kund fein jäuberlich ein Stücklein 
—A— Freunden noch Fensterglas eingesetzt, und der Welt und dem Heren Direktor 
schöne Keden führen, der Hiob, und hatte gewiß beinen hätte man auch dann noch genugsam vorjpiegeln Lönnen. man 
Serg unerledigter Papiere über Sonntag als Alpdruck in »etrachte alles aus zwei gesunden Augen. 
der Nacht auf sich egen, und bei Tag wären auch ihm die Das hat der Hiob auch nicht gehabt in seinem bißchen 
schönsten Sonntagsreden in lieber Gesellschaft vergangen. Flend, zeterte das aufgeregte Männlein fast wider Willen 
schon allein beim Anplick der aufdringlichen Dapiere. on neuem los. hat beine Srille gebraucht und ist darum auch
	        
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