Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Auf der Heimatwarte. 
Von der Landesuniversität. 
In Marburg wurde am 9. Mai in feĩerlicher Weise der 
Hrundstein zu dem Jubilaumsbunstinstitut gelegt. VOoraus 
ging am Abend vorher die Feier des fünfjährigen Bestehens dee 
Studentenheims, bei der Prof. Or. SchlinkDarmstadt einen Vor⸗ 
trag über das Arbeitsgebiet der Studentischen Wirtschaftshilfe und 
die Notwendigkeit ihres Fortbestehens hielt. Prof. Or. Hermelinb 
machte ergänzende Angaben über die Leistungen des Marburger 
Studentenheins. — Am Sonntagvormittag fand im Landgrafen 
hause die Jahresversammlung des Aniversitãätsbundes statt. Nach 
dem Geschäßstsbericht des Geheimrats Prof. Dr. Troeltsch beträgt 
die Miigliederzahl heute 29238. Neue Ortsgruppen entstanden in 
Forbach Meljungen und Hofgeismar. Um auch bei nichtabademischen 
Serufen das Interesse an der Landesuniversitãät zu fördern und 
sie als Mitglieder jũr den Anibersitãtsbund zu gewinnen, sind die 
Dortragsreihen Marburger Dozenten vermehrt. Der Festvortrag 
des Prof. Freiherrn von Soden — 
Arsprung christlicher Kunst·. Dann wurde die feierliche Grundstein 
legung des Jubilãumsinstituts vorgenommen, dessen Baubosten der 
Anpersitätsbund aus öfentlichen und privaten Spenden aufbringen 
viii. Sen BSauplaß am Lahnufer stellten die städtischen Korper · 
schaften Marburgs unentgeltlich zur Verfügung. 
Der Jubiläumsbau soll ein der ðCffentlichkeit zugãngliches 
Museum und ein Institut fũr wissenschaftliche Arbeiten umfassen. 
Das Museum wird die Gemäldegalerie, die Kupferstichsammlung, 
hie Sammlungen des Hessischen Geschichts- und des Altertums· 
bereins Marburg, die antißen Gipsabgüsse u. a. aufnehmen. Der 
Institutsbau wird das bunstgeschichtliche und archãologische Seminar, 
Peãhistorie, Theaterwissenschaft, die Sentralbibliothel jür Kunsi 
und Kunstgeschichte und die photographische Abtellung des Lunst 
geschichtlichen Seminars enthalten. Wohl ist der Grundstein zu 
dem großen Werbe gelegt, das bestimmt ist, ein Kulturzentrum 
des Heßenlandes zu werden. Doch fehlen an den vom Ausschuß 
aufzubringenden Baubosten noch 180 000 KmM, die es zu sammeln 
gilt. Die preußische Staatsregierung hat den Beschluß gefaßt, der 
hejsijchen Philippsuniversität zur Feier ihres vierhundertjährigen 
Sestehens (Ende Juli d. J.) als Jubilãumsgeschenk eine neue Klinib 
für Rasen-, Hals und Ghrenleiden zu bauen und einzurichten. 
ODechant Dr. Jestaedt 7. 
Am 9. Mai d. J. verschied in jeiner VDaterstadt Fulda der 
Dechant und Stadtpfarrer von Fritzlar De h. c. Wilhelm 
Jestaedt im 61. Jahre seines Lebens. Mit ihm ist ein für die 
Seschichte und Kunstgeschichte Fritzlars hochbedeutender Mann zu 
rũh dahingegangen. Seit 1904 wirbte er in Fritzlar, wo er neben 
einen treuerfũüllsen Amtspflichten noch Seit sand, sein bunsthisto 
eisches Wißsen in den Dienst dieser ältesten Hessenstadt zu stellen. 
Er eß die dem Verfall entgegengehende Kapelle vom Heiligen 
Geist erneuern, gründete das Didzesanmuseum und sah in der 
Viederherstellung des Domes St. Petri jeine Lebensaufgabe, die 
— ernannte ihn zum 
Papstlichen Geheimbãmmerer. Die Perjonlichbeit und das verdienst 
Folie Wirken des tatkräftigen Mannes wurden einer großeren 
Sffentlichkeit im vorigen Jahre bebannt. Dechant Jestaedt verfaßte 
die vortreffliche „Fesijchrijt zum 1200jährigen Sesiehen der Stadf 
Fritzlar 7241 -19240, half die Silder des historischen Festzuges ent 
werjen und gab in seiner Festrede ein rhetorisches Meisterwerb. 
Im Anschluß an dieje blassische Kede promovierte der Kebtor der 
Ambersität Marburg Prof. D. Bornhäuser den bescheidenen Mann 
zum Ehrendobtor. Die Stadt Fritzlar verlieh dem Hüter und 
Erhalter ihres Domes und seiner Kunstschãtze die Ehrenbũrger⸗ 
wede. Sald danach erbranbte De. Jesidedt schwer, juchte ver 
geblich Heilung im Sũden und behrte zum Sterben heim nach 
Fulda. Am 14. Mai wurde er in Frihlar uͤnter Teilnahme weitester 
Kreise der Bevölberung zu Grabe getragen. An den Bestattungs⸗ 
feieriichkeiten nahmen u. a. auch der Oberpräsident De. Schwander, 
der frühere KRegierungspräsident Springorum und der jetzige 
Kegierungspräsident Dr. Stolzel teil. 
Gedenbstätten. 
Zur bleibenden Erinnerung an die im Weltbriege gefallenen 
Sõhne Kurhessens wurde am Aueabhang an der „Schönen Aus— 
ucht“ zu Cassel eine würdige Gedäaächtnisstätte errichtet und 
am 9. Mai durch den Kurhessischen Kriegerbund geweiht. 
ZƷweiunddreißig Ehrentafeln verzeichnen die Namen der alten und 
der während des Krieges aufgestellten neuen Lurhessischen Truppen⸗ 
leile, die Sahl der gefallenen Offiziere und Mannjschaften und die 
SIdlachtjelder, auf denen sie ruhmboll kämpften und starben. Dic 
xinweihungsfeierlichkeit wurde von Musik und Männerchören er⸗ 
jfnet, denen Ansprachen des Geh. Konsistorialrats Dr. Trepte, 
es Kaplans Heim und des Landesrabbiners Or. Walter folgten. 
general d. Inf. g. D. von Hülsen, Ehrenvorsitzender des Kur⸗ 
vefsischen Kriegerbundes, weihte das Denkmal den Toten, die den 
ebenden die? Husführung ihres unerfüllten Vermächtnisses als 
oͤflicht auferlegen. Däs von Tausenden gejungene Deutschlandlied 
hejchloß die erhebende Gedenbfeier. 
Die Gemeinde Wernswig bei Homberg will die Erinnerung 
an ihre im Weltkrieg gefallenen Heldensöhne durch die Er⸗ 
ichtung eines Gedenksteines wachhalten. Su diejem Swecke wurde 
us dem Wernswiger Walde ein mächtiger Quarzitblock, den das 
dolb Das Federbeit“ genannt hat, im Naturzustand auf den Friedhof 
Jeschafft und mit einem eisernen Gitter umgeben, das die Namen 
her Gefallenen trägt. Die Weihe fand am 16. Mai statt. 
In Treyja wurde ein an der Wierder Landstraße gelegener 
Brunnen neu dgefaßt, in einer schlichten Feier unter dem Namen 
Koese⸗Brunnen“ geweiht und seiner Sestimmung übergeben. 
Dder verstorbene Rebtor Roeje hat sich als langjãhriger Vorsißender 
des Versjchönerungsvereins hohe Verdienste um dle Sladt Treysa 
erworben, sodaß es als eine Dankesschuld angesehen wurde, sein 
Sedächtnis im Namen seines Lieblingsbrunnens festzuhalten. 
Naturschutz. 
In Spangenberg wurden der große Stein in der Wiese 
des Siadiwaldes Glasebach, die alte Linde am Schloßbergweg 
Jegenũber dem Meierhoß, die Traueresche am Wãschebrunnen und 
die Eiche am oberen Kande des von Müldnerschen Gartens unter 
Naturschutz gestellt. 
Luftfahrt· Ausstellung in Cajssjel. 
Im Landesmuseum zu Cassel findet vom 16. Mai bls 6. Juni 
eine Luftfahrt-⸗Ausstellung statt, die weiten Volbsbreijen die Be⸗ 
deutung der Luftfahrt dartun soll. Der Luftverbehr dient Aus⸗ 
hildung und Sport, Keisje und Post, Forschung und Landesaufnahme, 
Nothilfe und Lehrmittein. Die NAusstellung will die bisherige Ent · 
vickiung und den gegenwärtigen Stand des deutschen Luftverbehrs 
en Sejuchern vor Augen führen und die Teilnahme des ganzen 
dolkes an den Erfolgen der deutschen Techniß im Luftraum wecken. 
die Erdffnung sand vor etwa 150 geladenen Gästen statt. Einer 
Segrũßungsansprache des Stadtrates a. D. Aecker und einer Er⸗ 
piderung des Sürgermeisters Brunner solgte ein Rundgang durch 
e Segelflug⸗, Motorflug⸗, Ballon⸗ und wissenschaftlich technische 
Abteilung. Veranstaltet wird die Luftfahrt Ausstellung vom Mittel⸗ 
deutichen Flugverband. 
Künstlerabende. 
Im Kathaussaale zu RKinteln fand am A. April ein gut 
ejuchter Brehm-Keinhardt⸗Abend statt, bei dem Lieder 
mserer Mitarbeiterin, der bebannten hejssischen Dichterin Helene 
Srehm, in seinempfundenen Vertonungen von Otto Keinhardt 
urch Solos und Chorgesänge zum Vortrag gebracht und ebenso wie 
die Kezitation einiger heiterer Kindergedichte und einer Legende 
nit starkem Beifall aufsgenommen, wurden. Der Komponist trat 
auch mit Vertonungen eigner Gedichte hervor. Seiden Künstlern 
vurden herzliche Ehrenbezeigungen entgegengebracht. 
Im Kunsthause Mejssing zu Cassel trat am 80. April d. J. 
Kichard Weissjer zum erstenmal mit eigenen Dichtungen vor das 
Fasseler Publium. Der Verfasser, der in vorzũglich geschulter 
doriragsweise zugleich der Vermiitler jeiner Werbe ist, bot Gedichte, 
ramasche Szenen aus seinen Heimaͤtfestspielen und Novellen, die 
inen starken Eindruck machten. Swei zum Vortrag gebrachte 
mgedruckte Novellen berechtigen zu größeren Erwartungen auf 
en Gebiet der Erzählungskunst. Die Darbietungen wurden von 
Zewbalterschen Vertonungen einiger Lieder Weissers, gesungen vom 
Kahseschen Mädchenchor, passend umrahmt. 
Kohlenbrenner“. 
In unsern Walddörfern ist das ehrsame Handwerb des Kohlen⸗ 
brennens nur noch in der Redensart „schwarz wie ein Kohlen⸗ 
brenner“ lebendig. Doch Lommen, wie die Tageoblätter berichten, 
zuch in diesem Sommer wieder einige Spessartköhler in die Kied⸗ 
zjeljchen Forsten bei Ludwigseck und in die Oberfõrsterei Neuen⸗ 
ein, um insgesamt 1300 Raummeter Buchenholz zu vermeilern. 
Vanderlustige werden also Gelegenheit haben, „das schwarze 
Sewerbe“ dus eigener Anschauung bennen zu lernen. 
Machdruck nur nach Abereinkunft mit dem Herausgeber gestattet. 
Herausgeber· Konead Bernecher. Deuck und Verlag: A. Bernecker, Melsungen 
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