war zwei Jahre jünger als ich, dann folgte noch ein Mädchen,
das auch Katrin hieß. Das alte Katrin war eine fleißige, arbeit.
same Frau, sie tagelohnte ũberall und hielt sich nebenbei eine Siege,
auch ein Schweinchen, vor allen Dingen aber Gänse; sie hatte
immer die schönsten Gänse em Ewerdorfe. „Mine GEänje liggen
d'n ganzen Täg em Ludenbach“, so hörte man das ahle Katriu oft
im Gespräch erzählen, „on wann or Adam us der Schule bam,
dann krächte hã en Stecke Brot en de Haand, on dann moßte hä
de Gänse hieten.“ D's ahle Katrin on sinne beiden Nachkömm.
inge könnte man zu denen zählen, die 's Bolwer net erfongen
hatten. Der Adam war jo en beßchen domm, aber er wär gut⸗
mütig. Ich habe ihn immer bewundert wegen seiner widerstands
jähigen Natur, wann mä Jungen em Winter schorrken un mä
gingen of d'n Dich oder of de Esse, dann schorrte ha mede, aber
barfuß. Im Sommer fühlte sich der Adam am wohlsten, wann
hä de Bicher en de Ecke schmissen bonnte on met sen Gänsen en
den hohlen Wääl oder an de ahle Stroße ziehen konnte. Hä
ott se oih mol do, wo's Gott und alle Welt verboten hatte, mit
dorliebe in anderer Leute Klee, on wann hä d's Oweds hejme
am on de Gänse hatten so rächt decke Kräpfe, dann freiten se
ech alle drei schon em stellen ewer die hebsche Ennaͤhme em
derwest. Wann so Mechelstäg herbie bam, dann bot das ahle
datrin schon hier on do mol son paar Gassengänse zum Oerbauf
in. So ham denn emo — es war so Maette Obtober 1814
er Weckeschnaller von Spangenberb an 'm Kathrin sem Hischen
erbi on sjed (sieht), wie es de Gänse mit Weihsenihren (Weißen-
hren) jettert. Er gibt sich mit Katein in den Handel wegen drei
zänsen, se hanneln henn on här, der Ruben well ähr zehn Markb
jeben. In seiner derben Ausdrucksweise spricht's Katrin: „Du
erdammter Jedde, wann du mä benne drei Taler gest, dann lorr
ich jã dã net“. — „Gott in Himmel, Katrin, mã senn min Läwe
jute Frinne gewähn, äs bemmet mäsnet drof an, ech geb dä auch
rei Taler“. Der Handel war abgeschlossen, und Katrin glaubte
vunder, wie gut es dabei weggekommen wäre. Brinb.
va⸗ 4 9
VDom Büuchertische der Heimat.
Albrecht Schaeffer, Die tanzenden Füße. Erzählung.
Keclams Aniversal⸗Bibliothet Nr. 6681/82. Geh. o.80 RM. geb.
.20 RM, Ganzleder 6.— RM.
Der Seele Josef Wontsorts fehlt die Empfangostelle für Ein—
drũcke des Unheimlichen und Grausigen. Auf Grund des pfycho—
logischen Gesetzes, daß der Seele ein maßloser Drang nach Ent⸗
faltung innewohnt, ist es sein Wunsch, zu empfinden, wie alle
empfinden, das Grauen zu empfinden, sich zu fürchten. So muß er
das Grausige, Verruchte, Gespenstische juchen, muß ihm nachjagen,
ohne jedoch ans Siel zu Lommen. Er erlebt „die uralte Verflucht
heit“ eines nordschottischen Landstriches mit einem geheimnis
amwitterten hochgetürmten Kastell auf ragendem Fels über tosender
Meeresflut. In diesem dũsteren Kastell wohnt, von uralter Ver
luchtheit belastet, eine Seele, deren Füße wandern und tanzen
nũssen, weil fie voreinst in warmem Menschenblut tanzten. Ser
ꝛwige Ansturm des Meeres auf das Land, sein Sorn und seine
Kraft strömen aus der unvergleichlichen Sildbraff und tönenden
Wortmusik des phantasiegewaltigen Dichters in die Seele des Lejsers.
Gustave Flaubert, Herodias. Erzählung. Keclams Uni-⸗
»ersal· Sibliothel Nr. 6640. Geh. o.0 KM,“ geb. 0.80 RM,
Sanzleder 5.2 RM.
Die Bergfeste Machaerus ũber der Gde des Toten Meeres,
Empfang des kömischen Probonsuls Vitellius durch den Tetrarchen
Antipas, der sich Herodias, seines Bruders Weib, genommen hat.
appige Schmausereien mit dem dumpfen AUnterton der dröhnenden
Bußrufe Jochangans, des im großen Sisternenschacht Gefangenen,
der berũckende Schleierktanz der Salome, des Tetrarchen sinnen⸗
ustheißes Locken und Versprechen, der im Henberamtergraute
Mannasi und zuletzt das aͤbgeschlagene, grauenhaft anzusehende
Haupt auf einer Schũssel vor der weinberauschten Gejelischaft —
as alles malt in brennenden Farben ein großer epischer Kũnstler
nit baum noch zu steigernder Eindringlichkeit und Kraft.
J. Offenbach, Orpheus in der Anterwelt. Vollstãndiges
Opernbuch. Unibersal⸗Bibliothek Ne. 6680. Geh. o.ao Rn
Das Textbuch der blassischen Operette „Orpheus“ verspottet
in der antiken Götterwelt Personen und Zuͤstände am Kaiserhof
des dritten Napoleon. Für Besucher der Oper und Hörer am
Kadio unentbehrlich. Eine ausfũhrliche Einleitung ist vorangestellt.
Catull, Gedichte. Aus dem Lateinischen ũbertragen von
Ed. Saenger. Anibersal⸗Sibliothek Ar. 6688. Geh. o.A0 RM.
Dieje in den Versmaßen des Originals ũbertragenen Gedichte
Latulls feiern Liebe, Freundjchaft und Lebensgenuß, bebklagen
Untreue, Enttãäuschungen und Schicksalsschlage und muten den
Lesjer ganz modern an. Man liest und lächelt uber die gewesenen
Wenschen des alten Rom und doch auch zugleich über sich seibst
und seine Seitgenossen.
Heimatjscholle, Lesebuch fur landliche Knaben · Fortbildungs⸗
hulen. Begarbeitet' von Oberregierungsrat Kellner uda. Dusgabe
ur Hessen· Cassel bearbeitet von Schulrat Mũtze. Oerlag Moritz
Diesterweg. Frankfurt a. M.
Die Auswahl ist nach drei sehr beachtenswerten Grundsätzen
getroffen: Keinerlei berufsbundliche Stücke rein belehrender Natur;
zur literarisch wertvolle Stoffe aus dem Interessenbreis des Schũlers;
derauswachsen des Fortbildungsschuliejebuches aus Heimat und
Landschaft. Die Auswahl ist als gut und glücklich zu bezeichnen.
Zu dem ersten Teil — Hejfische Heimat⸗ — habenu. a. auch die
iterarischen Veröffentlichimgen des Heimatschollen. Verlags reichüch
eigesteuert, mit dessen Seschrüt der Lesebuchtitel fast Jelchlautet
Ueben W. Speck, Bertelmann, Hel. Brehm, Otto und Olga
Stũckrath ( Stawitz) bommen in diesem Teil E. F. Werner, Joh.
h. Schwalm und K. A. Schimmelpfeng zu Wort. Der umfassendere
illgemeine Teil des Buches ordnet sich nach folgenden Gesichts-
unbten; „Lebensweg“ —,Deutsches Land und Volk“ — Deutsch⸗
um in der Fremde““ Wo man auch aufschlagen und lesen mag,
nan findet Menschen und Geschehnisse, die einen so leicht nicht
vieder loslassen. Wer die Probe darquf machen will, lese einmal
Kespekt vor den Mäüttern!“ von Storch, „Vor Gericht“ von
herm. Popert oder „Der AUnglũckssenn“ von Zahn. Es erübrigt
ich, weitere Namen zu nennen. Im Vergleich mit den seither ge—
»xrauchten Fortbildungsschullesebũchern ist das Buch als ein wesent⸗
icher Fortschritt auf dem Weg zum Besseren und Besten zu
egrũßen. R.
Kaspar David Jachtenfuchs. Bauernroman von Theodor
Meßtz. Verlegt bei Seemann 8 Eo. in Leipzig, 337 G.
Kaspar David Jachtenfuchs, das ist, wie sichs versteht, der
Name des Helden dieses nach ihm benannten Komans, und da
»er ausdrücklich als Bauernroman bezeichnet wird, ist Kaspar
david Jachtensfuchs natũrlich ein Bauer. Daß er im ũbrigen ein
ejsischer Bauer ist, steht zwar nirgends geschreieben, ergibt sich
ber auch ganz von selbst aus dem Silde, das in der Darstellung
es Erzählers den Schauplatz der Handlung abgibt, nicht zuletzi
ber auch aus dem Wesen der Menschen, die diesen Schauplaͤß
evõlbern und ihn durch ihre Schicksale nicht minder als durch seine
andschaftliche Eigenart dem Leser einprägen. K. D. Jachtenfuchs,
er wohlhabende Bauer, erlebt das typische Bauernschicksal, zu⸗
ãchst nämlich den Kampf des Hofherrn mit seinem Vater, dem
Auszüger, und dann den Kampf des Auszügers gegen den Hof⸗
errn, seinen Sohn, mit dem Unterschied, daß das Schickjal ihm
ie Not, die er jeinem Vater bereitet hat, doppelt und dreifäch
ergilt, wenn es ihn auch am Ende in Frieden sterben läßt. Um
ejes eine Leben herum bewegt sich in buntem Wechsel das der
örflichen Gemeinschaft, geschildert in einer ganzen Keihe unter—
chiedlicher Figuren, unter denen die des BSürgermeisters Jörg
n ihrer unfreiwilligen Komib wohl die deutlichst gezeichnete ist,
njonderheit um ihrer amtlichen Verlautbarung willen, die, wenn
ine öffentliche Behauptung zutrifft, den eigenen Reiz der Echtheit
esihen, wie denn dieser Bürgermeister Jorg tatsächlich existieren
ind die vorgesetzten Behörden mit jeinen Luriosen Schriftstũücken
pieblich jo amüsieren soll, wie es hier geschieht, wo außer den
Zeamten in der Kreisstadt nur die Schullehrer und einige ganz
hlaue Bauern das Humoristische seiner Eigenart recht zu genießen
pissen. Im übrigen ist das Buch zwar in einem Stil geschrieben,
»er den Verfasser als einen bis jetzt literarisch unbescholtenen
Nenschen erbennen läßt, zugleich aber auch als einen Mann, dem
as innere wie das äußere Leben des hessischen Bauern zu gut
ebannt ist, als daß ers etwa nicht wahrheitsecht, unverschminkt
ind eindrucksvoll zu formen wüßte. w. S.
Hessenland. Illustrierte Monatsblätter für Heimatforschung,
Zunst und Literatur, 88. Jahrg., Heft 4: Diestelmann, D.. Dae
noderne geistige Leben in Darmstadt; Mueller, Darmstadt ale
Zunststadt; StrauchBock, Karola, Das Tor der Unsterölichbeit,
kine Osterlegende; Brehm, Helene, Frũhlingssturm; Wiephen, O.,
Mänologischer Jahresbericht über das Beobachtungsjahr 10925;
Nüller, Chr. Jugenderinnerungen eines Casselaners; Struck, Dr.
ßustav, Friedrich FennelGedächtnisausstellung im Casseler Kunst-
»aus; Schleichert, Dr. H., Wilhelm Raabes Beéeziehungen zu
Lassel; Aus Heimat und Fremde.