den ihm Begegnenden mit den Worten: „Guten Morgen, Herr
Zorn.“ Die Wirkung ist verblũffend. 5. gerät in Sorn und Wut,
uchtelt erregt mit beiden Händen vor dem Gesicht meines Amts
jenossen und schreit ihn an: „Ich heiße Be.. und nicht Sorn.
Ich iaß' mer das net gefalle. Ich verklag Se.“ Schon erscheinen
n Turen und an Fenstern neugierige Gaffer. Man will sehen,
das der Sorn mit dem neuen Schullehrer vor hat. Da bommt
ehterem ein rettender Gedanke. Er will um jeden Preis eine
Sjene auf offener Straße vermeiden, zumal er noch ein Neuling
m Orte ist. Schnell entschlosen greijt er in die Tasche, zieht einen
Sroschen heraus, reicht ihn dem Sorn und, spricht: „Aber, Herr
75 ich hab ja gar nicht gewußt, daß Ihr so heißt. Da, trinkt
nen Schoppen auf mein Wohi, wir wollen gute Freunde bleiben.“
Wie bei der Meeresstillung die erregten Wogen sich legten, so
Natteten sich die Gesichtszüge Freund Sorns. Mit den Worten:
mNichts für ungut, Herr Kantor“, strebt er schleunigst dem nächsten
Dirlshaufse zu um den Groschen in Fusel anzulegen. Von da ab
Zeche Frielendorf: Eimerkettenbagger und Pumpwoerk
hat der Herr Kantor noch manchen ehrfurchtsvollen Gruß von Sorn
mpfangen. — Sorns Frau hieß in der Stadt allgemein das
Schnapsdortche“, weil sie wie ihe Mann dem Trunbe starb ergeben
var Arbeitsscheu waren sie beide, deshalb geriet im Alter das
Ehepaar in Rot. Als das Dortchen einst krank und bettlägerig
par nahmen sich die Honoratioren des Städtichens seiner an.
Freund Zorn mußte hin und her in den Häusern der Vornehmen
kissen jür das Vortchen holen. Als besorgter Ehemann ist er
er Meinung Kaiser Karls des Großen, der bebanntlich A
sein mit Fasten bebämpfte. Das Dorlchen soll nach S's. Meinung
—
imnterwegs alle Fleischbrocken aus der Krankensuppe heraus nach
dem Grundsatze: Selber essen macht fett. Aber Dorkchens zãhe
Natur ũüberwindet auch diese Hungerkur; sie kommt wieder auf
die Beine und nimmt ihre Kache. Ab und zu wird von beiden
zuch ein wenig gearbeitet, aber nach burzer Arbeitszeit muß Fusel
Jeholt werden, um neues GEl auf das Lebenslicht zu gießen.
Doͤrtchen holt den Labetrunk. Doch unterwegs ist die Versuchung
zu groß; sie nimmt einen starken Schluck aus dem Fläschchen. Da—
nit der Alte aber nichts merkt, wird aus dem Wasserkran nach⸗
gefüllt. Von Tag zu Tag wird's Dortchen kbühner, der Schluck
rößer und die Wassertause ausgiebiger. Sorn, der jschon längst
nitrauisch geworden ist, merkt endsich den Betrug, als er den
rsten Schluck die Gurgel hinunterjagt. Da packt ihn jein ganzer
zorn. Ein tüchtiger Stecken aus dem Reiserhaufen, den er für
sie Schule zerkleinern soll, und die scharfen Nägel VDortchens sind
F — Wahfen in dem ehelichen Drama, das sich jetzt
zntwickelte.
Der Selbstbinder.
In Boxdehoi war ein landwirtschaftliches Fest. Auch eine
derlojung wurde damit verbunden, und wochenlang vorher waren
ie Lose feilgeboten worden. Der Butterhänns aus Gersdorf
atte gleich zwei Lose genommen. Er jagte: „Man muß dem
ßzlück die Hand reichen“. Das Kreisblatt brachte endlich die
dummern, die gewonnen hatten. Da war, auch von den zwei
dosen des Butterhänns in Gersdorf eins dabei; 1016, ein Selbst⸗
inder. „Hurra, Glück muß der Mensch haben“, prahlte Hänns.
Phot. Cael Eigenbrod, Homberg
Am nächsten Tag borgte er sich von seinem Nachbar Kon (Konrad)
in Pferd; Butterhänns besaß deren nur eins, das die ganze
Voche in seiner bleinen Landwirtschaft arbeitete und am Freitag
en Weg in die nächsten Dörfer machen mußte, damit er
im Sonnabend auf dem Könlgsplat in Cassel seine Butter-
löße unter vielen guten und schlechten Wißtzen feilbieten bonnte.
heute barjãberle Butterhänns mit zweien auf, Boxrdehoi los.
Eins wirds nicht bannen“, meinte er, trat vor das Verlosungs-
omitee und wies sein Los vor. Die Herren nickten und meinten
erständnisinnig lächelnd: „1016, ein Selbstbinder, dort hängt der
38 Oie Dreitalers · Gãnse. Scw.
Anfangs der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
ekamen wir bebkanntlich die Sehner Währung im Geldwesen.
Zarolinen, Taler, Silbergroschen und Heller verschwanden all⸗
aãhlich aus dem Verbehr, und an deren Stelle traten Mark und
NRennig. Diese Übergangszeit wurde manchem recht schwer und
jt zu einem bedauerlichen Verhängnis.
So ging es auch einmal unserer altbekannten Päätz-Katrin.
Sie war Witwe und hatte einen Jungen, der hieß Adam und