Kulturgemeinschaften, und es wird vielleicht eine dankbare Auf-
gabe sein, der Ursache dieser Gemeinschaften nach geographisch-
volitischen und geschichtlich Lulturellen Urjachen nachzugehen.
Der Stoff selbst umfaßt sozusagen alle Gebiete menschlichen
Lebens und DVenkens. Naturgemäß nimmt die Fülle der Sprüche
ihren Ursprung vom Haujse selbst und zwar ursprünglich in religiöser
Form. Das Haus wird unter den Schuß und Segen Gottes gestellt,
häufig unter Verwendung von Bibelsprüchen. Besonders häufig ist
da der 127. Pfjalm, „Wo der Herr nicht das Haus bauet“ usw.
Andere Bibelsprüche, meist wörtlich zitiert, Lommen, sodann ihre
Abwandlung in Versen und Gejsangbuchliederstrophen. Manche
Gegenden, so der Kreis Hofgeismar und Waldeck, bevorzugen
die religiösen Sprüche, in andern treten sie zurück gegen die
Profansprũche. Manche Gegenden zeigen reiche Erfindungsgabe in
originellen und humorvollen Inschriften; andere beschränben sich
auf altũüberlieferte und allgemein gebräuchliche Sprũche.
Der Bitte um Gottes Schut schließt sich an der Dank gegen
ihn und Gottbertrauen, Sprüche, welche nicht nur das Haus,
sondern auch dessen Bewohner Gottes Segen anbefehlen; oft an—
knüpfend an die Türe des Hauses, welche ja bei den Häusern
sächsischer Bauart ein Hauptträger der Inschrift ist. Weitere
Sprũche wenden sich an die Vorũbergehenden (und die dastehenden
Gaffer); andere preisen das eigene Haus und den eigenen Stand
und Beruf. Die überwiegende Sahl derartiger Sprüche befaßt
sich natürlich mit dem Bauernstand, aber auch andere Stände
bommen vor, zunächst die Bauhandwerber, Simmerleute und
Waurer, aber auch Schmiede, Schuhmacher, Leinweber, Köche,
Kaufleute, Knechte, Taglöhner, Eisenbahner, Soldaten, Jäger,
Wirte und Gäste, Bierbrauer und Branntweinbrenner, Nachtwache,
Angemen, Handwerker ũberhaupt, Arme und Reiche, Tod und
Teufel.
Eine Gruppe für sich liefert das Mühlengewerbe in einer
Anzahl ursprünglicher Sprüche. Müller, Mahlgäste und Mühlen
betrefsend.
Aberaus groß und mannigfaltig sind dann die Sprüche, welche
sich mit Haß und Neid, dem lieben (d. h. bösen) Nachbarn, guten
und schlechten Freunden, unberufenen Kritibern befassen, auch hier
von dem Hauséè selbst ausgehend. Dann bildet die Bauveranlassung
ein umfangreiches Gebiet, angefangen von der bloßen Erwähnung,
meist in hergebrachter Formel, des Bauherrn und seiner Ehefrau
(in manchen Gegenden 3. S. bei Eschwege, wird sie auch Baufrau
genannt) und des Simmermeisters, bis zu einer manchmal ins
Einzelne gehenden Erwähnung von Bränden, nicht nur des eigenen
Hofes, sondern der ganzen Nachbarschaft oder des Ortes, oder
geschichtlicher Ereignijsse von Bedeutung; Chronogramme, Nach-
richten von der Freigebigkeit des Landesherrn, der die Mittel
zum Bauen gab, oder der Gemeinde; oder auch Nachrichten ũber
die Baubosten selbst und die herrschende Teuerung. Sehr weit
verbreitet sind dann die Klagen über das teure Bauen überhaupt,
ein Gegenstand, der in vielen Abwandlungen eines über ganz
Deutschland verbreiteten Spruches wiederbehrt.
Ist schon bei den einzelne Stände betreffenden Sprũchen oft
nur ein sehr lockerer Susammenhang mit dem Bau vorhanden, so
fehlt ein solcher ganz bei Sprüchen allgemein refleltierender philo⸗
ophischer Art, bei den Alke und Vexiersprüchen und den Kätseln.
Dieses Gebiet bringt dem Sammler manchmal besondere Über⸗
raschungen. Da stößt man manchmal auf uralte Spruchweisheit,
alte Volbsrätsel, Sprüche, die schon zu Luthers Seiten und im
ausgehenden Mittelalter bekannt waren. Auf diesem Gebiete zeigt
sich auch der meiste Humor, von welchem übrigens im allgemeinen
ãberall Proben zu finden sind, selbst in Gegenden wie Waldeck
ind dem Kreis Hofgeismar, die mehr ernste und viele religiöse
Sprüche bevorzugen. Prägt sich darin eine schwerere Lebensauf-
assung des sächsischen Volksstammes aus im Gegensatz zu der
eichten Beweͤglichkeit des Franken? Tatsächlich ist ein Unterschied
rsanz unverbennbar.
AUnter den philosophischen Sprüchen spielen die über die
zchlechtigkeit der Welt und die schlimmen Seiten eine große Rolle;
ann die, welche die Frage behandeln, was wohl das Beste in der
Velt sei und was sich einer gerne wünscht. Dabei kommt die
olde Weiblichbeit zu ihrem Kecht; ob es sich nun um ein Mädchen,
8 Jahre alt, oder ein böses altes Weib handelt, bei welchem
nanch boshafter VDergleich, etwa mit einer Swiebel, bei der man
veint, oder einem Esel und einer Nuß, die man schlagen muß,
orkommt. Eine gute Hausfrau wird gepriesen; Kinderlein, Pferde,
Zühe und Schafe, „gutgeratne Kinner und ein Stall voll Lämmer“
iehn in buntem Wechsel an uns vorüber.
Ein anderes Gebiet ist das der fremdsprachigen Inschriften.
2dateinische Inschriften sind nicht gar selten. Sehr verbreitet ist
as Soli Deo gloria, das oft die ergötzlichsten Entstellungen erleiden
nuß: Solo, Sola, dea, dei, die, usw., ja Solide okloria, und etle bora
att ora et labora. Im Kreis Hofgeismar trifft man öfters auf
xor statt Ehefrau und conductor für Bauherr. Gern wurden an
Zathäusern, Kirchen, Schulen lateinische Distichen angebracht,
nanchmal mit Chronogramm; auf dem Land tragen manchmal
Narrhäuser solche, an denen wohl früher einmal ein Pfarrherr
Vitz und Kunst geübt hat. Eigenartig sind die französijchen In—
hriften in einigen Kolonien der Hugenotten, 3. B. des Kreises
dofgeismar. Es zeigt sich, daß da mit der bodenständigen Bau—
oeije auch der Brauch der Haussprüche ũübernommen worden ist,
ind zwar so, daß etwa allgemein verbreitete Sprüche wie: „Allen,
ie mich bennen, gebe Gott, was sie mir gönnen“ und „Wo der
derr nicht das Haus bauet“ einfach übersetzt wurden.
Die Art, die Inschriften anzubringen, ist verschieden. In
einigen Gegenden, wie der von Marburg. hält der vom Weißbinder
ingemalte mit dem vom Simmermann eingehauenen Spruch im
dorkommen ziemlich die Wage, wenn er ihn nicht sogar an Sahl,
esjonders aus neuerer Seit, übertrifft. Andere Gegenden, wie
as jächsische Stammesgebiet, bennen so gut wie ausschließlich den
ingeschnittenen Spruch; in weiten Gebieten ist das Anmalen der
zprüũche, das frũher ũblich war, ganz außer der Ubung gelommen.
zn der Homberger Gegend sind in Stein gehauene Inschriften,
neist Baunachrichten, nicht sjelten, in anderen fehlen sie.
VOon großem Keiz ist es, die verschiedenen Abarten der Sprüche
u verfolgen. Falsche oder ungenaue Sitate, Umdichtungen, Er—
veiterungen, Oerbindungen mehrerer Sprüche lassen sich feststellen;
nan merbt zuweilen, daß das Gedächtnis zum Wiedergeben eines
rgendwo gelejenen Spruches versagte, was zu Weglassungen oder
igener Ergänzung führte.
Aber wie wenig vom alten Keichtum ist uns erhalten. Es
jt unverbennbar: Vieles, sehr vieles ist verschwunden, was noch
or wenigen Jahren vorhanden war. Oft wissen die Bewohner
noch aus dem Gedächtnis Sprüche, die früher angemalt oder ein—
Jehauen waren, besonders solche, die sich durch Originalität dem
dinn einprägten. Um so größer sei der Dank und die Anerbennung
ür alle die Helfer, die in oft müheboller Arbeit zujsammengetragen
aben, was noch zu finden war, die auch oft die Mühe sich nicht
erdrießen ließen, die Inschriften jorgfältig nachzuzeichnenl Möchten
ie für die Gebiete, die noch der Ergänzung bedürfen. noch recht
iele Nachfolger finden.
Die Sahl der bisher festgestellten Sprüche hat dreieinhalb
Taufend schon überichritfen.
Dom Pulsschlag der Heimat—
Schnurrpfeifereien.
Oie Wurzel steckte tief.
Hänns, in Dingsda hatte schon eine ganze Woche lang vieh⸗
mäßiĩge Sahnschmerzen, ganz hinten im linken Backen saß der
hohle „Ebel“. Er nahm Lalies und dann warmes Wasser dabei,
er bezelte (beizte) mit Branntwein und spie den nach einiger
Seit wieder aus, er ließ sich bei Dapps Eller brauchen. Dder
das half alles nur eine ganz Lurze Seit. an Schlafen nachts war
nicht zu denken, so daß Hänns fluchte und jagte: „Ich geh en die
Staadt, das Siejt muß rüus.“ So tat er denn auch. ver Sahn⸗
arzt war auch gleich bei der Hand und fragte: „Soll er schmerzios
gezogen werden oder so?“ „Was“, maulte Hänns, „wih dutt's
immer!“ „Also ohne Einspritzung“, entschied der Sahnaͤrzt. „Ja“,
brummte Hänns. AUnd so ging's denn ohne“ ios: die Siube“qui
uind ab, durch die Kammer, durch den Hausecern. Hänns tat
Krisch, als wenn er am Spieße steckte. Im schlimmsten Augen—
lich nahm der Sahndobktor eine Spänel (Stecknadel) und siach
hänns recht derb in den Körperteil, der unten am Räcken sitzt.
„Hubl“ ratsch, da lag der Unflat auf den Stubendielen. Hänus
eguckte ihn ganz verwundert, befühlte sein Hinterteil und meinte
ehr gedehnt: „Hon dämm senge Wazzeln äwwer tief gestäacht!“
Haben dem seine Wurzeln aber tief gesteckt!) Schw.
Das Ehrenamt.
Ein Handwerksmeister trifft auf einem Geschäftsgang den
deren Bürgermeister in der Wirtschaft des Ortes an. Nach dem
emeinschaftlichen Genuß mehrerer Kännchen und Schoppen und
ach Erledigung des Geschäftlichen fragt der Herr Bürgermeister:
Wie heißen Se dann met dem Vornamen?“ — „Henner.“ —
So. von jeßt an sprech cech Du un Henner. Prostl—“ Unser Hand-