Ernst und eindringlich klang das Gebet in das Brausen des Waldes.
Da horchs — was war das? Hundegebell und rufende Stimmen
aãherten sich rasch. Und zwischen den Bäumen hervor trat ein
stattlicher Jäger, sein Retter aus höchster Not. Der Kitter Georg
Vilheim v. Waͤllenstein war's, der hier gejagt und des Knaben
Sebet vernommen hatte. „Komm mit mirl“ sagte der Ritter, und
der Knabe fsolgte ihm frohgemut auf seine Burg, wo er bleiben
urfte. Baid erwarb er sich durch Geistesgaben, Fleiß und Wohl
etragen des Ritters Gunst in hohem Maße. Dieser erfüllte auch
einen Herzenswunsch und ließ ihn Pfarrer werden. Und mit
ernstem Fleiß erreichte er das schöne, hohe Siel.
Einmal wurde am Geburtstage des Burgherrn eine große
Jagd veranstaltet, zu der sogar der hohe Landesfürst erschien.
Nach der Jagd sammelten sich die Jäger nebst Gejolge auf
ener HSöhe die des verirrten Knaben Todesangst gesehen hatte.
Erinnerungen zogen durch die Seele des jungen Gottesgeleheten.
Und von cinem schnellen Entschluß getrieben, trat er auf den
Hũgel inmitten der Jagdgesellschasft und hielt ũber das Wort:
Zeige mir, Herr, delnen Wegl“ eine ergreifende Predigt, in der
er auch des Vanbes gegen jeinen Wohltäter nicht vergaß. Dem
Landesherrn gefiel die Peedigt so wohl, daß er dem iungen Pfarrer
ꝛine der besten Pfarr⸗
tellen seines Landes
jab. Die Stelle aber,
in der ein Altar aus
KRasen und eine Kan⸗
zel errichtet wurden,
eißt seitdem der Pre⸗
digerstuhl. Und auf
den sechs Waldwegen,
—X
tiegen an schonen
Sommertagen noch oft
die Bewohner der um⸗
liegenden Dörfer her⸗
auf, um im grüunen
Dom des Waldes die
wrewige Weisheit zu
yören, die schon auf
den Bergen Galiläas
eeblungen war. —
VDom Prediger⸗
tuhl wenden wir uns
auf stark abwärts
ũhrenden Waldwegen
nach Nordwesten und
ehen bald auf das
Dorf Appenfeld hin⸗
ab, das sich an der
Stelle, wo die Efze
den Hergetsbach auf-
nimmt, ins Efzetal
chmiegt. Es erscheint fast als Kuriosum, daß der kleine Ort
eigentlich zweĩ Dörfer, d. h. zweĩ politische Gemeinwesen, darstellt;
ꝛechts der Efze liegt Nieder⸗, links Oberappenfeld. Das VDorf tritt
jchon 1250 als Appenfeld auf. Es wird dem Lobalpatriotismus
der Appenfelder (und Schwarzenbörner) schmeicheln, zu erfahren,
aß sie zu den glücklichen Orten gehören, in denen Ahnen Goethes
ebten, wie den Ausführungen Willi Beils Goethes Beziehungen zu
Hessen“ (Kasseler Post Nr. 31, 404. Jahrg.) zu entnehmen ist. Goethes
Sroßvater, der Stadt- und Gexrichtsschuitheiß Johann Wolfgang
Textor. hafte Anna Margaretha Lindheimer aus Wetzlar geheiratet.
Die Ahnen ihrer vãterlichen Großmutter weisen in drei Generationen
zach Schwarzenborn und in zwei nach Appenfeld bei Homberg i. H.
Die Mutter der A. M. Lindheimer (aljo Goethes Argroßmutter
nũtterlicherseits) stammte aus Marburg; ihre Vorfahren waren in
Vetzlar, Marburg, Gießen, Cassel, Appenfeld, Schwarzenborn,
Kirchhain, Amöneburg, Hersfeld u. a. O. ansössig.
Talaufwärts, verdeckt vom Eschenberg und den umliegenden
hõhen, liegt die Stadt Schwarzenborn, ehemals zur Grafschaft
ziegenhain gehörig und heute noch im Hessenlande durch die
zchwarzenbörner Streiche genugsam bebannt.
Von der Hohe ũber Appenseld schweift der Slick das grũne
deimattal hinauf und hinab. Lenzesahnung liegt in der Luft.
dsterhoffnung keimt verborgen. Da blingt ein Auferstehungswort
es Dichters, desjsen Ahnen in diesem Dörfchen als Bauern oder
Valdarbeiter lebten und starben, wie aus der Tiefe vergangener
zeiten auf und beschließt den Wandertag mit holdem Wohllaut:
Im Tale grũnet Hoffnungsglück.“
Heimatsforschung.
In den Heimat ˖Schollen 1925, Ne. 2 (Wũste Ortschaften und
flurnamen) erwähnte ich das im Erscheinen begriffene Historische
detslexitkon für Kurhejsen von Heinrich Keimer (Oerlag
zẽlwert, Marburg a. Lahn). Seit Januar 1026 liegt das fertige Buch
or, das gebunden etwa 35. — RM. kostet. Wenn es mir nachginge,
vũrden sämtliche Bürgermeister aufgefordert, das Werk für die
zchule anzuschaffen. So wichtig erscheint es mir. Ich habe mir die
kleine Muͤhe gemacht,
alle Ortsnamen —
jelbstverstãndlich vor
allem die der im Laufe
des 14. und 15. Jahrh.
eingegangenen — aus
der Nähe meiner Hei⸗
mat herauszuschreiben,
und nun sitze ich, wenn
ich nichts anderes zu
tun habe, vor diesen
Notizen sowie einigen
Moßtischblättern der
Umgegend (in Erman-
gelung von Flurna⸗
mensammlungen) und
stelle meine Beobach⸗
tungen an. So liest
man 3. B. bei Keimer,
Seite 169: „Geudel⸗
bach. wũst im Amt
Spangenberg ö. Eu⸗
bach. Besitz zu Goi⸗
delbach war 1316
hejsijsch. Lehen der
b. Rotenburg (Ke
vers). Godelbach 1382
(A. A. Heydau). Die
— gehoörte 1540
dem Landgrafen und
wurde von Altmorschen
ind Heinebach bearbeitet (Spangenb. Salbuch).“ Geudelbach erscheint
iuf dem Meßtischbiatt 2850 (Altmorschen) als Geidelbach und zwar
is Rame eines Sachleins, das nördlich und westlich von Heinebach
ließt. Nordwestlich von Heinebach und dltlich Altmorschen liegt
icht am Geidelbach eine Höhe, der Kirchberg genannt. Dagß hier
as Dorf gleichen Namens lag — das alte Goldelbach — ist mir
einen Augenblick zweifelhaft. Dabei möchte ich allerdings nicht
merwãhnt iassen, daß die Festlegung eines Ortes in den seltensten
fallen so einjach wie in dem angeführten Beijpiel ist. ⸗
Wer von den Lesern dieser Zeitschrift Winke für die Heimat-
orjchung sucht, sei auf folgende Schristen aufmerksam gemacht:
defer Ingwersen, Wie verfasse ich die Geschichte meiner
deimat? Verlag Hirt, Breslau o22. M. Walter, Kleiner
zuhrer jũr Heimatsorscher, Verlag J. Boltze, Karlsruhe i. Saden
23. Arthür Hübner, Die Mundart der Heimat. Verlag Hirt,
Breslau 1925. —X
Stimmen der Scholle. Lieder eines Bauersmanns õ Von Heinrich Horst.
Das erste Lerchenlied. Die schwarze Krähe.
Noch schläft das Korn, noch träumt das Feld Ihr erstes Lied, ein Jeuhlingolied Seh' oft eine nachtschwarze Krähe;
Im wintergrauen Duft. Im wintergrauen Duft. Und jei es die schwärzeste immer,
Fin Sonnenhauch bũßt wach die Welt, Dann Stille ihre Kreijse zieht, Hebt sie sich in Sonnennãhe,
Ein leijes Raunen ruft. Nur leises Kaunen ruft. Herblärt sie ein silberner Schimmer.
Und eine erste Lerche strebt der ersten Lerche Frühlingslied, At rũhrt sich ein trũber Gedanke,
Mit frohem Schwung empor, Seiĩ still, wie war es nur? — — Vill dir die Seele verdunbeln:
Die Freude zag verhaltend, jchwebt jungseliges Erinnern blũht Lenb' sonnwärts sein wirres Geranbe.
Ihr erstes Lied hervor. Und Hoffen auf der Flur. So wird es im Sichte funkbeln!
Hofphotograph Eberth, Cassel