Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Auf der Heimatwarte. 
VOorträge im Hejssischen Geschichtsverein. 
Im Hessischen Geschichtsverein hielt Solldirektor g. D. 
WVoringer einen Vortrag ũüber das hessijsche Offizierkorps 
in Nordamerika während der Jahre 1116 -1183. Der 
Vortrag stũtzte sich auf zahlreiche ũüberlieferte Tagebũcher der Feld⸗ 
zugsteiinehmer. Merkwurdig mutet ein Erlebnis der waldeckischen 
Truppen an, die in einem Indianerhäuptling einen waschechten 
Weldecker feststellten, der von den Indianern gefangen genommen 
var und als Häuptling den Namen , Kleine Flamme“ führte. Es 
z ain waldeckischer Soldat namens Konrad Brandenstein ge 
wejen sjein. — 
Am nãchsten Unterhaltungsabend sprach Ober-Telegraphen 
Inspektor Siegel über die Einführung der allgemeinen 
Weéhrpflicht in Hessen und Dr. Hallo über zwei wichtige 
Funde zur Baugeschichte Kassels, die den frühesten Ent- 
purf des Niederländers Roman zum Schloßbau in Wilhelmotal 
und den Entwurf Simon Louis du Rys für die Erneuerung des 
Hollãndischen Tor⸗Viertels betreffen. 
Tagung der Geschichts und Altertumsvereine. 
—XRIX 
indende Tagung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts und 
Altertumsvereine ist jetzt in gropen Sũgen fesigelegt worden. Die 
Fagung soll am 9. September 1029 beginnen. Der erste Tag 
jst jũr die Beratungen des Deutschen Archiptages vorgesehen, 
zie folgenden Tage werden die offentliche Hauptsihung des Gesjamt⸗ 
yereins und die Sitzungen der Abteilungen bringen, am 183. Sep⸗ 
ember wird die Tagung mit einem Ausflug nach Kloster Arns 
hurg, Mũnzenberg, Friedberg und Nauheim schließen. Eine außer⸗ 
zewöhnlich große Sahl von Vorträgen zur hessischen Geschichte 
sst für die Tagung vorgesjehen, u. a. werden Landesbibliotheks- 
direttor De. Hopf ũüber die Beziehungen Hessens zum Reich seit 
der Reformation und Archipdirektor Huyskbens Aachen über die 
heilige Elisabeth sprechen. Weitere Vorträge sind vorgesehen 
iber das Marburger Religionsgespräch, ũber die Kunstgeschichte 
Marburgs, über vorgeschichtliche Straßenforschung und Aus- 
jrabungen, hessijsche Flurnamen, Siedelungsgeschichte usw. 
Die Bodenbenutzung in HoessenMajsjau. 
Nach allgemeinen Bodenbenutßzungsaufnahmen im Sommer 
19271 sind von der deutschen Keichofläche 62,88 Prozent in land⸗ 
pirtjchaftliche Nutzung genommen, weitere 21,2 Prozent werden 
mit Forstungen und e— bedeckt, der Kest von 10 Prozent 
herteilt sich auf Haus- und Hofräume, Gdland, Steaßen, Wasser⸗ 
lãchen ujw. In HessenMassau weicht das Verteilungsverhältnis 
aicht unwesentlich von den Reichsziffern ab, da nur 54 Prozent 
zur landwietschaftlichen Nutzfläche gerechnet werden bönnen, in. 
bessen der Wald 40o Prozent bedeckt und alle übrigen Flächen 
zinjchließlich der Gewässer nur rund 6 Prozent umfassen. In 
leinem Land und in beiner Provinz ist der Anteil des landwirt- 
chaftlichen Nutzlandes so gering wie in HessenNassau, wo überdies 
noch das eigentliche Ackerland nur 314,8 Prozent (Keich: A4 Prozent) 
der Gejsamtfläche ausmacht. Auf der anderen Seite glbt es 
viederum bein Land und beine Propinz, in der ein so großer Anteil 
der Forsten und Holzungen wie in HessenMassau festzustellen wäre. 
Funde aus alter Seit. 
Am Auftrage des Denkmalspflegers jũr Oberhessen, Professor 
helmbe· Gießen, wurde im Heckenwald bei Hungen ein Hugelgrab 
jeöffnet. An der Fundstelle, die als ein Brandgrab ermittelt 
vurde, fanden sich Knochenreste ohne Asche und eine Urne. Die 
Bestimmung ergab, daß das Grab aus der Seit von 120 bis 1000 
»vor Christi Geburt stammt, mithin ũber drei Jahrtausende alt ist. — 
Im Landkreis Hanau ist man bei den Erdarbeiten am Kreis- 
Sruppenwasserwerk auf interesjante Dokumente längst vergangener 
Zeiten gestoßen. So hat man bei den Ausschachtungen in der 
Nähe von Marbõbel eine vollstãndige mittelalterliche Töpferei frei⸗ 
gelegt. Diese Topferei besteht aus einem viereckigen Erdloch, 
dessen lehmhaltige Wände duech das Töpferfeuer hartgebrannt sind 
ind eine Art Glasur aufweisen. Einige der gefundenen Töpfe 
nd noch völlig erhalten. An einer anderen Stelle bei Markbobel 
tleß man auf Keste romischer Glasschalen von besonders hübschen 
zormen. Auch ein mit einem rõmischen Legionärstempel versehenes 
hufeisen ist gefunden worden. Mit besonderem Interesse ist das 
Auffinden einer großen mächtigen Mauer von festungsartigem 
Charabter bei Bruchköbel aufgenommen worden. Sie ist in einer 
Länge von etwa 30 Metern festgestellt worden, doch bonnte die 
gejamte Länge nicht ermittelt werden, da an jener Stelle die 
Hrabungen für das Wassjerwerk abzweigten. Die Funde sind, so— 
weit sie geborgen werden bonnten, dem Museum des Hanauer 
Heschichtsbereins ũüberwiesen worden. — 
Bei den in einer Dorfstraße in Höchst bei Gelnhausen vor⸗ 
senommenen Kanalisationsarbeitfen wurde eine Anzahl alter 
Näünzen ausgegraben. Es handelt sich hierbei um alte bayerische 
dandesmünzen aus den Jahren 1801 und 1818, als Höchst noch 
u Bayeern gehörte. A. a. ist noch ein guterhaltener Silberthaler 
on Koönig Max Josef von Bayern mit der Jahreszahl 1813 ge— 
unden worden. Leider ist das älteste Stück aus dem Jahre 1730 
twas abgeschliffen, sodaß man nicht mehr genau feststellen kann, 
vas es für eine Landesmũnze ist. 
Kleine Chronik. 
Anter Naturdenkmalschutz gestellt wurden in der Gemarlung 
⸗ooden (Werra) die Baumgruppe auf dem Festplatz auf der Wahl, die 
dinde an der Wahl bei der Schmiede, die Eiche in der Mitte 
es Aufgangsweges zum Hessenrod, die Buche am Westerburgweg 
vestlich der Kirche, die Linde am Treppenaufstieg zur Dilla Renner 
moͤ die Buche am Schnittpunkt des Westerburg- und bleinen Hain⸗ 
peges, alle im Eigentum der Gemeinde Sooden; in der Gemarkung 
ind im Eigentum der Gemeinde Allendorf die Lindenbäume am 
Zalzersbrunnen. — 
Der über 500 Jahre alte Druselturm in Kajssel, der unter 
dandgraf Ludwig dem Friedsamen 1415 als Verteidigungswerk er⸗ 
ichtet und später als Gejãngnis für Schwerverbrecher benutzt wurde, 
oll als Transformatorenstation eingerichtet werden. Damit wird das 
oertvolle Baudenkmal einem neuen Swecke dienstbar gemacht, ohne 
aß sjein ãußerer Sustand unter diesem Verwendungszwecke leidet. — 
Am 21. November verschied in Heiligenstadt Geh. Med.Kat 
dr. Wilhelm Koppen, der im vorigen Jahre sein s0ojähriges 
Dobtorjubilaum begehen konnte. Koppen wurde am 24. August 
834 zu Walburg in Hessen geboren, erhielt 18583 zu Hersfeld 
as Seugnis der Reife, promovierte in Marburg zum Dobtor der 
Medizin und ließ sich in Allendorf-Sooden als praktischer Arzt 
ieder. Später erhielt er die Stellung als „Kreisphysikus“ in 
deiligenstadt. Dieses Amt verwaltete er bis 1900. Große Ver⸗ 
ienste hat sich Or. Koppen um die Fortschritte der medizinischen 
Vissenschaft erworben. — 
Am 171. November starb Wanfrieds ältester Bürger, der 
)eipvatmann Karl Krapf, im 02. Lebensjahre. Der Dahin- 
eschiedene entstammte einer sehr alten hessischen Pfarrerfamilie. 
zeiner Dienstzeit hat er noch bei den dunkelblauen Grebensteiner 
husaren im 2. kurhessischen Husarenregiment unter Rittmeister 
Heßberg genũgt. Von Beruf Landwirt, war der Verstorbene 
ange Jahre hindurch Besitzer von Kittergut Heldra. Mit ihm ijt 
in berniger Hesse von altem Schrot und Korn dahingegangen. — 
In einer zahlreich bejuchten DRersammlung in Marburg, die 
m Stadtverordnetensihungssaal unter dem Vorsitz von Oberbũrger⸗ 
neister Mũller zusammentrat, wurde die Gründung einer Béezirbks- 
ruppe Kreis Marburg des Vereins für Heimatschutz Kurhessen 
eschlossen. Es wurde ein vorläufiger Ausschuß gewählt, der sich 
* wuus des Vorstandes, Ausstellung der Satzung ujw. 
efaßjen joll. — 
Der Hessische Gebirgsverein veranstaltet wie alljährlich am 
zonntag, den 30. Dezember, nachmittags A/2 Uhr auf dem „Hohen 
hras“ eine Weihnachtofeier. Sur Hin- und Räckfahrt werden 
VDagen der Herkulesbahn bereit gehaiten. Infolge der begrenzten 
Zaumverhältnijje bönnen nur 120 Personen zugelassen werden. 
ẽinzeichnungsliste liegt vom 117. Deʒzember ab bei Herrn Seebrecht., 
rönigsplatz 42, auf. — 
Sum Besten der Anlagen auf dem Hohen Gras will der 
dessische Gebirgsverein, Oefsgruppe Kassel, am 12. Januar in 
ãmilichen Sälen der Staͤdthalle ein großes Kostümfest veranstalten. 
die schönsten Kostüme werden prämiiert. Um jedermann ohne 
roße Kosten die Teilnahme zu ermöglichen, wird jedoch Lein 
dostũmzwang ausgeübt. Für Musik, Tanz und viele andere Be— 
astigungen ist, wie immer, reichlich gesorgt. Hoffentlich kommt 
em Hohen Gras aus der Veranstaltung recht viel zugute. — 
Ser Knällgebirgsverein feiert wie alljährlich das Felt der 
vintersonnenwende am 22. Dezember auf dem Knuͤllbopfchen. Treff- 
unkt ist die neue Jugend und Wanderherberge, von wo um 171/2 Ahr 
emeinjamer Abmarsch erfolgt. Um 18 Uhr wird unter gemeinsamen 
diedern und einer Ansprache von Wilhelm Neuhaus (Herofeld) der 
holʒzstoß entzũndet. Eine Nachfeier findet bei dem Knũllwirt Lieber- 
aann siatt, der bei Voranmeldung auch für Derpflegung und Nacht- 
uartier sorgt. 
Ta⸗ euch nach Abereinbunft mit dem Herausgeber gestattet. 
—— 2— und —o— Meljungen.
	        
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