Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

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Wahrhafftig Historie und Beschreibung ... der Neuen Welt 
Ameriba“ und schenkte ein Werk von bedeutendem Wert; der 
hochgebildete Domherr, ein Meister des Stils, hat, so sehr er sonss 
die Drucker schätzte, keine Seile drucken lassen, und wir wüßten 
nicht gerade viel von ihm, hätten nicht seine Freunde und Schüler 
dafũr gesorgt, daß sein Leben, seine Taten und Meinungen unver. 
gessen blieben. Besonders dankbar müssen wir Heinrich Urban und 
Fyehen Kamerarius sein, die Sriefe Konrad Muths sammelten); 
ie sind die beste und reichhaltigste Quelle unserer Kenntnis dieses 
bedeutenden Sohnes der hessijschen Scholle. 
Nach gelegentlichen Bemerbungen in diesen Briefen ward er 
zu Homberg am 15. Obtober 1470 oder 1411 geboren. Seine 
Eltern waren Johann Muth und Anna geb. von Kreeußburg. 
Nach seinen eigenen Worten war der Vater ein freundcher und 
ehrenhafter Mann, beliebt bei den Mitbüͤrgern. erster Ratsherr 
und Seschũher der Armen“. Es wird derselde Johann Muth sein, 
der 1456 mit Heinrich Kückersfeld Bürgermeister war y und für 
14601 als Provisor des Hospitals zum Heiligen Geist nachgewiejen 
ist, er starb vor 1486, die Mutter vor 1500 
Konrad hatte zwei ältere Brüder namens Johannes. Der 
erste Johannes muß ihm reichlich an Jahren voraus gewesen sein 
und koͤnnte gut derselbe Johannes Mulh sein, der im Winter 1364 
und im Sommer 1468 auf der Anivbersilãt Leipzigꝰ) erscheint. Er 
vard Geistlicher und ist als 
Oerwalter des Mainzer Hofes 
zu Erfurt entweder 1394, 1405 
oder 1503 gestorben. Ver 
ungere Johannes hat 1495 in 
Erfurt den Grad eines Dobtors 
beider Kechte erworben, ijst in 
den Dientt des Landgrafen 
Wilhelm U. von Hessen ge— 
lreten, hat 1500 bei der Er— 
richtung des Hofgerichts zu 
Marburg geholfen und ist 1504 
als Kandzler gestorben. Er hinter. 
ieß eine Tochter Margaͤrethe— 
diese heiratete Jakob Sreil. 
zũck, genannt Plaio, aus Mar- 
burg. Bis 1553 erscheint in den 
Laßeler Stadt Kechnungen?) 
zine Ausgabe von 20 si. an 
ihn und seine Hausfrau, VBobtor 
Muths Tochter. Im Jahre 
1538 wohnte er in Homberg, 
wie sich aus einem Briefe des 
oban Hessus an den Hom · 
erger Pfarrer Leonhard Cris— 
pinus ergibt, worin dieser ge⸗ 
beten wied, „Breitruccum, virum 
onum et compotorem hilarem valde et suavem“ 5) zu grũßen. 
Konrad Muth, der lehte männliche Nachkomme dieses alten 
Somberger Ratsherrengeschlechtes, ist nach dem damaligen Ge⸗ 
rauche jehr frũh zur Schule gejchickt worden. Die Studienanstalt 
des Alexanders Hegius zu Deventer ist die, der er am meisten 
verdankte; bon 1418 etwa bis 1486 hat er ihr angehört. Er isi 
vermutlich jener Conradus Fuerßlarie, natione Hasso, den Joh. But- 
bach unter den ehemaligen Schülern aufführt und als klaren Kopf. 
sleißigen Menschen, flotten Keimer und gewandten Stilisten rühmt, 
der neben anderem ein Bachlein Lieder verschiedenen Inhalts 
und ein Buch Fabein vom Hahn schriebꝰ). Sein besonderer Lehrer 
war der Wejffale Heinrich Amerofort, ein anerkannt tũchliger 
Gräzist, einer seiner Mitschũler der später von ihm so jehr berehete 
Desiderius Eradmus von Kotterdam 
VDon Ostern 1486 an studierte er in Erfurt, wo er zusjammen 
ga seinem 3weiten Bruder Johannes eingeschrieben ward (viei. 
eicht ist der mit ihnen gleichsalis zu Ehreg des Grafen Wilhelm 
bon Honstein gebũhrenfrei aufgenommene dominus Johannes Burs. 
eldt der alteste der drei Srũder). 1088 errang er das Sabbalaureat. 
492 die Magisterwürde, 1494 schied er nach viersemestrigem Rechts 
tudium und Liner erfolgreichen, glanzvollen Lehrkätigkeit in der 
Artistenjakultat von diejer Hochschule 
HOVon 1405 bis 1502 weilte er in Italien und trieb juristische, 
heologische und philojophische Studien, vornehmlich in Bologna, 
hejuchte Rom, Florenz, Mailand, Mantua, Venedig, Padua, erhielt 
n Ferrara iuris pontificu titulim und ward Doctor decretorum. 
Sein Brief vom J. Juni 1502 aus Bologna, der erste erhaltene 
und der erste Beleg der latmisierten Namensform Mutianus, ist 
das leßte Seichen seines Aufenthaltes in Italien. 
In der Heimat hätte er es bei seinem Bildungsgrade und 
einen Verbindungen bald zu einem angesehenen Amte bringen 
õnnen. Sein Bruder Kanzler suchte ihm die Bahn zu ebnen; 
iber er war anders geartet als die beiden Johannes. Seinem 
Freund Urbanus bebennt er einmal): „Diese haben Fürsten und 
er Kirche, dem Ruhm und Reichtum gedient und bei Üngelehrten 
ꝛinen großen Namen erworben; sie sind deshalb nicht zu tadeln, 
ondern vielmehr zu loben, weil der eine seinen Kindern Ehre 
ind Kuhm erwerben, der andere sich und uͤns nützen und beide 
das Geschlecht der Muths erheben wollten. So bin ich nicht ge— 
onnen ... Ich suche nicht die Anerkennung der Masse, ich bin 
nit Wenigem zufrieden ... Mein Leben findet Genũge in der 
reigewãhlten Hingabe an Gott und die Wissenschaft. Ich be— 
—E— 
Erforschung des gesamten Altertums.“ Drum nahm er 
urz entschlossen jeinen Abschied; „Lebt wohl, ihr Sorgen!“ soll 
ꝑr g die Tür seiner Amtsstube in der hessischen Kanzlei geschrieben 
aben. 
Er ward Geistlicher, Dom- 
herr am Marienstift zu Gotha; 
ein Brief vom J1. Obtober 1503 
an Melanchthons bebannten 
Oheim Johann Keuchlin ist das 
eeste Seugnis jeiner Anwesen- 
heit in Gotha und seines Bei— 
namens Rusus (Rothaar). Wäh⸗ 
eend zweĩier Jahrzehnte hat er, 
Us hochgelehrter Kenner in ganz 
Deutschland anerbannt, von sjeiner 
„Beata Tranquillitas“ aus, einen 
zroßen Einfluß ausgeũbt, und zwar 
allein durch seine Personlichkeit. 
Nur Gespräche und Briefe waren 
die Mittel, deren er sich bediente, 
dem neuen Evangelium der 
BSildung, dem Humanismus, An- 
hänger und Geltung zu ver— 
schaffen. Keuchlin und Erasmus 
ũberließ er es gerne, die Ur⸗ 
guellen aus der Verschüttung zu 
graben; er freute sich des frisch- 
zuicken Borns und kredenzte in 
iauniger Tafelrunde den Trunb. 
Sie waren für ganz Deutschland 
die Bannerträger, Mutian warb 
in seinem Bereich, vornehmlich in Erfurt, ein Faͤhniein und schulte 
and begeisterte jeine Schar. Und als die Kölner Dominikaner 
en greisen Reuchlin verbetzerten, weil er das hebräische Schrift- 
um gegen die zelotisch geschwungene Brandfackel des getauften 
Juden Pfefferkorn in Schutz nahm, da fuhr aus seinem Kreije der 
Blitz, der die Feinde der freien wissenschaftlichen Forschung nieder⸗ 
eilte — die sog. Dunkelmännerbriefe. 
Die gröbste Arbeit war getan; Mutian beschränkte sich ganz 
iuf seine „Selige Gelassenheit“, wo er mitunter den König der 
Eefurter Humanisten, seinen Schüler Eoban Hessus, und dessen 
hefolge bei sich jah. Das waren geruhsame, erquickliche Jahre für 
hn; aber was folgte, warf ihn aus allen Himmeln. Gewiß, 1519 
uind 1520 brachten den vollen Sieg in Erfurt, drei seiner 
Jünger, darunter der Melsunger Ludwig Platz, verwalteten das 
Febtorat; doch die Einheit im Humanismus war nicht so glänzend, 
vie sie die hereliche Wappentafel des Crotus vortäuschte. Wie hier 
m Bilde Mutian (rechts unten) Luther (links oben) entgegen⸗ 
esetzt ist, jo war es wirblich. Als Luther mehr wurde ais ein 
)umanist, als er der religiöse Keformator wurde, zerbrach die künst- 
iche Einheit. Eoban ward ein König ohne Heer, Mutian ein Meister 
hne Jũnger. Er, welcher der Äberzeugung lebte: „Gottlos ist es, 
lũger jein zu wollen als die Kirche“, bonnie nicht ins Wittenberger 
Lager übergehen und ward ein einsamer Mann. Nichts blieb ihm 
rspart; Mangel, Krankheit, Aufruhr und Serstörung verdunkbelten 
eine letzten Jahre. Nachdem er noch die Greuel des Bauern⸗ 
riegs erlebt, jührte ihn ein janfter Tod am 80. März 1526 in die 
Selige Kuhe“. 
Hat er auch sein Leben zum größten Teile außerhalb Hessens 
erbracht, so ist er doch mannigfach mit der Heimat verbunden 
2) Krause Nr. 11, Gillert Ne. 3. 
Aus Menßtz, Handschriften der Keformationszeit? (A. Marcus und 
E. Wober. Bonn). 
N berõoßfentlicht 1888 von K. Krause in 3. H. G. M. F. Suppl. O und 1890 v 
. Gillert in Geschichtsquellen der Provinz Sachsen Bd. 18; ein Brief an Foige 
us 1528 ist mitgeteilt von Fr. Küch in Mütt. des Hess. Gesch⸗vS. 1904. Seide Ver— 
ffentlichungen mit Siographie. Estor, Marb. Soite. XJ. 8) Erler, Matr. d 
Univ. Leipzig 1, 2474 nd 20b. 9 5. S. G. M. F. Suppl. 2. 6) Camerarius, Epp 
ob. Hessi et aliorum Tbell Ill. B. b. 6) Seitsch. Berg. Gesch. V. 1. 280 e j8
	        
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