Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

eimat⸗ Schollen 
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst 
.3028 
Erscheinungsweise 4 mal vierteljährlich. Bezugspreis I, — RM. im Vierteljahr. Frũhere 
Jahrgänge kbönnen, soweit noch vorrätig, vom Heimatschollen⸗Derlag nachbezogen werden 
8. Jahrgang 
— 
Ein Keiterschicksal õ 
Ein paar Tage später ging ich durch die Lagergasse und 
pfifj das frische Liedlein: 
Ich hab den Schweden mit Augen gesehn, 
Er kut mir wohl gefallen, 
Geliebt mir in dem Herzen mein 
Dor anderen Königen allen... 
Da bam des Königs Page auf mich zugerannt. „Ich 
suche Euch schon die ganze Seit,“ sagte er atemlos, „Ihr 
jollt zu Seiner Majestät kommen!“ „Sum König? ..Wißt 
Ihr, weshalb?“ Er zuckte die Achseln und antwortete 
nicht. Meine Fröhlichkeit war wie fortgeweht. Ich fühlte, 
daß es sich nicht um irgendeinen ehrenvollen Befehl handelte, 
und dachte sofort an Ursula und ihren DVater. AMber sollte 
sich der König wirblich um meine Heirat kümmern? ... 
Mit schlechtem Gewissen eilte ich nach dem Selte der 
schwedischen Majestät. Noch war ich ein ganzes Stück ent- 
fernt, als ich zwei Männer davor stehen sah. Ich erkannke 
sie auf den ersten Blick: es waren Ursulas Dater und der 
Pfarrer. Sie wandten mir den Kücken zu und hörten mich 
nicht näherkommen. WMir schien, als ob der Pfarrer auf 
Arsulas Vater lebhaft einrede, aber dieser blickte starr aus 
den Boden. Plötzlich, da ich wenige Schritte hinter ihm 
stand, drehte er sich um und erkannte mich. Sein Gesicht 
flammte auf, seine Hände ballten sich ... in diejem Augen- 
blick öffnete sich das Selt, und Obrist Heidelbach trat heraus. 
Er sah über uns drei hin und winkte uns einzutreten. Dem 
Pfarrer, der mich gerade anreden wollte, wurde so das Wort ab⸗ 
geschnitten, und ich erfuhr nicht, was er gegen mich im Schilde 
jührte. Von dem VDater meiner Frau erwartete ich nichts Gutes. 
Es fügte sich, daß ich der schwedischen Majestät gerade 
gegenüberstand. während die andern mehr zur Seite getreten 
VDon Georg Ploch 
waren. Ich fühlte die Augen des Königs auf mir ruhen. 
Er jah mich erst streng und forschend an, dann wurden seine 
ylauen Augen traurig. Das tat mir weher, als wenn er 
nich gescholten hätte; ich mußte den Blick zur Erde senken. 
Als ich wieder aufzusehen wagte, spielte seine Hand mit 
einem blonden Bart, und er schien nachdenblich. Er richtete 
ich auf seinem groben Bauecenstuhl ein wenig höher auf 
ind fragte den Dater meiner Frau kurz und bestimmt: „Wessen 
lagt Ihr den Kornett Wendelin Hultscher an?“ Ich wandte 
»en Blick nicht ab von dem Anktlitz des Königs. Eine feind- 
iche, gereizte Stimme klang an mein Ohr: „Der Kornett 
st in mein Haus getreten unter dem Vorwand, daß er im 
Auftrag jeines Obristen komme. Sweimal hat er mich 
ügnerisch um Nachtquartier und Wegesatzung gebeten und 
atte doch nur wenige Stunden noch bis zu meines gnädigen 
heren, des Grafen, Schloß. Er hat mein Kind betört, und 
a ich sie ihm zur Frau weigerte, heimlich bei Nacht ent⸗ 
ührt.“ „Alle Tage Klagen!“ brauste der König auf. 
Gestern wars ein Dieb, heute ists ein Mädchenräuber, 
norgen wierds ein Mörder sein. O, ihr Deutschen, hätte 
ch euch gebannt, hätte ich gewußt, daß ihr so wenig Lieb 
ind Treu zu eurem eignen Lande trüget, ich hätte bein 
Dferd euretwegen gesattelt, geschweige meine Krone und 
nein Leben für euch eingesetzt.“ Der König versank in 
zrimmiges Schweigen. Ich fühlte mich durch seinen Vor— 
vurf tief betroffen. 
„Wessen blagt Ihr ihn an?“ fragte er nach einer Weile 
en Pfarrer. „Sprecht frei herausl Hat er Eures Amtes 
jespottet, er soll es bitter büßen!“ „Ich bin nicht hierher 
jekommen, um anzublagen, sondern zu vermittelnl!“ „Ihr 
abt ihn getraut?“ „Ja. Majiestätl!“ „Hat er Euch mit
	        
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