Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

vestfãlijsche Regierung für 33/2 Thaler verkauft. Der Schloßberg 
elbst wurde öffentlich ausgeboten und von der Stadt jür 1609 Thaler 
ingekauft. Nach Rückbehr des Kurfürsten nahm die Regierung 
ber wieder Besitz von dem Schloßberg, der dann aber auf Be— 
chwerde 1816 der Stadt gegen einen Erbleihezins von 2 Sgre. 
berlassen wurde. Im Jahre 1851 wurden die noch stehenden 
Außenmauern gründlich ausgebessert und das ehemalige Burgtor 
»assierbar hergestellt. Seitdem wurden jährlich vom Slaate Geld⸗ 
nittel zur Unterhaltung der Mauern aufgewendet. 
Was die Bestũckung des Schlosses anbetrifft, so finden wir in 
em, Artillerieverzeichnis von 1544 als an den Artillerieparb 
hilipps des Großmütigen abgegeben 1. ein bleines gegossenes 
jalkonet. das zuvor ohne Lafeite, dann aber mit neuer Lafette 
ersehen wurde, 2. in gleicher Weise 1 Kammerbüchse mit 
Kammern, 3. 2 alle gegossene Stilhacken, die ausdrũcklich als 
»om Schlohe gekommen bezeichnet wurden. Weiter führt das 
derzelchnis als auf dem Schloß vorhanden 150 Tonnen Pulver 
in, die ein Rohgewicht von 181 Sentnern und 20 Pfund hatten. 
Es ist nicht zu perkennen, daß dieser gewaltige Pulvervorrat wie 
auf der Burg Felsberg der Stadt recht gefährlich werden bonnte. 
Betrachten wir nun die Burgstätte, wie sie sich heute noch 
bietet, so sehen wir ein langgestrecktes 
Polygon von Mauerwerk am Gipfel des 
ũdlich der Stadt sich steil erhebenden Burg⸗ 
hergs, in dessen einem einspringenden 
Winbel das wiederhergestellte Burgtor liegt. 
Innerhalb des Polygons erbennen wir an 
MaueranschlũssenSpuren vonGebãuden und 
etwa in der Mitte des Platzes einen großen 
Schuttbegel, wo der quadratische Turm stand. 
Auf der Nord⸗ und Ostjseite ist eine ZIwinger⸗ 
mauer mit einer Vorburg vorgelagert, in 
der runde, hinten offene Tũrme stehen. 
Dilichs Sild von 1595, von dem ich 
in Umzeichnung einen Ausschnitt gebe, 
zeigt auch 4 Swingertũrme und die Haupt⸗ 
burg als eine Gruppe von hohen Gebaͤuden, 
die von dem gewaltigen Hauptturm ũüber⸗ 
ragt werden. Das Bild zeigt auch, wie 
heute noch zu sehen, den Anschluß der 
Stadtmauer aus der Ost- und Nordseite, 
die am Hang hinabläuft, aus Pfeilern und 
Nischen gebildet und von Schalentürmen 
durchbrochen wird. Dilich zeichnet auf der 
Ostseitle der Stadt und des Schloßbergs 
2 Tũrme und ein von einem Turm flan⸗ 
Liertes Tor (das Obertor), auf der West⸗ 
seite 5 Türme, davon 2 auf der Wenigen- 
burg, auf der Nordseite 83 Türme. Je 
zin quadratischer Turm auf der Oste und 
Nordjeite ist ein Torturm des Untertores 
und Kasseler Tores. Daneben existierte 
ch das Neue Tor. — In einem besonderen Aufsaß gedenke ich 
iuf die Entwicklung der Stadt und ihrer Befestigung sowie die 
emerbenswertesten Gobãude der Stadt näher einzugehen. 
Dom Pulsschlag der Heimat. 
Wilhelm Schäfer. 
Zum 60. Geburtstag am 20. Januar. 
Als die hessische Landesuniversität Marburg ihr vierhundert- 
ãhriges Bestehen feierte, hat sie eine Reihe im geistigen, wirt⸗ 
schaftlichen und staatlichen Leben stehende Personen durch abd- 
demische Würden ausgezeichnet. Anter der nicht geringen Sahl 
dieser Persönlichkeiten befand sich auch ein deutscher Dichter — 
Wilhelm Schafer, und wenn auch anzunehmen ist, daß seine Zu— 
gehörigleit zum hessischen Volksstamm bei der Verieihung der 
Wũrde eines Ehrendobtors an ihn eine Rolle gespielt hat, so 
dũefte doch seine dichterische Leistung selbst nicht weniger ins Ge— 
wicht gefallen jein. Und in der Tat: Wie ein Mensch durch den 
Millen allein, dessen Kraft freilich von dem vor seiner Geburt 
schon wirksamen Schickjal samengleich in ihn gesenkt wurde, dazu 
gelangen kbann, nicht nur sein schöpferisches Wesen zu behaupten, 
ondern auch aus diesem Wesen heraus eine geistige Welt zu formen, 
die völlig eigen und für lange Dauer geartet ist — dafüe bietet 
die Entwicklung des Dichters Wilhelm Schäfer ein Beispiel von 
ejonderer Wũrde. 
Im Lurhessischen Ottrau geboren, fand er sich zunächst ge- 
wungen, auf die Heimat zu verszichten, die seiner Fämilie durch 
491, 900, 1500 und 1500 war der Landgraf mit Gefolge hier. 
500 stand er hier bei einem Kinde des Amtmanns Gevaiter. 
Von 1409 bis 1510 finden sich Ausgaben für bauliche Unlter⸗ 
haltung der Burg in den Rentereirechnungen. 
VDon 1480 ab war Timo von Wildungen Amtmann, der 
Burglehen auf der Altenburg, auf Burg Homberg, Niedenstein 
und Gudensberg haͤtte. 1498 wurden die landesherrlichen Gebäude 
auf der Burg dem Amtmann auf der Burg zur Wohnung über— 
wiesen, 1499 Um und Neubauten vorgenommen. 
AÜber die einzelnen Gebäude auf der Burg wissen wir fol 
gendes: Urkbundlich werden ein Turm, ein Stockhaus, eine Stein⸗ 
kemenate, eine Kapelle, ein Saal, die Fleijchkammer, Küche, 
Schlafkammer. die Milchkammer auf dem Vorwoerk, die Schlaf— 
kammer des Schafmeisters, die Kammer, da des Amtmanns „maget 
innen lag“, das Backhaus, das Säuhaus, der Schweineboben, das 
Hũhnerhaus, der Marstall, die Stube des Schreibers in dem 
Dorwerk, der Schafstall, die Stube des Amtmanns und das 
Pforthaus genannt. 
1460 wurde das Herrenhaus neu gedeckt, 1470 der Saal neu 
gedielt, 1491 arbeiteten die Simmerleute am alten Stockhaus und 
dem Tuem, 1499 wurden an den meisten der oben genannten 
Käume umfassende Ausbesserungen vor⸗ 
genommen, 1500 einem Kunz Kiemen- 
schneider 10 b. gegeben dafür, daß er in der 
Amtmannsstube einen Ofen machte. Su 
diejer Seit wurden auch Kornböden und 
Gefängnisje eingerichtet. Nach 1550 ver⸗ 
sielen die Gebäude immer mehr, sodaß 
schon 1570 das Salbuch beine herrschaft- 
lichen Gebäude auf dem Schloß ver— 
zeichnet. Am 10. 53. 1613 berichteten die 
SBeamten zu Gudensberg an den Land— 
und Kriegsrat, auch Seugobristen zu Kassel 
Hans Heinrich von Siegerode, daß in der 
Nacht eine Ecke an dem Turm auf dem 
Schloß nahe dem Schloßtor herabgefallen 
el und ein solcher Riß, daß mit einem 
Jänzlichen Susammensturz zu rechnen sei, 
veshalb sie um Entsendung von Bau⸗— 
erstãndigen bitten. 1607 war bereits die 
Kapelle mit dem Pankbratiusaltar ein— 
gestürzt. 1640 verbrannte das Pulver— 
haus, an dessen Stelle 16051 ein neues er— 
baut wurde. Dieses wurde 1806 durch 
die Franzosen zerstört. Der Brand des 
Alten Pulverhauses erfolgte während des 
Sinfalls baiserlicher Truppen und der 
Plünderung der Stadt, wobel die Ein— 
pohner mit Sack und Pack nach Kassel 
lüũchteten. Während des Tjährigen Krieges 
wurde am 14. Februar das Schloß, wohin 
ich eine zum Schutz der Magazine in 
Hudensberg zurũckgebliebene Besatzung geflũchtet hatte, von den 
derbũndeten mit Geschũtz heftig beschossen, jodaß diese Lapitutieren 
mußte. Was noch stehen geblleben war. wurde 1809 durch die 
* 
biele Generationen hindurch im vollen Wortsinn angestammt war; 
im fremden Rheinland eine harte Jugend, die Kindheit eben des 
ucht Bodenstãndigen sowohl wie des auch sonst nicht Begünstigten 
elebend, mußte er sich eine Heimat, wie sie den Menschen für 
ewöhnlich mit der Wärme familiären Herkommens umgibt, erst 
rbãmpfen und erleiden, womit seinem Willen die erste strenge 
schule gegeben war, eine Erziehung des e die mehr oder 
veniger unbewußt an der Formung jeines Charabters beteiligt war. 
Bewußter schon und insofern wohl auch schmerzhafter dũrfte 
le zweite Stufe dieses Aufstiegs erlebt worden sein. Schäfers 
chõpferische Begabung hat sich zunãchst in einem Trieb zur sicht⸗ 
aren Wiedergabe von Eindrücken und Vorstellungen geäußert: 
n feũüher Neigung zu farbigem Scheerenschnitt zeigte sich ein aus- 
leprägter Sinn für die Möglichkeit, Wesentliches in scharfem Um- 
iß auszudrücken. Da bann es nicht wundernehmen, daß fürs 
rxste die Idee des bildenden Künstlers als eine Art von Irrlicht 
or der Berufswahl umherspukte, und der Dichter erzählt —9 
n jeinem aufschlußreichen „Lebensabriß“, wie ihm dann die Lauf- 
„ahn des Lehrers insgeheim nur als ein Umweg erschien, um 
pãter doch irgendwie vom Katheder zur Staffelei zu gelangen. 
Was er aber als einen Kniff rauher Fügung gegenüber be— 
trachtete, wandelte diese selbst zur Enthüllung gerade dessen um.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.