seid, wofür man Euch nach Eurem Latein wohl halten
könnte, so wißt Ihr doch von Kirchenbräuchen so viel, daß
ich niemanden trauen darf, er sei denn dreimal ordentlich
problamiert worden.“ „Ach, sprecht mir doch nicht von
solcherlei Bedenlen! Wenn ich ein Herr von Adel wäre
oder einer von den Würklichen Geheimden Käten, so würdet
Ihr nicht zögern, mich ohne Aufgebot zu bopulieren.“
„Solches steht auch ausdrücklich in der Kirchenordnung!“
„Ich weiß es wohl, doch habt Ihr keine Seit, den besonderen
Fall einem hohen Konsistorio jubmissest zu unterbreiten. Auch
sehe ich nicht ein, weshalb vor Gott ein Adliger oder
Geheimder Kat mehr sollte sein denn ein andrer Mensch!“
„Ich benne Euren Namen nicht. Vergeßt nicht, daß Ihr
ihn noch nicht genannt habt.“ „Ich habe Arsach, ihn vor⸗
läufig zu verschweigen.“ „So könnt Ihr wohl auch kbeine
Seugnisse von Eurem Pfarrherrn und dem Eurer Braut
aufweisen?“ „Die werde ich Euch später schickenl“ „Dann
ist es ganz unmöglich, daß ich Euch willfahre.“
Ich wurde ungeduldig. Es bestand bein Sweifel: sobald
der Förster Ursulas Flucht entdeckte, folgte er ihr, und
wenn er uns hier fand, bevor wir getraut waren, so ge—
schah es nie. „Herr Pfarrer, es tut mir leid, daß Ihr
nicht gutwillig mir zu Gefallen sein wollt. Seht, das Ding
da möchte Euch wohl eines Besseren belehren!“ Damit
hielt ich ihm die Pistole vors Gesicht. Aber baltblütig
sah er mich an. „Gestattet mir eine Fragel!“ sagte er. Ich
jenkte die Pistole. „Was ists?“ „Hat der schwedische König
viel solcher Soldaten, wie Ihr seid?“ Ich las den Spott
in seinen Augen. „Ich bin der Schlechtesten einer!“ ant-
wortete ich. „Dann will ichs loben!“ sagte er. „Wißt
aber“, fuhr er fort, „daß Ihr mich nicht zwingen werdet.
Ich fürchte Eure Pistole nicht!“ Ich ließ ihn meine Rat—
losigkeit nicht merken, aber in Wirblichkeit wußte ich nicht,
was ich nun beginnen sollte. Ich hatte ihn einschüchtern
wollen, mehr nicht. Ich dachte nicht daran, ihn zu erschießen,
auch hätte mir das nichts geholfen...
Ein paar Augenblicke standen wir schweigend einander
gegenüber und sahen uns prüfend in die Augen. Da hörte
ich ein Geräusch. Ursula stand hinter mir. Sie grüßte den
Pfarrer errötend, dann flüsterte sie mir ins Ohr: „Du bleibst
so langl Will ers nicht tun?“ Der Pfarrer maß sie mit
einem forschenden Blick. „Wie alt ist sie?“ fragte er mich.
„Achtzehn Jahre.“ Er schien über etwas nachzudenken.
„Kommt ein paar Schritte mit mir zur Seite. Ich habe
etwas mit Euch zu reden.“ Ich folgte ihm. „Ihr habt
sie ihrem Dater entführt.“ „So ists“, sagte ich, „aber nicht
mit Gewalt!“ „Ich seh es“, antwortete er. „Schwört Ihr
mir bei dem Andenben an Eure Mutter, daß Ihr nicht
perheiratet seid, und daß Ihr mir Eure Papiere schicken
woerdet, so Euch Gott das Leben läßt?“ „Ich schwöre es
Euch!“ sagte ich und gab ihm zur Bekbräftigung die Hand.
„Es darf nicht sein, daß das junge Blut zur Lagerdirne
verde. Ich will sie Euch antrauen. Wenn es Aurecht ist,
Hott wird es mir verzeihen.“ Ich teilte Ursula, die ängstlich
arrte, frohen Herzens den Entschluß des Pfarrers mit. Er
eilte in das Haus zurück und kbam alsbald im Mäntelchen
und Mühlsteinkragen wieder. Mit einem großen Schlüssel
chloß er die Kirche auf, und während wir Hand in Hand
hm folgten, leuchtete im Osten das Worgenrot, und im
dindenbaum sang ein Rotschwänzchen das Tagelied. ...
Der Pfarrer redete uns vor dem Altar nicht gar freundlich
an. Er schalt uns wie zwei ungeratene Kinder, doch tat
er es gleich einem wohlmeinenden Dater, und als er uns
zum Schluß den Segen gab, hatte ich Krieg und Abenteuer
janz vergessen, und mir war fromm und weihevoll zu Mute.
Als wir die Kirche verließen, dankte ich dem Pfarrer,
iber ich fühlte mich gedrungen, ihm irgend etwas Liebes
zu erweisen. Da fiel mir das Büchlein des Cardani ein:
Dde Utilitate ex Adversis capienda, das ich beĩ mir zu kragen
flegte. Er wollte es mir schon dankend zurückgeben, da
hesah er es genauer. Kasch schlug er die erste Seite auf
ind sagte mit kläglicher Stimme: „O tempora, o mores!“
Ich wußte nicht, wie ich das deuten sollte, und fragte ihn
erstaunt. „Seht, ich fing schon an, eine bessere Meinung
»on Euch zu haben, doch finde ich mich abermals betrogen.
zhr seid wohl mehr schon in hiesiger Gegend gewesen?
dor Jahren schon, meine ich?“ „Noch niel“ „Noch nie?
Vie kommt Ihr dann zu diesem Buch?“ „Nun habt Ihr
nir wahrlich Unrecht getan! Ich kbaufte es von einer
Marbetenderin. Sie hatte es von einem Soldaten, den ich
ücht kenne, zum Pfand erhalten. Mehr woiß ich nicht!“
Es war mir ein liebes Buch, eh es mir gestohlen wurde.
Derzeiht mir, wenn ich Euch schließlich doch noch Anrecht
at.“ „So nehmt nur Euer Eigentum wieder, und wenn
Ihr darin lest, mögt Ihr an einen denken, der so schlimm
ucht war, wie er Euch anfangs schien. Gehabt Euch wohl!“
Auch Ursula verabschiedete sich von ihm. Er erinnerte mich
och einmal an meinen Schwur und rief mir, auf halbem
Vege stehen bleibend, nach: „Wenn ich Euch noch einen
ZKat darf geben, so ist es der, sobald Ihr könnt, der Fahne
dalet zu sagen und wieder den Wissenschaften und den
Musen zu dienen. Das steht auch einem jungen Ehemann
iel besser an als das unordentliche Kriegerleben.“ Ich
dankte lachend für den wohlgemeinten Kat und antworktete:
„Ich sollte in pulvere scholastico mein Leben verbringen?
Nimmermehr!“ — „Werfts nicht zu weit weg“, sagte er,
„Ihr möchtets sonst weit herholen müssen!“ Und damit
ichritt er seinem Hause zu.
AUrsula hatte schweigend unserm Gespräch gelauscht. „Es
väre doch so schlecht wohl nicht!“ sagte sie dann. „Wie?“
rief ich; „möchtest du lieber Frau Schulmeisterin oder Frau
Heneralin sein?“ „Lieber Frau Generalin!“ antwortete sie
achend. Da küßte ich sie und hob sie in den Sattel, und fröhlich
eitten wir durch das Wiesental dem Walde zu. (Forfsetzung folgt.)
A lt it
us alter Seit.
Die Burgen zu Gudensberg.
Oon ODer. E. Wenzel.
Abereinstimmend verlegen Landau, Arnold und Brunner den
Wodansbult nicht auf den Odenberg, sondern auf den Gudensberg,
Wodansberg, wenn auch die Sage später den Sitz dieses Gottes
auf den Odenberg verpflanzt hat. Der Gudensberg würde mit
dem Hauptort der Chatten Mattium, der Gerichtsstätte Metze, dem
Versammiungsort Maden und dem Volksringwall der Altenburg
im Susammenhang stehend zu denbken sein.
Als dann unter dem Schutz fränkbischer Speere von dem
fränkischen Kastell Büraberg aus Bonifatlus die Donareiche bei
Heismar, wohl da, wo heute der Dom von Frißlar steht, fällte,
iahm der Wodanskult auf dem Gudensberg ein Ende und der
Oet Gudensberg verlor an Bedeutung gegenüber dem aufstrebenden
Ort Fritzlar, der als Archidiabonat im fränkischen Hessen an erste
ztelle trat und sogar Sitz der hessischbonradischen Grafen wurde.
Erst als der Hessengau nach dem Aussterben der Konradiner mit
em Tode Eberhards (f 039 bei Andernach) im Jahre 1040 eine
ieue Grafenfamilie bekam, trat Gudensberg wieder hervor. Das
vernerische Grafenhaus erlosch aber schon 1121, und ihre Würde
siing auf das oberlahngauische Geschlecht der Gisonen ũber. Giso IV.
Hereinigte den Hessengau und den Oberlahngau mit der Vogtei
iber Hersfeld in einer Hand und nannte sich als erster Graf von