zr hatte an seinem Jubiläumstage eine schöne Einnahme gehabt:
Fünf Marb und 85 Pfg. klingelten in seinen Hosentaschen, und zu-
setßt fuhr in seinen struppigen Vollbart, der nach seiner Ansicht
auch seinen Sweck hatte, ein dicker fetter Peiem vom echten Hane⸗-
wacker, weil er nie rauchte, um darum leichter ein Nachtquartier
zu bekommen. And nun wurde unser Fechtbruder von dem Wirt
in den warmen Kuhlstall gebracht, wo er bald im Stroh, wie ein
Igel in der Hecke, verschwand. Süß und sorgenfrei schlummerte
er ein, träumend vom kommenden, warmen Frühling und duftigem
Tannennachtlager. C. Liese.
Warum die Stoörche auf beine Mühle bauen.
Ein alter Mühlenbauer, der zugleich ein großer Witzbold
dar, saß eines Tages nach getaner Arbeit in der Wirtosstube.
der Wirt war im Neben- oder Hauptberuf — wie man es nun
ben nehmen will — auch Müller. Da gab der Mühlenbauer
em Wirte folgende Kätselfrage zur Beantwortung: „Weißt du,
darum die Störche bein Nest auf deine Mühle bauen?“ — Ein
hin- und Herraten folgte. „Ich will dire's sagen“, meinte da
er Mühlenbauer zu seinem Freunde, „die Störche haben Angst,
yu würdest ihnen die Eier stehlen!“
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VDom Büchertische der Heimat.
aglichleit, die sich aus der Lektũre ergibt, wird dadurch so wenig
jetrũbt, wie durch die Darstellung menschlicher Schwächen in den
inzelnen Figuren: es ist alles mit jener Überlegenheit geschildert,
ie sich nur aus reifem Erlebnis und wohlerzogenem Konnen er—
zibt. Manchmal fühlt sich der Leser, wenn er die hohe Kunst
er Darjtellung geselliger Szenen bewundert, an Hermann Bang
rinnert, zuweilen auch, wenn ihn eine schillernde Ironie ergötzt,
n Thomas Mann. Aber das sind flüchtige, hauchzarte Empfin—
ungen, die rasch wieder zurũcktreten vor der Freude an einer Schöp-
ung, die im Rahmen eines Jahres Schicksale auf und nieder-
hwingen und hart an den Rand des Abgrunds geraten läßt, um
e mit sicherer Hand wieder ins rechte Geleis zurückzuführen,
bie es das Recht des Dichters ist. „König Ernemanns Rosen—
jarten“ ist ein Werkß voller Helligkeiten, es leuchtet darin von
parmen, lichten Farben und tönt von mancherlei Stimmen, als
eren schönste aber die sehr verhaltene, kLaum vernehmbare, doch
jus dem Tiefsten der Seele steigende Stimme treuer und bedin⸗
zungsloser Feeundschaft erscheint. W. S.
Alfred Bock, Die Oberwälder. Koman. Deutsche Land⸗
»uchhandlung, Berlin SW. 11. 220 Seiten.
Das Wiedererscheinen schon früher veröffentlichter Buchwerbe
arf, im allgemeinen als ein günstiges Seichen nicht nur für seinen
derfasser genommen werden, sondern auch für das Pubiibum,
venn sich's, dies immer vorausgesetzt, um eine Leistung von Belang
ind um einen bedeutenden Verfasser handelt. Das ist nun zweifel—
os der Fall hei Alfred Bock, dessen „Oberwälder“, textsich un-
erãandert, doch in neuer Ausmachung im siebten bis elften Tausend
erausgebommen sind. Der auch außerhalb seiner Heimat sehr
eschãtzte hessijsche Dichter behandelt in diesem Werk ein soziales
Roblem, den Gegenjsatz zwijchen Groß- und Kleinbauern, den der
deld des Romans, ein Volbsschullehrer, durch Gründung einer
ejonders natũrlich den Kleinbauern zugute kLommenden Spar- und
darlehnsbasse auszugleichen sucht. Gelingt ihm sein Vorhaben auch,
dgeht es doch nicht ohne harte Kampfe ab, und schließlich muß
er Wohlgesinnte auch noch Undank und andere Bos heit einstecken, so-
aß er sich, menjchlicher Enttäuschung voll, einen anderen Wirkungo-
reis sucht. Der Dichter hat hier, wie immer in seinen wirblichkeit-
jesattigten, wiewohl durchgeistigten Erzählungen, ein kühlen Auges
etrachtetes, aber warmherzig empfundenes und infolgedessen mit
iberzeugender Darstellungobraft geschildertes Schickjal in den
ebendigen Rahmen der Heimat gerückt; der erquickende Odem
er „treuen, mũtterlichen Erde“ durchzieht dieses bampferische Buch,
nuf den tiefen Trost verweisend, den die göttliche Schopfung bietet,
venn der Mensch versagt. W. S.
Neuwerkb ·Kalender 1928. Herausgegeben von Wilh. Prae-
ent. Im Neuwerb-Verlag Kassel. Preis o, 5 RM.
Diejer Kalender geht unter dem Signum des Christenfums,
porunter in diesem Falle nicht das weitverbreitete, bequenie Wort-
hristentum, sondern das eenlte, seltenere Tatchristenium zu ver⸗
tehen ist. Vom Kalendarium an mit seinen tiefgeprägten Worten
us der Schrift, von Luther, Dürer, Silesius, Tolsioi und Dichtern
ller Seiten bis zum Schluß ist dieses christliche Hausbuch wie
ius einem Guß und nach Inhalt und Ausstattung wertvoller als
o vieles, was in dieser Beziehung auf den Buͤchertisch bommt.
licht nur für einen Winter oder nur für ein Jahr, sondern weit
arũber hinaus gibt dieser Kalender dem Geiste dessen, der guten
Villens ist, leitende Gedanken und seiner Seele iragende Schwingen.
ks stockt viel von dem darin, was man Ewigbeitowerte neunt.
die Einzelbeiträge, die sich dem Ganzen gut und glücklich einfügen,
ind von Künstlern wie Kudolf Schäfer, K. Thyimann u. d. bor.
refflich geschmũckt. Was Herausgeber und Verlag hier bieten,
arf allen Christenleuten im Hessenlande freudigen Herzens emp
ohlen werden. K.
Franz Karl Ginzkbey, Brigitte und Regine u. a. Dich-
tungen. Reclams AUniversalbibliotheß. Preis geb. o,8S0o RM.
Ginzkey steht abseits dem literarijchen Larm der Gegenwart
and läßt, unbekümmert um diesen Lärm, seine Werke in der Stille
Heinrich Ruppel,. Peter im Glück u. a. Erzählungen.
Hermann Eichblatt⸗Derlag, Leipzig. Preis geheftet o.80 RM.,
jebunden 1,20 RM.
„Peter im Glück“ von Heinrich Kuppel, mit BSildschmuck von
Walter Kramer, bommt gerade noch zur rechten Seit, um als Geschenk
unter den Weihnachtsbaum gelegt zu werden. Der bekannte Ver—
fasser hat es schon immer verstanden, das Stück hessischer Heimat-
erde mit ihrem Schollenduft und ihren wurzelhaften Menschen zu
einer kleinen, aber glũcklichen Welt zu gestalten. Die Menschen
einer Erzählungen Lönnen naturgemäß nur in der Heimat ihrem
deben Sinn und Inhalt geben, nur dort froh und glücklich sein.
In der Fremde ahnen sie wie Peter jselbst noch im Glück als
„Dreizehnter“ ũüberall Unheil. Die köstlichste Erzählung, auch
literarisch betrachtet, dürfte wohl „Der Bubensonntag auf dem
Lande“ sein. Meine ganze frohe Jugend war beim Lesen auf einmal
vieder lebendig. Dieses Jungentreiben und lachen trotz Streit und
Not der Beteiligten ist einfach herzerfrischend und urgesund. Die
Schilderung ist so plastisch anschaulich, daß man das Dorf mit seinem
Sonntagsfrieden zu sehen glaubt. Erstaunlich ist auch die Kraft
und Tieje der Einfühlung in iene Seiten und Menschen in der
Erzählung „Der graue Reiter“. Fast möchte man bedauern, daß
olche Typen und „Mannsberle“, Oeiginale in ihrer Art, immer
eltener werden. Der schlichten einfachen Darstellung und den
Menschen entsprechend ist auch die Sprache: bernig, stark heimatlich
und reichlich belebt durch Bilder und Ausdrücke, die dem ländlich—
däuerlichen Lebensbreije entnommen sind. In einem Aillzuviel
ürfte allerdings in dieser Hinsicht eine gewisse Gefahr liegen. Das
Büchlein ist wohl vor allem für die Kmider bestimmt, und sie
verden mit glänzenden Augen und frohem Lachen hineinsehen.
Wir „Großen“ lesen es mit sinnenden Augen und ahnen deutlich,
wenn auch aus der Ferne, daß es ein Jungbrunnen ist: das Buch
unjerer eignen Herkunft. Oe. Lerch.
Land Nassau. Ein Heimatbuch von Leo Sternbera. (Brand-
telters Heimatbũcher deutscher Landschaften Bd. 26.) Xl und 418
Seiten Ottav. In Känstlerband (Ganzleinen) gebunden 10 RM.
ODerlag Friedrich Brandstätter in Leipzig.
In diesem Werke gestaltet Leo Sternberg in Verbindung mit
den hervorragendsten Kennern und Künstlern, Dichtern und Schrift-
tellern des Landesgebietes ein schöpferisches Kulturbild Nassaus
in Landschaft, Geschichte. Geistesleben, bidenden Künsten, Volbs-
dultur und Wirtschaft. Kheingau und Taunus, Westerwald und
Hinterland, die in scharfen Ausschnitten gebennzeichnet werden,
treten darin mit gleicher Wesenhaftigkeit hervor. Der Grundsaßz
nicht Grenzpfähle zu errichten, sondern ũüber das Getlich-Sufallige
hinaus die Einzellandschaft einzugliedern in die Susammenhaänge
veiterer Kulturbreise und der allgemeinen Menschheitsgeschichte,
haben dabei zu einer neuen Form landeskundlicher Darstellung
zeführt. — Die kbänstlerijche Ausstattung unterstützt den gehalt-
ollen Text durch reiches Anschauungsmaterial. Neben 28 zum
Teil farbigen Kunstbeilagen sind 88 Oeiginalzeichnungen nassauischer
und sonstiger Graphiber vertreten, die zusammen mit den heimischen
Motiven aus früheren Jahrhunderten geradezu eine Kunstgeschichte
Nassaus im Bilde darstellen, ebenso wie die dichterischen Beiträge
* — des Landes in seinen hochwertigsten Leistungen
piegeln.
Adolf Obece, König Ernemanns Rosengarten. Roman.
223 SG. Georg Mäller-Verlag, München. Peeis geb.2 RM.
Als achtzigster Band von Georg Mällers famosen Sweimaeb-
bũchern erscheint ein Koman des aus Kassel stammenden Adolf
Obée, der schon durch verschiedene Veröffentlichungen, wie etwa
die viel beachtete „Panschgesellichaft“, von sich reden gemacht hat.
Seine erzählerijsche Begabung ist aber auch der Kede wert, uͤnd
in diesem Roman gibt sie nicht nur das Beste, was sie bislang zu
geben hatte, sondern in der Tat ein Werk der Dichtung, das un—
zewöhnliche Anerkennung verdient. Die Eerzählung spielt, um
»as vorwegzunehmen, in der Gegenwart und läßt auch ihre
chwarzen Farben zur Geltung kommen — aber die geistige Be—