Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

von allen dort arbeitenden Künstlern bei der Bevölberung 
der beliebteste war; denn er verstand es ausgezeichnet, mit 
einen Landsleuten umzugehen, obwohl er das eigentliche 
Schwälmer Platt nicht sprechen konnte, sondern immer wie— 
der in den Kasseler oder in den rheinischen Dialekt fiel. 
und ganz besonders hatte ihn die 
Jugend ins Herz geschlossen, deren 
Maler er ja früh geworden war: 
Kinder und Tiere bildeten, neben 
der Landschaft, den Lieblings- 
gegenstand seines Künstlertums, 
und da er sich besonders gut auf 
Gänse verstand und ein Gänsebild 
von ihm in Paris mit einer 
goldenen Medaille ausgezeichnet 
worden war, hatte er den Spitzna— 
nen „der Gänse-Lins“ bekommen. 
Daß er mehr bonnte als Gänse 
malen, das wird durch die gegen⸗ 
wärtige Ausstellung des Kasse— 
ler Kunstvereins nachdrüchlich 
dargetan. Gewiß sind auf den 
beinahe vierzig Bildern hier oft 
genug Gänse zu sehen, manchmal 
als wesentlicher Bildinhalt, manch⸗ 
mal als figürliche Staffage. Im 
letzteren Falle aber zeigt sich oft, 
daß es doch nicht einfach das 
Heflügel an sich war, das den 
Künstler anzog: die Tiere wirben 
bielfach rein farbig, als Lichter gleichsam in der bunten 
Dämmerung der Landschaft, die immer wieder heimatlich 
inmutet. In der Tat ist eine beträchtliche Anzahl der 
in dieser Ausstellung gezeigten Werbe in Hessen entstanden 
— einige stammen aus Dachau in Bayern, andere vom 
Niederrhein, aus der Umgebung Düsseldorfs, — alle aber 
piegeln, bald in dieser, bald in jener Beleuchtung, ein 
Hrundmotiv: das Land, das unverdorbene, in dem noch etwas 
»on urhaftem, wenn auch mitunter derbem und ungeschlachtem 
keben sich erhielt, und die, naturgemäß in der Heimat er— 
vachsene, Liebe zu diesem Land und zu seinen Bewohnern, 
den angeblich vernünftigen und den angeblich unvernünftigen. 
Was im übrigen die schöpferische Entwicklung des Künst- 
ers anlangt, so kann davon kaum die Kede sein, denn 
Adolf Lins war eigentlich von Anfang an „fertig“. Kämpfe 
uim die Form, Teilnahme an zeitlich gebundenen „Kichtun— 
jen“ und dergleichen hat es bei ihm nicht gegeben. Die 
rünstlerische Sprache, die er 
brauchte, um zu sagen, was er 
auf dem Herzen hatte, war ihm 
rasch mundgerecht geworden, und 
heoretijsche Erörterungen lagen 
ihm fern. Er war eine einfache, 
inbomplizierte Natur, und seine 
Außerung war jedem verständlich, 
obwohl er beineswegs auf aus— 
getretenen Wegen ging. 
Seine ersten Versuche haben 
bereits die zuweilen an den fran⸗ 
zösischen Impressionismus er⸗ 
innernde Frische des farbigen Aus- 
drucks, die so anziehend auf das 
Auge des Beschauers wirkt, eine 
östliche Helligkeit, die mitunter 
versjchwindet, um in den ge— 
lungensten Schöpfungen wieder 
bemerkbarJ“ zu werden. Daß 
Lins neben dieser Helligkeit auch 
die Keize des Dunkels zu schätzen 
wußte, jene Märchendämmerung 
deutscher Landschaft, die beson⸗ 
ders den bodenständigen Künstler 
inzuregen pflegt, ist manchem Waldstück anzusehen und 
nancher Wiese, wo der Maler dann gelegenktlich mit einer 
eidenschaftlichen, wiewohl nie jklavisch wirkenden Liebe 
er Detailbehandlung von Blumen und Gräsern ergeben 
cheint. 
Ein Rückblick auf das Leben von Adolf Lins, der das 
höne Alter von siebzig Jahren erreicht hat, läßt erkennen, 
aß dieses Leben ein Leben der Arbeit und des Erfolges, 
nithin ein glückliches Leben gewesen ist. Und daß es 
in hessisches war, darf angesichts der Leistungen, die von 
hm zeugen, die Landsleute dieses Künstlers mit berechtigtem 
Stolz erfüllen. W. S. 
Federzeichnung. 
Menschen der Heimat õ Von K. M. Schimmelpfeng. 
Venn ich Euch sehe und Euer gedenbe, kFuer Aerteil geht blar und einfach 
Ihr der heimatlichen Erde Kinder, Aus Euren Mäündern, 
Kinnt frohe Lust mir durch die Adern, denn alles Menschliche ist Euch nahe, 
Und es steigt in die Augen der Glanz meiner Liebe. Kund und voll Klarheit 
Arm und im Herzen zerrijjen, formt Ihr mit vollem Klang Eure Rede 
Kam ich her aus dem Elend der Fremde, Die Liebe zum Land Eurer Väter 
Als Ihr mir feierlich offen Strahlt Euch aus den Augen 
Zeigtet und gabt Und füllt Eure Tritte mit Glans, 
Den Reichtum gütiger Herzen. Wenn Ihr des Sonntags, 
Wohin ich auch ging: Dater und Mutter und Kinder, 
Auf die Straße, hintereinander und schweigend 
An die Türen der Häuser Die vollen Felder durchwandert. 
Und in Eure Kammern, 
Uberall der jelige Klang dieser Worte: ——— —— 
Donn hin, was wire haben, Dessen A oen 
F deuchtet mit heimlicher Wärme 
Und die Gaben des Tages. durch den Tag Eures Lebens, 
kuer Leben ist einfach, Das der göttliche Töpfer formte 
Und ohne Anspruch ist Euer Dasein, Aus dem Glücke der härtesten Arbeit. 
3 Ihr mit edler Bewegung kbönnt schenben — genes Herzens Gefãß 
⸗ gefũ 
Und die Guter des taglichen Lebens. Und verschüttet den Strom der Liebe 
kurer Sinne Gradheit erfüllt mich mit Jauchzen, Und umhüllt Euch, 
Wenn Ihr erzählt von Menschen und Bingen, Ihr Frauen und Männer der Heimat. 
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